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Mondschwingen (German Edition)

Mondschwingen (German Edition)

Titel: Mondschwingen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jasper Sand
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lief rückwärts an der Hauswand entlang.
    „Was ist?“ Rubens drehte
sich zu ihm um. Ihm behagte es nicht, allein mit Kastja im Zimmer zu sein.
    „Der König sagte, er
wolle mit Euch reden.“
    Die Tür fiel wie von
Geisterhand hinter Rubens zu und plötzlich war es schrecklich still im Raum.
Man hörte nur die schnellen Schritte des Schiffsjungen in der Seitengasse.
    Schritt für Schritt ging
Rubens der vermummten Gestalt entgegen. Das Gesicht hinter der Kapuze erkannte
er immer noch nicht. Es war düster im Zimmer, obwohl es hinter den Fenstern
taghell war.
    Die Hand des Schattens
schoss hervor und umklammerte Rubens‘ Arm. Er wollte ihn zurückziehen, doch der
Griff des Mannes war zu stark. „Da bist du endlich“, schnaufte er und zog sich
die Kapuze vom Kopf. „Ich hoffe, du erkennst mich noch?“
    Kastja grinste breit,
doch er sah erschöpft aus. Seine schwarzen Haare klebten ihm im kalkweißen Gesicht.
    Rubens löste die Hand
vom Schwertknauf und ließ sich auf einen Stuhl gegenüber sinken.
    „Ich bin durch den
Tunnel gekommen, nachdem …“ Kastjas Stimme versagte. Er strich über den Tisch,
Staub wirbelte auf.
    „Was ist passiert? Habt
ihr gegen die Weißen gekämpft?“
    Kastja schaute auf.
„Ja“. Er sagte es so leise, als atmete er es aus. „Es war kein besonders langer
Kampf. Wir haben nicht erwartet, dass es derart viele Weiße sind, so viele,
Rubens …“ Er sah auf seine Handflächen hinab, klopfte mit den Fingern auf das
Holz. „Wir haben verloren.“
    Eine Welt brach
zusammen, so unerwartet und ganz still. Verloren.
      „Wie konnte das passieren?“ Rubens klang
vorwurfsvoll und er wusste selbst nicht warum.
    Kastja schüttelte den
Kopf. „Keine Zeit“, krächzte er. „Mir bleibt nicht mehr viel Zeit.“
    Seine Finger verharrten
auf dem Holz, das Trommeln verstummte. „Thijs hat mich vergiftet. Auf dem Platz
der Gebrochenen Flügel, du weißt schon.“
    Nichts wusste Rubens, er
verstand überhaupt nichts.
    „Mir blieb nichts
anderes übrig. Ich sollte aus einem Kelch trinken. Immerhin hat Gwaedja
überlebt, immerhin – nicht wahr?“ Kastja lächelte, doch seine Augen blickten
traurig. „Ich wollte hierher, bevor ich sterbe. Die Dunkelmondburg hat mich mit
Grauen erfüllt.“
    „Dann sind wir also
gescheitert. Wir Jäger haben verloren.“ Wir .
Immer noch sagte er wir , aber noch immer war es nicht die
Wahrheit.
    Kastja hustete, spuckte
Blut auf den Tisch und erfasste Rubens‘ Hände. „Darum bin ich hier.“ Sein
Wispern verlor sich in der Dunkelheit. „Die Jäger müssen überleben und du bist
an ihrer Spitze. Du wirst der König sein, so wie ich es dir vor ein paar Tagen
sagte. Du bist mein Erbe, Rubens, du allein.“
    Rubens wollte den Kopf
schütteln, doch er blieb starr sitzen. Kastja öffnete Rubens‘ zur Faust
geballte Hand und ließ ein Medaillon in seine Handfläche fallen. Es fühlte sich
kühl auf seiner Haut an. „Nimm es an und verspreche mir, dass du König wirst.
Falls die Mondschwingen doch nicht sterben, wenn der letzte Mond verschwindet,
wenn der Plan nicht aufgeht … warum auch immer … Versprich es mir.“
    Ein Nein, nur ein Nein.
Ein Wort, mehr nicht.
    „Sag es.“ Kastja sah ihm
fest in die Augen. „Bitte.“
    Er zuckte, sein Körper
versteifte sich, er schloss die Augen und stöhnte. „Sag es, bevor es zu spät
ist.“
    Das Medaillon in Rubens‘
Hand wurde wärmer, Kastjas Finger bohrten sich in seinen Arm. Er hustete
erneut, Blut floss ihm am Kinn hinab.
    „Ich verspreche es.“
Rubens wusste kaum, was er sagte. Er umschloss mit beiden Händen das Medaillon
und drückte es sich an die Brust. Kastjas Hände fielen dumpf auf die
Tischoberfläche.
    „Sag es ein zweites Mal“,
bat er. „Sag es lauter.“
    „Ich verspreche, dass
ich König werde.“ Beinahe entglitt Rubens das Medaillon zwischen den Fingern.
Er hatte den Drang, sich zu übergeben. Warum, schrie es in ihm, dienst du ihm
noch immer, warum widersprichst du ihm nicht, warum …
    „Du wirst nicht sein, du bist , Rubens.“ Kastja hustete erneut,
so heftig nun, dass er polternd vom Stuhl fiel. Rubens sprang auf zittrigen
Beinen auf, schob den Tisch zur Seite und kniete sich zu Kastja hinunter.
    „Du wirst ein guter
König sein.“ Blut klebte ihm an der Rüstung. Rote
Flecken auf dem schwarzen Blech. Seine Augen waren blicklos, sahen nirgendwo
hin. „Geh gleich jetzt zu Liv und sag ihr, dass du der nächste
Sternenjägerkönig bist. Nur durch ihre Hand bist du ein wahrer

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