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Mondmädchen

Mondmädchen

Titel: Mondmädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boje Verlag
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in die Sklaverei schicken?
    Aber nur ein junger Mann in einer fein gewebten Tunika kam in Begleitung zweier Männer herbeigetrabt. Ich atmete erleichtert aus. Die Kinder stürzten sich sofort auf ihn. Lächelnd stieg der junge Mann ab, während sie sich um ihn scharten. Er war dunkelhäutig, mit kurz geschorenen, dichten schwarzen Locken, und selbst von unserem entfernten Standpunkt aus konnte ich sehen, dass er außergewöhnlich gut aussah. Er hielt sich wie ein Edelmann. Aber er war eindeutig von afrikanischer Abstammung, kein Römer.
    »Juba!«, rief Octavia, als er mit seinem Schwarm kleiner Gefolgsleute näher kam. »Ich habe mir solche Sorgen um dich gemacht! Ich bin froh, dass du nun endlich zu Hause bist.«
    Juba? Das war das punische Wort für König . War er ein Mohrenkönig? Aber aus welcher afrikanischen Provinz stammte er? Utica? Zama? Numidien? Was hatte er hier zu suchen und warum führte er sich wie ein lange vermisstes Mitglied der Familie auf?
    Tiberius löcherte ihn mit Fragen. »Erzähl, Juba! Hast du gekämpft? Wie viele von den dreckigen Ägyptern hast du getötet? Wie war Alexandria?«
    Alexandria? Er war ein Soldat unter Octavian gewesen? War er etwa auf demselben Schiff gekommen wie wir? Mir blieb vor Überraschung der Mund offen stehen.
    Der junge Mann blickte uns an und lächelte verlegen. Er gab keine Antwort auf Tiberius’ Fragen. »Wie ich sehe, habt ihr es gesund hierhergeschafft, den Göttern sei Dank«, sagte er und neigte den Kopf leicht in unsere Richtung.
    »Sie nennen dich König«, sagte ich in punischer Sprache zu ihm. Das war die Hauptsprache im nördlichen Afrika. »Über welches Königreich herrschst du?«
    Er schaute mich verständnislos an. War mein Punisch so eingerostet? Mutter hatte dafür gesorgt, dass wir die meisten Sprachen unserer Nachbarn lernten. Ich versuchte es mit dem numidischen Punisch, das ein wenig anders war. »Ich habe gefragt, über welches afrikanische Königreich du herrschst, da sie dich König nennen.«
    »Hör auf«, flüsterte Alexandros. »Er versteht dich nicht.«
    »Tut mir leid«, sagte Juba in makellosem Griechisch und schüttelte den Kopf.
    Nachdem ich meine Frage auf Griechisch wiederholt hatte, lachte er, wobei er strahlend weiße Zähne zeigte. »Aber sie haben mich doch gar nicht König genannt. Sie haben nur meinen Namen genannt, Gaius Julius Caesar Juba. Ich stamme ursprünglich aus Numidien, aber ich bin schon als Kleinkind nach Rom gekommen. Der göttliche Caesar war mein Beschützer und nach seinem Tod hat mich die gute Octavia bei sich aufgenommen.«
    Ptoli runzelte die Stirn. »Heißen in Rom eigentlich alle Gaius Julius Caesar?«
    Tonia stampfte mit dem Fuß auf. »Hört endlich auf, Griechisch zu reden! Ich kann keinen verstehen.«
    »Tut mir leid!«, sagte Ptoli auf Lateinisch. »Ich habe gefragt, ob …«
    Alexandros unterbrach ihn, noch immer auf Griechisch. »Aber Juba ist das punische Wort für König . Ist ihnen klar, dass sie dich, immer wenn sie mit dir sprechen, ›König‹ nennen?«
    »Nein, das wussten wir nicht«, lachte Octavia, die offenbar ebenfalls fließend Griechisch sprach. »Bei allen Göttern des Olymp, das dürft ihr auf keinen Fall meinem Bruder erzählen. Die Römer hassen das Prinzip der Monarchie. Es wird ihn wütend machen!«
    Sie umarmte Juba und küsste ihn auf die Wange. Juba errötete leicht und senkte den Blick. Da fiel mir plötzlich wieder ein, wo ich ihn schon einmal gesehen hatte. Er war einer der drei jungen Offiziere, die dabei gewesen waren, als wir Octavian in Mutters Gemächern zum ersten Mal begegnet waren. An dem Tag, als Octavian Ptoli die Wahrheit entlockt hatte, sodass er Caesarion aufspüren und ermorden konnte. Entsetzt trat ich einen Schritt zurück.
    »Du warst dabei«, hauchte ich. »Ich erkenne dich wieder.«
    Alle erstarrten. Juba schaute zu Alexandros und zu mir. »Ja, ich war da«, sagte er mit sanfter Stimme. »Und ich wünschte, ich hätte das ehrwürdige Geschlecht der Ptolemäer unter anderen Umständen kennengelernt.«
    Ich kämpfte gegen meine Erinnerungen an – wie Caesarion mir beim Abschied zugeflüstert hatte: »Wir sehen uns bald, Schwester«; wie gemein Octavian gegrinst hatte, nachdem Ptoli verraten hatte, wohin er geflohen war; wie sich unsere trauernde Mutter in den Mantel unseres toten Bruders gehüllt hatte. Ich schluckte meinen hochbrandenden Kummer hinunter.
    Alexandros spürte wohl meine Verwirrung, denn er ergriff meine Hand. »Nicht hier, Kleopatra

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