Mondpapier und Silberschwert (Die Sumpfloch-Saga) (German Edition)
versuchten, die letzten Schüler nicht zu überholen, sondern schön anständig hinter ihnen zu bleiben.
Scarletts Unterredung mit Estephaga war nun auch beendet. Sie war blass, als sie bei Thuna und Maria ankam, und ihre sonst so angriffslustigen grünen Augen sahen verängstigt aus.
„Du sollst kämpfen?“
„Nur mit Abstand, am besten vom Inneren der Festung aus. Ich kann nicht direkt kämpfen, aber sie sagen, meine böse Magie könnte sehr hilfreich sein, um die Wandler vom Himmel zu holen. Das Problem ist, dass es nicht genug Leute gibt, die fliegen können. Die Maküle sind ausgezeichnete Bodenkämpfer, aber können nicht mit einem Satz aufs Dach springen.“
Maria legte Scarlett die Hand auf die Schulter.
„Du Arme! Aber wenn du in sicherem Abstand bleibst …“
„Das wird nicht so einfach. Die Wandler werden merken, dass ich sie angreife, und dann werden sie kom men, um mich zu holen. A ber Grohann stellt zwei Maküle ab, die bei mir bleiben und auf mich aufpassen!“
Maria bekam sehr große Augen.
„Ich würde sterben vor Angst!“
Thuna kniff unterdessen die Augen zusammen und versuchte herauszufinden, wo Gerald war. Er stand bestimmt bei ihnen, aber sie konnte nicht die geringste Spur von ihm ausmachen. Selbst seine Gedanken blieben ihr verborgen.
„Gerald“, sagte sie leise. „Wenn du hier irgendwo bist – wir müssen kurz mit dir sprechen!“
„Dann lasst uns woanders hingehen“, sagte Scarlett, die über Geralds Anwesenheit Bescheid zu wissen schien. „Was ist mit euch? Müsst ihr nicht zu den Booten?“
„Nein, Spiegelwelt“, antwortete Maria. „Auftrag vom Gehörnten.“
„Oh! Wertvolle Schüler gehen ins Spezialversteck? Er wird mir immer sympathischer!“
Als Gerald an einem unbeobachteten Ort wieder sichtbar wurde, weigerte er sich schlichtweg, Maria und Thuna in die Spiegelwelt zu begleiten.
„Ich bleibe bei Scarlett. Ich will sie in dieser Situation nicht alleine lassen.“
„Bist du verrückt?“, fragte Maria. „Diese Dinger sind gefährlich! Grohann hat gesagt, man muss sich vor ihrem Blut hüten! Was willst du machen, wenn du eine Ladung abbekommst, unsichtbar oder nicht?“
„Unsichtbar bis zur Unangreifbarkeit, Maria!“, sagte Gerald. „Mir kann nichts passieren, das weißt du doch am besten!“
„Wie lange hältst du diesen Zustand durch?“, fragte Maria streng. „Mehrere Stunden lang?“
Sie hatte ihn erwischt, denn er wollte auf ihre Frage nicht antworten.
„Ich habe mich entschieden. Geht ihr schnell in die Spiegelwelt! Nach allem, was man hört, ist die Zeit knapp!“
„Gerald?“, fragte Maria hartnäckig nach. „Wie lange kannst du unsichtbar bleiben?“
„Ja, genau“, sagte nun auch Scarlett. „Wie lange?“
„Ich kann sehr lange unsichtbar bleiben“, antwortete er.
„ Unsichtbar und unangreifbar?“
„Nein “, antwortete er gereizt. „Aber ich werde hin- und herspringen und die Unangreifbarkeit nur einsetzen, wenn es unbedingt nötig ist. Zufrieden?“
„Überhaupt nicht!“, rief Maria. „Außerdem hat Grohann gesagt, du sollst mit uns kommen!“
„Na und?“, sagte Gerald. „Er ist doch nicht der liebe Gott!“
„Der liebe Gott?“, fragte Thuna verständnislos.
„Das sagt man so bei uns“, meinte Gerald.
„Ihr habt Götter? Ich dachte, bei euch gibt es so was nicht.“
„Nein, das ist auch umstritten mit dem lieben Gott“, erwiderte Gerald. „Geht jetzt, bitte, sonst mache ich mir noch Vorwürfe! Ich bin alleine für mich verantwortlich und ich habe mir das gut überlegt!“
Thuna runzelte die Stirn. Eigentlich war Gerald nicht alleine für sich verantwortlich. Keines der Erdenkinder war das, denn sie hatten die Pflicht, zumindest einen Teil von Amuylett für eine neue Welt zu retten. Niemand von ihnen durfte jetzt sterben, denn es würde Jahre dauern, bis ein neues Erdenkind Geralds Talent so beherrschen würde, wie er es jetzt tat. All das wusste Thuna, doch es ging ihr gegen den Strich, so zu denken und zu reden, wie es all die Mächtigen von Amuylett taten, denen das Wohl des einzelnen Erdenkindes nicht so wichtig war wie das große Ganze. Alle sagten ihnen, was sie zu tun und zu lassen hatten. Wenigstens untereinander musste ein Erdenkind dem anderen seine Freiheit lassen, dachte Thuna jetzt. Auch wenn es unvernünftig war.
„Du hast recht“, sagte sie. „Wir sind alleine für uns verantwortlich. Komm, Maria, reißen wir uns los!“
Es folgte ein weiterer Abschied mit Umarmungen. Maria
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