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Mondnacht - Mordnacht

Mondnacht - Mordnacht

Titel: Mondnacht - Mordnacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Ausdruck darin, der ihn erschreckte. Er glaubte, in die Augen eines Tieres zu schauen. Eine Sekunde dachte er an Flucht, doch sein Trieb war stärker.
    Die leichte Ablenkung seinerseits hatte Simone Hutton ausgenutzt und die Tür aufgestoßen. Bevor er sie noch festhalten konnte, war sie ausgestiegen.
    »He, was soll das denn? Willst du wieder verschwinden und den verdammten Weg zurückgehen?«
    »Nein.«
    »Sondern?«
    »Gib mir ein paar Minuten. Ich muß mich zuerst finden. Ist das okay, Vinc?«
    Es war nicht okay. Seltsamerweise stimmte er zu. Vielleicht hatte auch die Erinnerung an den Blick dazu beigetragen, mit dem sie ihn traktiert hatte.
    »Ja, ich warte.«
    »Es dauert wirklich nicht lange, Vinc, du brauchst dir keine Sorgen zu machen.«
    »Mache ich auch nicht«, erklärte er wider besseres Wissen.
    Sie drückte die Tür zu. Bückte sich. Das Gesicht hinter der Scheibe zeigte ein Lächeln, aber es gefiel ihm nicht. Die Augen störten ihn. Sie waren so kalt geworden. So anders, vielleicht auch nur heller.
    Zum Abschied warf ihm Simone eine Kußhand zu. Ein netter und lieber Gruß, doch Slade hatte das Gefühl, als wäre ihm ein Messer entgegengeworfen worden…
    ***
    Endlich allein – endlich frei!
    In Simones Körper raste und tobte das Blut. Es hatte sich erhitzt, es transportierte Dampf durch die Adern. Es drang in den Kopf ein, und es klopfte hinter ihrer Stirn, als wollte es die Haut sprengen, um nach außen zu dringen.
    Die Verwandlung stand dicht bevor. Sie hatte sich noch im letzten Augenblick zurückziehen können. Noch war sie ein Mensch, aber die Bestie befand sich auf dem Vormarsch. Ihr Körper lag inmitten einer Hitzepackung. Er brannte. Sie brannte. Von den Zehen bis zum Kopf schien sich alles ausgedehnt zu haben. Sie war immens gewachsen, die Kleidung paßte einfach nicht mehr. In ihr kämpften zwei Existenzen gegeneinander.
    Da war zum einen der Mensch und zum anderen die Bestie, das mordgierige Tier.
    Das Unterholz setzte sich aus zahlreichen zähen Armen zusammen.
    Simone interessierte es nicht. Sie wollte nur weiter. Hindernisse waren dazu da, um überwunden zu werden. Was ihr im Weg stand, trat sie einfach zusammen. Ihre Arme schaufelten, und sie hatte bereits jetzt schon die doppelte Kraft bekommen. Ihr Gehen war ein Schwanken. Die Vorwärtsbewegung brachte sie trotzdem tiefer in das Dickicht hinein.
    Den Kopf mußte sie einfach in den Nacken legen, weil sie ihren Mentor, den Mond, sehen wollte.
    Auch wenn es immer wieder nur ein Ausschnitt war, aber auch der gab ihr Kraft, die sie einfing, die sie zur Verwandlung benötigte.
    Simone stürzte zu Boden. Sie war gestolpert und hatte sich gleichzeitig noch Schwung gegeben. Auf Händen und Füßen kroch sie weiter, die Haut spannte sich immer stärker auf dem Gesicht und auf ihrem Körper.
    Sie konnte nicht mehr. Die menschlichen Gefühle verschwanden. Das andere, das Echte, das Animalische drang an die Oberfläche, und immer mehr verwandelte sie sich ihrer eigentlichen Bestimmung entgegen, die tief in ihr verborgen lag.
    Vor ihr wuchs das Gras hoch wie die Zinken eines riesigen Kamms. Sie kroch darauf zu, denn es war eine winzige Lichtung, die sie aufnahm.
    Über ihr bildeten die Arme der Bäume ein dürres Dach. Der Himmel war zu sehen, der Mond ebenfalls.
    Simone wälzte sich auf den Rücken. Ihre Augen starrten in die Höhe.
    Der Mond war ihr großer Kraftspender. Sie sah ihn, sie spürte, daß sich die Augen veränderten. Sie zogen sich in die Breite und wurden zu Raubtierschlitzen.
    Der Mond war da und auch der Schatten!
    Er schob sich vor das große Rund. Ein mächtiger Körper, ein wunderbares Tier, von ihr zu erkennen wie ein Scherenschnitt. Der mächtige Wolf, ihr – ihr…
    Simone dachte nicht mehr weiter. Aus dem weit aufgerissenen Mund löste sich ein Schrei, der sowohl von einem Mensch als auch einer Bestie hätte stammen können.
    Eine Mischung aus Heulen und Brüllen. Nichts Normales mehr. Das Menschliche war in den Hintergrund gedrängt worden, und das Heulen nahm Überhand.
    Ebenso wie die anderen Kräfte in ihrem Körper.
    Eine Frau wälzte sich auf dem Boden, die bald ihr menschliches Aussehen würde verloren haben. Das Gesicht zuckte. Die Haare sprossen in einer wahren Fülle in die Höhe, überall am Körper. Ein Fell bildete sich.
    Es gab keinen Mund mehr. Eine Schnauze hatte sich entwickelt, mit zwei mächtigen, reißzahnbewehrten Kiefern. Weißgelber Geifer tropfte hervor, begleitet von einem heulenden Knurren.

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