Mondschwingen (German Edition)
richtig informiert bin, weiß noch niemand von
unserem Aufbruch?“
„Zwei Spione haben die Küsten in der Nähe
beobachtet, vor allem die dunklen Grotten hinten am Ufer, wo die Schiffe der
Sternenjäger ankern. Niemand hat sich geregt. Niemand ahnt, dass wir schon
jetzt in den Krieg ziehen.“ Toiva schloss die Augen. „Dabei sehne ich eine
Seeschlacht herbei, erst ein einziges Mal hab ich es erlebt und träume selbst
jetzt noch manchmal davon. Mitten im Nichts, zwischen Himmel und Wasser,
zwischen Leben und Nichts.“ Sie schlug die Hände aneinander und seufzte.
„Beschreit es nicht, Eure Hoheit!“
Toiva winkte ab. „Was könnten die uns
anhaben bei einer Seeschlacht?“
„So einiges, befürchte ich. Es sei denn …“
Raff stockte und fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. „Es sei denn, wir
benutzen unsere eisernen Waffen.“
Natürlich. Daran hatte Toiva gar nicht mehr
gedacht. Die schrecklichen Kanonen an Bord, die ellenlange Löcher in
Schiffswände schießen konnten, gab es noch nicht lange. Es waren riesige,
stinkende Dinger und Toiva hasste sie, hasste sie sehr. Das hatte nichts mehr
mit Ehre zu tun. Es waren Bestien, die rülpsten und furzten.
Ein Krieger kam heran gerannt, verbeugte
sich und verkündete atemlos: „Alle Segel sind gesetzt, die Anker sind oben. Ich
schätze, Ihr habt nichts gegen den Beginn der Reise, Eure Hoheit?“
Toiva lachte. „Selbstverständlich nicht,
darum bin ich doch hier.“
Der junge Mann senkte den Kopf und stürmte
davon.
Sie zogen alle wieder in den Krieg,
gemeinsam, auf zwanzig Schiffen. Es ging um Leben und Tod, so oder so, und wenn
sie sich nicht beeilten, war es vielleicht sogar zu spät für Kampf und Krieg.
Aber daran dachte sie nicht, noch nicht.
Die Reise konnte beginnen.
RUBENS
und ein
leiser Abschied
Sie kehrten schweigend in die
Dunkelmondburg ein.
Niemand empfing sie, niemand kam ihnen
entgegen, nur ein rotgesichtiger, knollennasiger Spion, der sich ungelenk vor
Kastja verbeugte.
„Etwas
Wichtiges?“, brummte der Anführer.
Der Spion namens Verbold nickte, holte
schon Luft, als Kastja ihn unterbrach. „Nicht hier. Lass uns wo anders darüber
sprechen.“
Bisher hatte es Kastja nicht gestört, auf
offener Straße Botschaften zu empfangen, doch der Gedanke an die Maskierten
ließ ihn offensichtlich vorsichtiger werden. Aber war es nun dafür nicht
ohnehin zu spät? War nicht ohnehin schon alles aus dem Ruder gelaufen?
Rubens folgte Kastja und dem Spion ohne
einmal nachzudenken. Das machte er schon ewig, lief ihm hinterher, ging ihm
entgegen, hörte ihm zu … Rubens war der Verbündete und Kastja der König.
Vielleicht war es bald schon genau anders herum, obwohl er es gar nicht wollte.
„Sind
Verräter unter den Kriegern?“ Verbold schaute zurück, Kastja schob ihn weiter
und lief schneller.
„Es
sind Verräter auf unserer Burg. Viele, zu viele. Sie sind uns im Wald
aufgelauert und haben mich bedroht – in fünf Tagen muss ich eine wunderschöne
Frau töten, wenn es mir nicht gelingt … sterbe ich. Zudem haben sie auch von
Krieg gesprochen, ein wahrhaftiger Krieg, wenn man ihnen Glauben schenken
kann.“
„Verrätern kann man nie Glauben schenken.“
Verbold stieß eine krumme Tür am Ende der Gasse auf, Tücher waren hinter den
Fenstern gespannt, damit man nicht hereinschauen konnte. Rubens war selten im
Spionenversteck gewesen, er hatte sich dort selten wohlgefühlt.
„Ich hoffe, hier droht uns keine Gefahr.“
„Ist es wichtig? Sagt schon, ich will nicht
länger warten.“
Verbold bot ihnen Stühle an, doch der König
und sein Verbündeter blieben stehen und konnten nichts anderes tun als warten.
„Zwei Dinge, zwei überaus wichtige Dinge,
die ich Euch zu berichten habe.“ Verbold spielte mit dem Ring an seinem Finger,
mit dem rubinroten Siegel darauf, den er auf der Dunkelmondburg aufziehen
sollte, damit man ihn als Spion erkannte. „Zum einen handelt es sich um … diese wunderschöne Frau, von der Ihr wohl
erzähltet habt.“ Der Spion genoss den Moment, der gerade nur ihm galt. Der
König und sein Verbündeter in seinem Versteck und beide waren sie nur wegen ihm
da.
„Sie befindet sich in Kerkern. In unseren
Kerkern. Der Kerkermeister hat sie entdeckt, als er seine Runde gemacht hat. Sie
kann noch nicht lange dort sitzen.“
„Die Maskierten waren schneller als wir!
Wie konnten sie sie nur dorthin schleppen, ohne dass sie jemand gesehen hat,
nicht einmal die Wachen?“ Kastja
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