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Mondpapier und Silberschwert (Die Sumpfloch-Saga) (German Edition)

Mondpapier und Silberschwert (Die Sumpfloch-Saga) (German Edition)

Titel: Mondpapier und Silberschwert (Die Sumpfloch-Saga) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Halo Summer
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Doch in diesem Jahr hielt sich der Winter ebenso hartnäckig wie Wanda Flabbis Vorsatz, den verhassten Yu Kon auf die Palme zu bringen. Jeden Morgen stellte sie die Suppe für den Zauberer an den falschen Platz. Der alte Meister hätte eigentlich begreifen müssen, dass sie es mit Absicht tat, doch er fing jedes Mal neuen Zank mit ihr an, bewarf sie mit sehr hässlichen Schimpfwörtern und anderen, noch weit schlimmeren Dingen.
    Manchmal verirrte sich ein laues Lüftchen in die Festung, das den Geruch des Frühlings von weither in die kalten Mauern trug. So geschah es auch an diesem Abend, als Lisandra den kleinen Gebäudetrakt aufsuchte, in dem die Zimmer Schnapszahlen trugen. Hier wohnten normalerweise keine Schüler, doch da die Schüler des ersten Jahrgangs im letzten Herbst sehr zahlreich gewesen waren, hatte man hier drei zusätzliche Unterkünfte geschaffen. In einer davon wohnte Rackiné mit vier seinen Klassenkameraden. Sein Zimmer trug die Zahl 888.
    Auf dem Weg dorthin schaute Lisandra aus den Fenstern. Das Gebäude mit den Schnapszahlen lag über der Tordurchfahrt, die in Sumpflochs Innenhof führte, und man konnte von dort aus die Brücke und die Straße beobachten. Da es noch hell war, sah Lisandra, wie die Kommandantin der Maküle auf einem Pferd angaloppiert kam. Sie war unglaublich schnell. Lisandra hörte das Hufgetrappel unter sich in der Durchfahrt verhallen und hätte zu gerne gewusst, warum es die Kommandantin so eilig hatte.
    Der Grund, warum Lisandra Rackiné besuchte (obwohl es verboten war – Mädchen besuch auf Jungenzimmern war genauso wenig erlaubt wie Jungenbesuch auf Mädchenzimmern) , war ein lächerlicher. Rackiné hatte mit Jumi „Schluss gemacht“, wie er behauptete. Jumi sah das entspannt, hatte sie in dem ehemaligen Stoffhasen doch nur so eine Art Streicheltier gesehen, das sie gerne fütterte. Die Aussprache, die dem „Schluss machen“ folgte, war unbefriedigend verlaufen. Für Rackiné, weil ihm klar wurde, dass Jumi überhaupt nicht in ihn verschossen war, und für Jumi, weil sie das Gefühl hatte, Rackiné enttäuscht und verletzt zu haben. Als sie Lisandra ihr Herz deswegen ausschüttete, griff sich diese an den Kopf.
    „Jumi, er hat dich fallen lassen, nicht umgekehrt!“
    „Aber er wirkte so bedrückt, als ich gesagt habe, dass es mir nichts ausmacht!“
    „Es hat eben seine Eitelkeit verletzt. Na und?“
    Für Jumi gab es keine schroffen Na-unds. Sie war sehr feinfühlig und nahm an, dass auch ehemalige Stoffhasen ein feines Nervenkostüm hatten, das der fürsorglichen Pflege und Wartung bedurfte. Zu diesem Zweck brachte Jumi ihrem ehemaligen Lieblingshasen einen großen Strauß violetter, zarter Riesen-Stiefmütter aus Gürkel mit und bat Lisandra, ihn dem ehemaligen Stoffhasen zum Trost zu überreichen.
    „Wirklich?“, hatte Lisandra gefragt. „Willst du es nicht selbst tun?“
    „Nein, oh nein! Das würde ihn demütigen. Bitte, Lissi, mach du das für mich. Von dir wird er den Strauß annehmen.“
    Einem Mädchen wie Jumi konnte selbst Lisandra nichts abschlagen. Also ging sie mit diesem dämlichen Strauß in das Gebäude mit den Schnapszahlen-Zimmernummern und suchte das Zimmer 888. Als sie es entdeckt hatte, war die Tür verschlossen und ließ sich auch durch Herunterdrücken der Türklinke nicht öffnen. Lisandra wartete unschlüssig vor der Tür und dann hörte sie etwas. Es klang wie ein unterdrücktes Keuchen.
    Lisandra legte ihr Ohr an die Tür. Wieder war es still, dann quietschte es so merkwürdig auf der anderen Seite, dass Lisandra die Geduld verlor und einfach durch die geschlossene Tür hindurchspazierte – schließlich besaß sie dieses praktische Talent! Was Lisandra allerdings sah, als sie auf der anderen Seite ankam, ließ sie entsetzt aufschreien:
    Hanns und Haul standen an Rackinés Bett und ihre Gesichter waren so feindselig, dass Lisandra sie kaum wiedererkannte. Das Schlimmste aber war, dass Haul Rackiné festhielt. Er hatte den Hasen am Brustfell gepackt und hochgehoben, sodass der Hase, der doch immerhin so groß war wie Thuna oder Maria, halb in der Luft hing und vor Schmerz und Mangel an Luft dieses schlimme, quietschende Geräusch ausstieß, das Lisandra durch die Tür gehört hatte.
    Als Haul Lisandra erblickte und sie schreien hörte, ließ er Rackiné sofort los und dieser plumpste mit einem Schlag auf sein Bett zurück. Der Hase wollte vom Bett springen und losrennen, um bei Lisandra Schutz zu suchen, doch Hanns nagelte ihn

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