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Mondscheinjammer

Mondscheinjammer

Titel: Mondscheinjammer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Hoehne
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Blick.
    "Gibt es jemanden, der mehr wissen könnte?"
    "Warum?" Ich spürte wie die Aufregung langsam von ihr Besitz nahm. Diese Art der Anspannung war ganz genau nach ihrem Geschmack.
    "Weil… ich neugierig bin."
    "Ooookkk." Sie zog das Wort unnatürlich in die Länge, und ich konnte erkennen, wie ihre grauen Zellen anfingen zu arbeiten.
    "James Carter lebt noch, aber er ist sehr alt und nicht mehr ganz… gesund." Sie fasste sich an den Kopf und verdrehte die Augen. "Nicholas Hudson wird wohl nicht mit uns reden. Er hat sich zurück gezogen und jetzt nach Jordans…" Sie seufzte schwer. "Aber wir könnten Jonathan Brady fragen. Sein Vater war damals Feuerwehrhauptmann in Parkerville. Kenneth Brady. Er war mit auf dem Foto, erinnerst du dich?"
    Ich nickte langsam.
    "Hast du… einen von ihnen gesehen?" Zögernd hob sie den Blick.
    Natürlich wusste ich, wovon sie redete, doch ich versuchte Zeit zu schinden. Ich war unschlüssig, wie viel Vanessa verkraften würde. "Was meinst du?"
    "Du weißt, was ich meine."
    Ich sah ihr direkt in die dunklen Augen, dann nickte ich erneut. "Ja, ich denke, sie sind hier."
     
    Drei Nächte lang wartete ich darauf, dass Xander mich erneut besuchen kam, doch nichts passierte.
    Vanessa und ich hatten es tatsächlich gewagt, Jonathan Brady zu kontaktieren, doch wir hätten es genauso gut sein lassen können. Noch bevor wir irgendetwas fragen konnten, hatte er uns bereits wieder vor die Tür gesetzt. Mit den Hirngespinsten seines Vaters wollte der Junior scheinbar nicht das Geringste zu tun haben.
    Vanessa versprach, in den alten Archiven nach möglichen Erklärungen zu suchen.
    Ich wollte eine Antwort auf eine Frage, eine ganz banale Frage: Warum?
    Warum passierte das alles und warum kamen sie ausgerechnet nach Parkerville? Warum ausgerechnet Xander? Mein Herz tat weh, wenn ich an ihn dachte. Ein Date mit ihm hätte mich wahrscheinlich zum glücklichsten Mädchen in ganz Nebraska gemacht, oder etwa nicht? Ich dachte unwillkürlich an Sam. Entschieden schüttelte ich den Kopf. Sam war vollkommen indiskutabel. Seit Tagen schon blieb er unserem Hof fern. Doch wie sollte ich ihm das verdenken, nach alldem, was gerade passiert war und vielleicht noch passieren würde?
    Ich sah ihn nur ein einziges Mal, als er meine Mutter von der Hudson-Ranch nach Hause brachte. Ich stand gerade vor dem geöffneten Hühnerstall, als sein Pickup langsam wendete und meine Mutter schließlich ausstieg.
    Wir sahen uns nur an. Es kam mir vor wie eine Ewigkeit, und ich fragte mich im Stillen, ob meine Mutter es bemerkte. Seine blauen Augen bohrten sich in meine, bis er mir schließlich schweigend zunickte, ein Ritual, was mittlerweile scheinbar zum festen Bestandteil unserer Begegnungen geworden war. Dann fuhr er auch schon mit quietschenden Reifen davon.
    Mom sagte dankenswerterweise nichts, doch Jerry rannte bellend hinter ihm her, bis ihn am Ende eine große Staubwolke am Horizont verschluckte.
     
    Am Montagabend hatte ich endgültig die Nase voll.
    Wenn der Prophet nicht zum Berg kam, musste der Berg eben zum Propheten kommen oder so ähnlich. Diese Ungewissheit machte mich rasend. Was passierte hier? Passierte überhaupt etwas, oder waren das tatsächlich nur, wie Mom es ausdrückte: 'tragische Zufälle', und ich hatte mich nur mal wieder in etwas verrannt? Aber nein, ich hatte ihn doch gesehen, diesen blassen Jungen, der trotz seines jungen Aussehens mehr als Furchterregend gewirkt hatte. Er hatte Xander bedroht, und nicht nur Xander, sondern auch dessen gesamte Familie. Er war geschwebt! Ich hatte zwar eine lebhafte Fantasie, doch das hatte ich mir nicht eingebildet, dessen war ich mir doch ziemlich sicher.
    Doch das Leben in Parkerville plätscherte vor sich hin, als wäre überhaupt nichts geschehen. Natürlich wurde geredet, doch niemand kam auf die Idee, die alten Geschichten wieder hervorzukramen und Alarm zu schlagen, zumindest nicht offiziell. Was hinter den hübsch dekorierten Fenstern der Häuser geredet wurde, konnte ich nur erahnen. Ich fragte mich, ob sie die Parallelen tatsächlich nicht sahen oder ob sie sie nicht sehen wollten?
    Am Montagabend stieg ich also entschlossen in das Auto meiner Mutter und fuhr zu den Carters. Ich wollte reden. Mit Xander. Ob er Lust dazu hatte oder nicht.
    Im Haus brannte Licht und noch bevor ich weiter darüber nachdenken konnte, was genau ich da eigentlich gerade tat, klopfte ich auch schon an die große, hölzerne Eingangstür, die links und rechts von zwei

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