MondSilberLicht
Ich hab ein paar Noten mitgebracht. Lass uns schauen, welches Stück wir spielen wollen.“
Langsam ließ ich mich neben ihm ins Gras sinken.
Er spielte ein paar Lieder an, dass ich entscheiden konnte, welches ich lernen wollte. Es hätte mir auch nichts ausgemacht, ihm die ganze Zeit nur zuzuhören.
Gemeinsam suchten wir zwei Countrysongs aus, die ich gut fand. Geduldig zeigte er mir, welche Griffe ich brauchte, und dann spielten wir die Stücke zusammen.
„Pause“, sagte er nach einer Weile und holte aus seinem Rucksack zwei Flaschen Cola und zwei Schokoriegel.
„Du hast an ein Picknick gedacht.“
„Picknick ist übertrieben, aber du kannst es beim nächsten Mal besser machen.“
Ich biss in meinen Schokoriegel und dachte an das nächste Mal. Meine Kehle war trocken und hastig trank ich meine Cola. Seufzend ließ ich mich ins Gras fallen und aß meinen Schokoriegel auf.
„Nein, ich glaube nicht, dass es hier etwas Gefährliches geben kann“, sagte ich. „Es ist zu schön hier, zu friedlich.“
Calum, der neben mir gelegen hatte, rollte sich auf die Seite und sah mich eindringlich an.
„Darauf darfst du auf keinen Fall vertrauen, Emma. Auch wenn etwas schön aussieht, kann es trotzdem gefährlich sein. Die schönsten Dinge in der Natur sind die giftigsten.“
Erstaunt sah ich ihn an. Weshalb regte er sich auf? Verwundert schüttelte ich den Kopf. Seine Miene hatte sich verfinstert und verärgert rückte er ein Stück von mir ab.
Ich atmete langsam aus.
„Erzähl mir etwas von dir“, bat ich ihn und hoffte auf ein Lächeln.
„Über mich gibt es nichts Interessantes zu erzählen“, antwortete er ausweichend und setzte sich auf.
„Okay, dann werde ich dich fragen.“ Ich würde nicht locker lassen.
„Ich werde nicht auf alles antworten“, warnte er mich. Aber er lächelte, stellte ich erleichtert fest.
„Welche ist deine Lieblingsjahreszeit?“ Ich grinste.
Erstaunt blickte er mich an, antwortete dann doch ernsthaft. „Herbst.“
Ich zog missbilligend die Augenbrauen nach oben.
„Die Farben …“, begann er und ich verstand, was er meinte.
„Lieblingsfarbe?“
„Rot.“
„Viel zu grell“, wandte ich ein. Er runzelte die Stirn, so dass ich gleich weiterfragte.
„Lieblingsfilm?“
„Das ist schwierig … Herr der Ringe?“
Ich nickte zustimmend.
„Lieblingsspiel?“
„Basketball.“
„Lieblingsdessert?“
Er schmunzelte. „Tiramisu.“
Ich befragte ihn weiter. Es war schön, ihn so entspannt zu erleben.
„Stopp, stopp, das reicht für heute“, rief er nach einer viel zu kurzen Zeit.
Ich zog einen Schmollmund. „Ich hab noch ein paar Fragen.“
„Das kann ich mir denken, aber lass uns die Stücke noch einmal spielen. Ich hab einen ganz trockenen Mund und wir haben keine Cola mehr. Beim nächsten Mal müssen wir eindeutig mehr Proviant einstecken.“
Bei dem Gedanken, öfter mit ihm allein zu sein, beschleunigte sich mein Puls.
„Das war richtig gut für den Anfang“, sagte Calum nach einer Weile. „Aber ich glaube, wir sollten für heute Schluss machen, deine Familie fragt sich bestimmt, was ich mit dir angestellt habe.“ Er lächelte verschmitzt.
Erst da bemerkte ich, dass es deutlich dunkler war als vorhin. Das glitzernde Licht auf dem See war verschwunden und die Bäume wirkten bedrohlich.
Bedauernd sah ich ihn an.
„Ich habe keine Ahnung, wie spät es ist.“
Ich hätte noch Stunden mit ihm im Wald verbringen können. Schnell sah ich weg, damit er mir meinen Wunsch nicht von den Augen ablesen konnte.
„Hattest du so viel Zeit?“
„Es hat mir großen Spaß gemacht“, antwortete er lächelnd auf meine Frage und ich merkte, wie meine Wangen zu glühen begannen.
„Deshalb mag ich Rot“, sagte er unvermittelt.
Das Glühen verstärkte sich und ich musste seinem Blick ausweichen.
„Machen wir nächste Woche weiter?“ Seine Stimme klang lockend.
„Gern.“
Ich traute mich kaum aufzusehen und kramte meine Noten zusammen. Wir knieten im Gras, unsere Köpfe nur wenige Zentimeter voneinander entfernt.
Gemeinsam versuchten wir, unsere Blätter zu ordnen, und unbeabsichtigt berührte ich seine Hand. Da war es wieder. Ein elektrischer Impuls raste durch meinen Körper. Schnell zog ich meine Hand zurück und sah ihn an.
Er stand auf und ich fuhr erschrocken zurück.
„Wir sollten uns beeilen“, befahl er unwirsch.
Ich biss mir auf die Lippen. Still liefen wir nebeneinander her.
„Calum?“, fragte ich vorsichtig. So konnten wir unmöglich auseinandergehen. „Was ist
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