Mondschwingen (German Edition)
doch.“
Auf wackligen Beinen lief
er zurück und schaute zum Boden der Höhle hinab. Natürlich kämpften sie noch
immer, noch erbitterter als zuvor. Und noch immer waren da so viele schwarze
Punkte, so viele Weiße, die schon jetzt leblos am Rande lagen. Es waren zu
viele Jäger und sie würden die Weißen besiegen, wenn sie nur genügend Zeit
hätten,
Wortlos kehrte Linus
zurück und stieß die Schaufel in die harte Wand. Sie war so fest wie Stein.
Hint und Farg taten es
ihm nach und bald schon vergaßen sie vor Anstrengung das Töten ein paar Armlängen
unter sich. Da war nur die Wand vor ihnen und sonst nichts.
„Ich weiß wirklich
nicht, ob das eine gute Idee ist, mit dem Wasser und so …“ Hint oder Farg hielt
inne und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Der andere Zwilling grub unbeirrt
weiter. „Wir tun das für die Mondschwingen, nicht für uns“, knurrte er.
Immer mehr Erdklumpen
lösten sich aus der Wand, die Risse wurden tiefer und irgendwann glaubten sie
ein leichtes Rumoren zu hören, ein Beben hinter der Wand.
Die Schaufeln wurden schwerer, ihre Hände
begannen zu schmerzen und irgendwann, als sie fast nicht mehr konnten, war es
soweit. Ein letzter Spatenstich noch und dann wäre es vollbracht. Beinahe
andächtig standen sie vor ihrem Werk und lauschten gleichzeitig den
Kampfgeräuschen unter sich.
„Es kann los gehen“,
wisperte einer der Zwillinge und rammte seine Schaufel in die brüchige Erde. Im
nächsten Moment zerbarst die Wand und die Welt bestand nur noch aus Wasser.
SVIJA
und die Schlacht der Menschen
Die Welt bestand nur
noch aus Asche und Rauch.
Erl schaute sich kurz nach Svija um und nickte
ihr zu, bevor er von zahllosen Leibern verdeckt wurde.
Aus manchen Fenstern
kamen Rauchschwaden und Feuerzungen, ein Dach brannte lichterloh, Ziegel fielen
herunter und prasselten auf Jäger und Weiße herab.
Die ersten Leichen lagen
in der Gasse, dunkle Punkte in dem Geflecht aus kämpfenden Menschen. Svija
wurde übel. Sie wich zurück, stolperte beinahe über einen Arm eines toten
Kriegers, der hinter ihr gelegen hatte.
Tränen traten in ihre
Augen und ließen die schrecklichen Bilder zerfließen, zu einem Meer aus
schwarzen und roten Farben. Der Boden war glitschig, Schnee und Eis hatten sich
mit Blut vermischt und brachten viele Krieger zum Straucheln.
Svijas Hand tastete sich
an den Schwertknauf herunter, der unter ihren Fingerspitzen zu brennen schien. Sie
wollte nicht kämpfen, es war schon blutig genug.
Dreh dich um, dachte
sie, und lauf zurück in die Stollen. Zurück in Thijs‘ Thronsaal und von dort
aus in die Kerker, es ist nicht weit. Nur ein paar Stufen und Gitterstäbe. Geh
zurück, bevor es zu spät ist und du nicht mehr zurück kannst. Dunkle Schemen
rasten an ihr vorbei, bewaffnet mit Schwertern und Bögen und Säbeln. Sie alle
schienen Svija nicht zu sehen, dort an der dunklen Hauswand.
Je länger sie stand und
nichts tat und nur schaute, desto schwindeliger wurde ihr. Fast blind tastete
sich Svija durch die Tür und stolperte in die Hütte zurück, aus der sie
gekommen war.
Im nächsten Moment wurde
sie zur Seite geschleudert. Sie spürte eine Tischkante am Kopf und gleichzeitig
zwei Hände, die sie am Umhang schüttelten. „Ich hab dir gesagt, dass du nicht
zurückgehen darfst. Thijs hat es verboten, er hat mir gesagt, dass ich es nicht
zulassen darf.“
Svija riss die Augen auf
und sah in Erls aufgeschwemmtes Gesicht. Blut klebte ihm auf der Stirn und floss ihm an der Nase herab. „Versuch es nicht noch einmal.
Ich bringe dich um, das sag ich dir.“
Er packte Svija an den
Armen und zog sie herauf und gab ihr eine Ohrfeige. „Mich interessiert nicht,
warum Thijs mir derlei Aufträge gibt, ich führe sie einfach aus, mehr nicht.
Geh mir aus den Augen und lass dich nicht noch einmal blicken.“
So schnell es ging
taumelte Svija davon. Sie musste weg hier, irgendwie.
Als sie den Blick hob, sah
sie die Burg, die hinter den Hausdächern thronte. Überall brannte es, hinter
den Zinnen, hinter den Fenstern, selbst auf den höchsten Türmen. Eine
Rauchwolke hatte die Burg bereits umhüllt, lag wie ein drohender, schwarzer
Mantel darüber. Selbst hier waren die Weißen schon eingedrungen, sie waren
stärker, als Svija erwartet hatte.
Rasch lief sie weiter,
immer entlang der verkohlten und blutbespritzten Wände. Als sie an Seitengassen
vorbeihuschte, an dunklen
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