Mondschwingen (German Edition)
das Loch in der Wand. Svija war allein dort
draußen, zwischen den hunderten von Kriegern, die stärker als sie waren.
„Ich könnte kämpfen“,
hauchte Linus. „Kämpfen, gegen wen auch immer.“
Im selben Moment hörte
er Stimmen hinter sich. Der Junge zog ihn hinter eine Säule und zusammen
spähten sie ans Ende der Höhle, wo zwei Männer aus demselben Loch kletterten,
in dem Svija vorhin erst verschwunden war . „Das ist
also euer Versteck. In einer Höhle ?“
Ein großer Mann stand dort und hielt dem anderen ein Dolch ans Kinn. Blut
tropfte ihm auf den weißen Mantel. „Zeig mir die anderen. Hier müssen noch
irgendwo andere sein.“
Der Weiße schüttelte den
Kopf. „Hier ist niemand, ich verspreche es.“ Bevor er sich ducken konnte,
schlug ihm der Jäger ins Gesicht. Der Weiße stolperte zur Seite und schlug
gegen die Wand.
„Ich hab gehört, wie dir
dein Anführer befohlen hat, Verstärkung zu holen.“ Er kam heran und zog den
Weißen am Kopf empor. „Sag mir, wo sie sind, hörst du?“
Der Weiße schüttelte
sich, als ihm der blutige Dolch erneut am Hals klebte.
„Da drüben, in einem anderen Stollen sind sie. Sie graben, sie tun nichts
anderes als graben.“ Zitternd zeigte er ans andere Ende der Höhle. „Ihr müsst
durch einen Tunnel und dahinter ist es. Lasst mich gehen, ich hab Euch alles gesagt.“
Der Jäger schnitt ihm
die Kehle durch, steckte den Dolch unter seinen Mantel und verschwand mit
leisen Schritten. Reglos lag der Weiße im Dunkeln, sein Mantel färbte sich rot.
„Er holt andere Jäger.“
Linus wagte kaum aus dem Schatten der Steinsäule zu treten. „Er will in den
anderen Stollen und uns töten.“
Er wandte sich um und
rannte.
„Willst du wirklich
dorthin?“ Die Stimme des Jungen klang seltsam verzerrt, sie vermischte sich mit
dem Geschrei über ihren Köpfen. Linus sagte nichts, er schaute auch nicht mehr
zurück, er rannte nur.
Als er den Gräberhöhlen
näher kam, hörte er Schreie. Zuerst verweilte er und lauschte und einen Moment
lang war er sicher, dass er zu spät war. Dass die Menschen die Gräber längst
angegriffen hatten. Doch dann hörte er genauer hin und er wusste, dass es
Jubelschreie waren.
Er ging weiter und sah
die Weißen in ihren leuchtenden Mänteln. Glix stand in der Mitte und hob die
Hände. Er drehte sich ein Mal im Kreis und als er Linus am Tunnelausgang
erblickte, winkte er ihn herbei.
„Wir haben es geschafft,
der Tunnel ist durchbrochen!“ Die Weißen waren überall, auf den Leitern und in
den Tunneln, und alle sahen sie zu Glinx herab. „Wir haben unser Ziel
erreicht.“
Linus schüttelte bloß den
Kopf. „Noch nicht.“
Glinx ließ ihn los und
sah ihn mit gerunzelter Stirn an. „Was soll das heißen? Noch nicht?“
„Ein Weißer hat uns
verraten.“ Linus sprach so laut, dass ihn jeder verstand. „Wir werden kämpfen
müssen.“
Ein schmalbärtiger Alter
kam herbei, zog Linus am Kragen zu sich heran und stieß ihn wieder fort. „Wir
werden nicht kämpfen. Drüben, in Skopenvang, da schon, aber nicht hier, nicht
jetzt. Was für eine Verschwendung an Leben und Zeit.“
Glinx schob den Alten
unwirsch zur Seite. „Bist du sicher? Vielleicht hast du dich nur verhört, oder
…“ Die Antwort kam schnell, sehr schnell. Hunderte klappernde Füße auf hartem
Stein. Glinx stand eine Weile nur da und staunte und wusste nicht, was zu
machen war.
Der Alte mit dem Bart
drehte sich zu den Weißen um und schwenkte die Arme in der Luft. „Flüchten.
Nach Skopenvang, sofort!“ Seine Stimme war schrill und war im Lärm der tosenden
Schritte kaum zu verstehen.
Glinx schlug ihm ins
Gesicht. „Ihr bleibt hier! Wir müssen kämpfen, zum Fliehen fehlt uns die Zeit.“
Ein paar einzelne Weiße
verkrochen sich in den Gängen, ihre hellen Mäntel verschwanden im Dunkel. Linus
hasste sich, denn er wusste, dass er genauso feige war. Aber er hatte kein
Messer und kein Dolch und erst recht kein Schwert, nichts womit er kämpfen
konnte.
Rasch kletterte er eine
Leiter hinauf, die Sprossen quietschten viel lauter als sonst. Er nahm den
erstbesten Tunnel und kroch langsam weiter nach hinten, sah die Weißen in der
Höhle, wie sie still dastanden und nichts sagten.
Als die Jäger kamen, war
es plötzlich ruhig. Kein Jäger schrie mehr, ihre Schritte waren seltsam leise,
man hörte nichts als die aufeinandertreffenden Waffen.
„Hey du, das ist unsere
Höhle.“ Jemand lachte und hustete gleich darauf. Linus ruckte herum und schaute
zum
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