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Mondschwingen (German Edition)

Mondschwingen (German Edition)

Titel: Mondschwingen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jasper Sand
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Hauseingängen, glaubte sie immer wieder Konturen dort
zu sehen. Den vermummten Menschen hinter ihr entdeckte sie trotzdem viel zu
spät.
    Er legte ihr die Hand
auf den Mund und presste sie gegen kalten Stein. Sein bleiches Gesicht schwebte
in der Dunkelheit, so rund und weiß wie ein Mond. Starr stand Svija da und
wagte sich nicht zu rühren, nur ihre Hand tastete sich wieder zu ihrem Schwert
herunter. Der Fremde nahm ihre Hand und drückte sie gegen die Wand. Mit
unbeweglicher Miene stand der Schatten vor ihr und sah auf sie herab. Er hob
den Dolch in seiner Hand, hielt ihn ihr unter die Nase und ließ sie dabei
keinen Augenblick aus den Augen.
    „Geh nach Hause“,
flüsterte er plötzlich. „Du willst nicht kämpfen, du gehört zu niemandem. Und
du bist ein Mädchen.“  
    Ein Jäger. Er war ein
Jäger und er ließ sie gehen.
    „Wie rührselig.“ Ein
Schatten trat aus der Dunkelheit, sein knorriges Gesicht pellte sich aus der
Finsternis. „Ein Mädchen. Aber eines, das nicht zu uns gehört.“
    Er schob den anderen
Jäger zur Seite und zog Svijas Kopf an den Haaren nach hinten. Sie spürte
Metall an der Kehle, es fühlte sich scharf an auf der Haut.
    „Lass sie ihn Ruhe“, stammelte
der andere Jäger. „Sie ist nur ein Mädchen.“
    Svija schloss die Augen,
sprang empor und wollte rennen. Der Jäger unter ihr packte sie am Bein, zog sie
ein Stück zu sich herunter, ehe Svija sich an einer Dachrinne festhalten
konnte.
    Der Jäger war stark, hängte
sich mit seinem ganzen Gewicht an Svija. Einen Moment lang drohte sie das
Gleichgewicht zu verlieren und zu fallen, doch dann zog sie das Schwert hervor
und ließ es durch die Luft sausen. Der Jäger unter ihr schrie auf und ging in
die Knie. Er hob seine rechte Hand ins Licht und entdeckte dort nur noch drei
Finger, mit Blut überströmt.
      Svija flog weiter, über die Dächer und
Schornsteine hinweg, während die Schreie des Jägers noch lange zu hören waren.
Sie schwebte über das Burgtor, dessen verkohlte Streben wie Zähne aussahen und
als sie den Hof in luftiger Höhe überquerte, hörte sie Stimmen, die wehklagten
und schluchzten. Dächer waren eingestürzt, Wände und Mauern waren durchlöchert
und Fahnenstangen zeigten wie kahle Dornen in den tintenschwarzen Himmel. Die
Dunkelmondburg hatte sich über Nacht in eine Ruine verwandelt.
    Svija ließ sich auf den
Boden sinken und ging wie ein Mensch voran, bei jedem Schritt knirschte der
Schnee unter ihren Stiefeln.
    Laternen hingen in den
Bogengängen und quietschten leise im Wind. Die drei Frauen tauchten ganz
plötzlich in dem Portal auf, zwei Adlige mit bauschenden farbenprächtigen
Kleidern und eine Hebamme, die ein schreiendes Kind in den Armen hielt. Bevor
sie es sich anders überlegen konnte, ging sie auf die drei Frauen zu und
versperrte ihnen den Weg. „Wo sind die Kerker?“, fragte sie und zog, ohne es
richtig zu merken, ihr Schwert unter dem Mantel hervor.
    „Willst du Katjas
Flittchen retten?“, blaffte die Vorderste der Damen und spuckte Svija ins
Gesicht. Der schwarze Ruß auf ihrer Haut zerrann und tropfte ihr vom Kinn.
    Rasch hob Svija der Dame
das Schwert an die Kehle, genau so, wie es der Jäger vorhin bei ihr getan
hatte. Nun war sie die Böse und ihr Gegenüber war das Opfer. „Gib mir eine
Antwort und eine, die ich hören will. Wehe du lügst, verstehst du?“ Wie sie
sich anhörte. Fast schon wie Erl oder irgendeiner von diesen Idioten.
      „Zu wem gehörst du?“, wollte das Fräulein
wissen. „Zu diesen weißen Ungeheuern oder zu den Elstern?“
    Svija sagte nichts, sie
drückte die Waffe nur noch fester an den Hals der Dame.
    „Schon gut“, entgegnete
sie schnell. „Du musst durch das Portal gehen und immer gerade aus und irgendwann
kommen ein paar Treppen. Wenn du Glück hast, sind die Türen zum Kerker offen,
das waren sie in den letzten Tagen immer, damit man Kastjas Flittchen bestaunen
kann.“ Das Muttermal unter ihrer Nase wackelte bei jedem Wort.
    „Du lügst.“ Svija drehte
das Fräulein um und berührte sie mit dem Schwert am Rücken. „Du zeigst mir, wo
die Kerker sind. Wenn du mich in die Irre führst, wirst du dafür bezahlen.“ Die
andere Dame und die Hebamme mit dem mittlerweile verstummten Kind wichen zur
Seite, als Svija und das Fräulein durch das Portal gingen, in die Dunkelheit
hinein.
    Es war eine große
Eingangshalle, in der verbrannte Banner von der Decke hingen.
    Das Fräulein mit dem
dunkelroten Kleid ging auf einen Seiteneingang zu, schlug

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