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Mondpapier und Silberschwert (Die Sumpfloch-Saga) (German Edition)

Mondpapier und Silberschwert (Die Sumpfloch-Saga) (German Edition)

Titel: Mondpapier und Silberschwert (Die Sumpfloch-Saga) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Halo Summer
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Bescheid“, sagte Hanns und ging aus der Arena. „Haul, kommst du später nach?“
    „Ja“, sagte Haul, ohne seinen Blick von Lisandra abzuwenden.
    Der Schnee fiel und fiel und Hanns verschwand darin, ebenso wie es Yu Kon kurz zuvor getan hatte. Lisandra und Haul schauten sich weiterhin an, bis Lisandra das Schweigen brach.
    „Ist es wegen Rackiné?“, fragte sie. „Haut ihr ab, weil ihr jetzt wisst, was ihr wissen wolltet?“
    „Nein, es hat nichts damit zu tun!“, antwortete er. „Wie Hanns schon sagte – Yu Kon hat ihm nichts mehr beigebracht. Wir wussten, dass wir sehr bald abreisen werden, deswegen hat Hanns gestern auf die Tube gedrückt. Er wollte Sumpfloch nicht verlassen, ohne die Wahrheit zu kennen.“
    „Ihr geht jetzt einfach weg – und ich bleibe hier?“
    „Ich würde dich sofort mitnehmen, Lissi! Liebend gerne!“
    „Aber das geht nicht. Ich bin hier zu Hause.“
    Es war schlimm. Lisandra hatte den Gedanken an einen Abschied immer weit von sich geschoben. Sie wusste, dass es passieren würde, aber doch erst irgendwann! Erst, wenn der Frühling käme und Yu Kon fort wäre und sie mit etwas Glück das Silberschwert gefunden hätte. Aber diese Vorstellung war mal wieder naiv gewesen. Es passierte nicht irgendwann, sondern jetzt. Es war kalt, der Schnee fiel und die Suche nach dem Silberschwert war zu Ende. Alles war vorbei.
    „Haul!“, sagte sie und merkte, wie ihr die Tränen in die Augen stiegen. Sie wollte eigentlich etwas sagen, doch die Worte blieben ihr im Hals stecken. Sie w ollte auch ganz bestimmt nicht zu heulen anfangen. Wenn ihre Augen feucht wurden, würde er es nicht sehen. Nicht durch diesen Vorhang von tausend dicken Schneeflocken.
    Er griff nach ihren Händen.
    „Ich bin ja noch da. Wir fahren erst morgen, Lockenköpfchen!“
    Es gab keine Worte für diese Situation. Lisandra ging auf die Zehenspitzen und Haul kam ihr entgegen. Mit kalten, feuchten Schneeflockenlippen küssten sie sich und noch einmal flackerte das Feuer auf, das Lisandra so wohlig von innen verbrannte, wenn sie Haul berührte. Doch heute erschreckte es sie mehr, als dass es sie tröstete. Vorbei , flüsterte es, vorbei, vorbei , vorbei …
    „Kommst du mit in die Festung?“, fragte Haul, als er aufbrach, um Hanns bei den Vorbereitungen für die Abreise zu helfen.
    Lisandra schüttelte den Kopf.
    „Nein, ich bleibe noch ein bisschen hier draußen.“
    „Gut, aber komm nicht auf dumme Gedanken!“, warnte er sie. „Ohne Silberschwert geht es auch!“
    „Klar“, sagte Lisandra.
    „Wirklich klar?“
    „Natürlich. Ich bin ja nicht lebensmüde.“
    Er ging.
    Flocken und noch mehr Flocken wirbelten hernieder. Es war ganz still bis auf den Wind, der leise um Lisandras Kopf pfiff. Sie fühlte sich so einsam wie noch nie in diesem Winter. Es war kaum zu fassen: Wie sehr hatte sie sich vor dem Unterricht bei Yu Kon gefürchtet. Wie sehr hatte sie ihn anfangs gehasst! Wie sehnsüchtig hatte sie sich gewünscht, mit den anderen ganz normal zur Schule zu gehen und nachmittags an den Kaminfeuern herumzusitzen, zu reden, zu spielen und nichts Besonderes zu tun! Oh, wie sehr hatte sie den Frühling herbeigesehnt! Doch dann war dieser Winter zu ihrem Leben geworden und Hanns und Haul zu ihren Freunden. Haul war noch viel mehr als das. Was sollte aus ihr werden, wenn sie fort waren? Was sollte sie im Frühling machen? Wer würde sie dann überhaupt sein?
    Der Traum vom Silberschwert war gestorben und mit seinem Ende verlor Lisandra den Mut. Um der alten Zeiten willen schlug sie den Weg ein, den sie mit Haul gegangen war, als sie den silbernen Raben gesucht hatten. Mühsam schlug sich Lisandra durch den hohen Schnee, überquerte die Brücke und spazierte durchs weiße Schneeflockengestöber, bis sie den Waldrand erreichte. Sie ging in Richtung Schulgarten, ihren Gedanken nachhängend, die um eine Leere kreisten, die gefährlich war. Lisandras Stimmung schürte ihren Leichtsinn. Kurz nachdem sie den Schulgarten betreten hatte, war die Idee da und ließ sie nicht mehr los. Es gab einen einfachen Weg für Lisandra, sich in eine Situation zu begeben, aus der sie sich nicht selbst befreien konnte. Sie könnte sich schutzlos hineinbegeben, so wie es die Regeln besagten. Sie musste nur ein Vogel werden.
    Seit Langem war es ihr nicht mehr gelungen, sich aus eigener Kraft zurückzuverwandeln, weswegen sie diese Verwandlungen ganz aufgegeben hatte. Jetzt wollte sie es probieren. Was konnte schon passieren? Im schlimmsten

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