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Mondmädchen

Mondmädchen

Titel: Mondmädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boje Verlag
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ebenfalls zu verehren. Und ich will diese Diskussion nicht noch einmal führen. Der Junge wird verbrannt. Und wenn du diesen Raum verlässt, wirst du ihn still verlassen. Hast du verstanden?«
    »Du willst es wirklich wagen, Anubis zu erzürnen?«
    Zu meiner Überraschung warf er den Kopf in den Nacken und lachte. »Ein Hundegott. Ihr und eure Viecher. Die haben hier in Rom keine Macht.«
    »Wenn die ägyptischen Götter hier keine Macht haben, warum hast du dann die große Göttin aus Rom verbannt? Anubis ist ein Sohn der Isis. Er ist kein Gott, der leicht zornig wird, aber wenn doch, dann …«
    Octavian hielt mir die Hand vors Gesicht. »Hör auf! Dein kleiner Versuch, mir Angst einzujagen funktioniert nicht. Mein Schutzgott ist Apoll, der Gott des Lichtes und der Weisheit. Er löscht das Böse aus, das eure dunklen Gottheiten umgibt. Er …«
    Ich grinste ihn an. Etwas in meiner Miene ließ ihn innehalten. Während meine wilden, ungekämmten Haare mein Gesicht fast verdeckten, murmelte ich, wie eine Zauberin, die eine Beschwörung spricht: »Höre mich, Gott, der du Chrysa mit silbernem Bogen umwandelst, samt der heiligen Killa, und Tenedos mächtig beherrschest! Höre mich, oh Smintheus …«
    Octavian machte ein verwirrtes Gesicht, die Worte kamen ihm bekannt vor, ohne dass er sagen konnte, wo er sie schon einmal gehört hatte.
    »Höre mich, oh Smintheus«, wiederholte ich. »Ich rufe Apoll, Smintheus, den Mäusegott.«
    Ich sah, wie sich Furcht mit seiner Verwirrung mischte. »Bevor du meine sogenannten Tiergötter beleidigst, vergiss nicht, dass Apolls Priester Chryses ihn selbst in der Ilias den Mäusegott nennt. Die Maus duckt sich aus Angst vor dem Schakal. Und der Schakal verschlingt die Maus.«
    Seine Hand traf mein Gesicht so hart, dass ich nach hinten kippte. Ich legte die Hand auf die brennende Wange.
    »Du wagst es, hier in meinem Haus Apoll zu beleidigen?«, zischte er.
    »Ich beleidige ihn nicht. Ich sage nur die Wahrheit.«
    Er packte mich am Handgelenk und verdrehte es. Ich keuchte. »Sag jetzt kein Wort mehr, oder ich schwöre dir bei Apolls Streitwagen, dass ich dich bei lebendigem Leibe neben deinem Bruder verbrennen lasse«, sagte Octavian mit leiser, drohender Stimme. »Wage es nie mehr, mich oder meinen Schutzpatron zu beleidigen, hast du verstanden?«
    Er zog mich an sich und verdrehte mein Handgelenk noch stärker. Ich versuchte, normal weiterzuatmen, aber der Schmerz und der üble Geruch nach Garum in seinem Atem machten es mir unmöglich. Ich nickte.
    Er stieß mich von sich weg und ich prallte rückwärts gegen seinen Schreibtisch. Etwas rollte hinunter. Ohne darüber nachzudenken, griff ich danach, doch er schlug meine Hand beiseite. Er hob den Gegenstand auf, der zu Boden gefallen war, und warf ihn mit Wucht auf den Tisch zurück.
    Er sah, wie ich ihn anstarrte. »Mein Siegelring«, feixte er. »Den habe ich mir aus den goldenen Armbändern deiner Mutter machen lassen. Das Wissen, dass das, was einst ihren Körper geschmückt hat, nun den meinen berührt, bereitet mir großes Vergnügen.«
    Er grinste angesichts meines angewiderten Gesichtsausdrucks. »Und jetzt raus.«
    Ich eilte aus seinem Tablinum und zurück zu Ptolis Leichnam. »Hilf mir, oh Göttin«, flehte ich, während ich zu seinen Füßen niedersank. »Hilf mir, meinen Bruder zu retten.«
    Erschöpft vom Weinen verharrte ich im Halbschlaf, während sich Bilder in mein Bewusstsein schoben und wieder verschwanden. Ptoli rief nach mir: »Kle-Kle, wo bist du?«
    Amunet tauchte aus dunklen Rauchschwaden auf. »Isis ist deine Rettung!«, sagte die Priesterin.
    »Und wer war Ptolis Rettung?«, rief ich.
    »Das bist du«, flüsterte Amunet. »Das fordert Anubis von dir.«
    Erschrocken fuhr ich aus dem Schlaf hoch. Der Raum war dunkel. Jemand hatte mir eine Decke übergelegt. Ich blickte mich um. Alexandros schlief auf einem Lager auf Ptolis anderer Seite. Ich hörte ein leises Schnarchen und erblickte Juba neben mir auf einem Schemel, den Rücken gegen die Wand gelehnt, das Kinn auf der Brust.
    Ich schluckte, als mir mein Traum wieder einfiel. »Anubis fordert es von dir«, hatte Amunet gesagt. Ich legte mich auf den harten Boden und dachte an den seltsamen Tag, als sie mir gezeigt hatte, wie man Anubis heraufbeschwören konnte. An jenem Tag hatte sie mir erklärt, dass ich diese Fähigkeit brauchen würde, um meine Feinde zu verfluchen und die Söhne Ägyptens zu schützen.
    Stöhnend setzte ich mich auf und blickte auf die

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