Mondnacht - Mordnacht
Wolke.
Simone hatte sich so dicht wie möglich an die linke Beifahrertür gedrückt, was dem Macho überhaupt nicht gefiel. »He, warum hockst du da so komisch?«
»Ich schaue mir den Mond an.«
Slade mußte lachen. »Und? Was siehst du? Suchst du den Mann im Mond? Das ist doch nur ein Märchen oder eine Legende.«
»Die manchmal wahr werden können.«
Vincent prustete vor Lachen. »Glaubst du daran?«
»Du nicht?«
»Nein.«
»Dann bist du ein armer Mensch – einer, der den Sinn für Überraschungen verloren hat.«
»Hör doch auf mit dem Scheiß. Ich glaube daran, daß wir bald viel Spaß miteinander haben werden.«
»Ja«, erwiderte Simone voller Überzeugung. »Daran glaube ich auch. Da hast du recht.«
»Na bitte.«
Sie schwieg, zudem war der Mond nicht mehr zu sehen, denn sie waren in den Wald hineingefahren, und der Himmel über ihnen wurde jetzt vom Geäst und vom Blattwerk der Bäume gebildet, so daß ihnen die Sicht auf den Himmel genommen wurde. Sie schaukelten weiter, gelangten an eine Wegkreuzung, wo Slade den Tigra stoppte. »Wohin jetzt?«
»Das kannst du entscheiden. Aber ich möchte dorthin, wo wir so gut wie nicht gestört werden.«
Slade nagte auf der Unterlippe. »Das ist eine gute Idee. Dann fahre ich den linken Weg bis zu seinem Ende durch.«
»Und was ist dort?«
»Nichts. Das Ende. Bäume. Unterholz.«
»Du kennst dich aus.«
Er lachte häßlich auf.
»Man muß ja Erfahrungen sammeln, denke ich. Oder siehst du das anders?«
»Nein.«
»Irre. Wieder eine Gemeinsamkeit.« Er wechselte das Thema. »Und was ist mit Verhütung?«
»Willst du wissen, ob ich die Pille nehme?«
»Nee, nicht das. Ich meine Gummis?«
»Hast du welche dabei?«
»Die gehören zu meiner Standardausrüstung.«
»Wunderbar, dann kann ja nichts schiefgehen«, erklärte Simone und lächelte dabei, was der Macho nicht sah.
Die letzte Etappe dieser kurzen Fahrt gefiel ihr gut. Der Wald war längst nicht mehr so licht. Vor ihnen verengte sich der Weg, und das Licht der Scheinwerfer sah aus wie eingeschnürt. Bäume und Unterholz standen dichter zusammen, als wollten sie den Blick in eine geheimnisvolle Welt verwehren. Auf dem Weg lagen Zweige, die irgendwann einmal der Wind von den Bäumen gerissen hatte. Sie schlugen gegen die Karosserie des Wagens, wenn der Tigra darüber hinwegfuhr. Dann hörten sich die Schläge an, als wären sie von starren Totenfäusten geführt worden, die aus dem Jenseits her anklopften.
Des öfteren verdrehte Simone die Augen, weil sie in den Himmel schauen wollte. Dort entdeckte sie dann die runde Scheibe ausschnittweise, und sie war immer sehr zufrieden, wenn sie den Mond sah.
Manch einer wäre nicht so weit gefahren. Anders Vincent Slade. Er wollte garantiert ungestört sein, denn was da neben ihm saß, war ein Superschuß. Er freute sich darüber, daß sie so schnell eingewilligt hatte.
Auch ihm war so etwas selten passiert. In dieser Nacht hatte er wirklich Glück, und gern hätte er schon jetzt Körperkontakt aufgenommen, aber bei diesem unebenen Boden mußte er mit beiden Händen das Lenkrad halten.
Weiter vorn verfing sich das helle Licht in einer querstehenden Wand aus Unterholz. Hier war Schluß. Es gab auch keine breitere Stelle, um den Tigra wenden zu können. Slade mußte rückwärts fahren, um wieder in breitere Gefilde zu gelangen. Daran wollte er jetzt nicht denken. Vor ihm lag ein wilder und irrer Spaß.
Er stoppte, schaltete Licht und Motor aus. Stille senkte sich über die Landschaft.
Er drehte sich nach links. Seine neue Flamme hatte sich bereits losgeschnallt, drehte sich ebenfalls, als sie Slades Hände an sich spürte, die endlich auf Wanderschaft gehen konnten.
Simone sah den Hunger in Slades Augen, aber sie hielt sich zurück und versteifte.
»Was ist denn?«
»Nichts.«
»He, das glaube ich dir nicht. Denkst du, ich bin die Strecke mit dir gefahren, um erleben zu müssen, daß du dich anstellst wie eine Jungfrau?«
»Was meinst du damit?«
»Du bist steif wie…«
Simone ließ ihn nicht ausreden. »Okay, ja, ich brauche halt etwas Zeit.«
»Toll, ehrlich. Die hast du lange genug gehabt, als wir herfuhren. So einfach kannst du dir das nicht machen, Süße, nicht mit mir. Nicht mit Vincent Slade.«
Simone schaute ihn scharf an. »Du glaubst gar nicht, wie einfach ich mir alles machen kann, Slade. Täusch dich nur nicht in mir.«
Er wollte etwa erwidern. Er wollte sie packen und durchschütteln, da schaute er in ihre Augen und sah einen
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