Mondspiel: Novelle (German Edition)
Haus geholt hatte.
»Glaubt er, dass mein Vater Vivian und diesen Mann, der bei ihr war, ermordet hat, wie es in der Zeitung stand?«
Jessica riss ihren Kopf herum und wollte aufbrausen, bis sie Taras gesenkten Kopf sah. Langsam stieß sie ihren Atem aus. Wie sollte Tara denn die Wahrheit über ihren Vater erfahren, wenn sie keine Fragen stellen durfte? »Schätzchen, du weißt doch, dass die meisten dieser Schundblätter nicht die Wahrheit schreiben, oder? Sie
sind sensationslüstern, sie bauschen Dinge auf, und sie drucken irreführende Schlagzeilen und Artikel, um die Aufmerksamkeit der Leute zu wecken. Als euer Vater auf dem Höhepunkt seiner Karriere war, war das nicht anders als heute. Die Klatschpresse hat sämtliche Tatsachen verdreht, damit es so aussah, als hätte Dillon eure Mutter mit einem anderen Mann im Bett ertappt. Sie haben es so hingestellt, als hätte er beide erschossen und dann sein eigenes Haus angezündet, um die Morde zu vertuschen. So war es aber nicht.« Jessica legte ihren Arm um Taras Schultern und drückte sie eng an sich. »Euer Vater wurde bei der Gerichtsverhandlung freigesprochen. Er hatte nichts mit den Schüssen oder dem Brand zu tun. Er war nicht mal im Haus, als all das passiert ist.«
»Was ist denn passiert, Jess?«, fragte Trevor und sah sie mit seinen stechenden blauen Augen fest an. »Warum wolltest du es uns nie erzählen?«
»Wir sind doch keine kleinen Kinder mehr«, sagte Tara, doch sie kuschelte sich noch enger an Jessica und suchte eindeutig Trost.
Jessica schüttelte den Kopf. »Es wäre mir lieber, wenn euer Vater euch von dieser Nacht erzählt, nicht ich.«
»Wir werden dir glauben, Jess«, sagte Trevor. »Du wirst nämlich knallrot, wenn du versuchst zu lügen. Unseren Vater kennen wir nicht. Paul kennen wir nicht. Mama Rita wollte kein Wort darüber sagen. Du weißt selbst, dass es an der Zeit ist, uns die Wahrheit zu sagen, wenn uns jemand Zeitungsartikel voller Lügen schickt und anruft, um uns am Telefon noch mehr Lügen zu erzählen.«
»Wir drei gehören zusammen, Jessie«, fügte Tara hinzu. »Wir drei waren schon immer zusammen. Wir sind eine Familie.Wir wollen, dass du es uns sagst.«
Jessica war stolz auf die Kinder, stolz darauf, wie sie versuchten, mit einer brenzligen Situation umzugehen. Und sie hörte die Liebe in ihren Stimmen, die sie von ganzem Herzen erwiderte. Sie waren keine kleinen Kinder mehr, und sie hatten Recht, sie hatten es verdient, die Wahrheit zu erfahren. Sie wusste nicht, ob Dillon sie ihnen jemals erzählen würde.
Jessica holte tief Atem, ehe sie begann. »In jener Nacht wurde im Haus eine Party gefeiert. Euer Vater war schon seit Monaten auf Welttournee, und Vivian hat oft ihre Freunde hierher eingeladen. Ich kannte sie nicht allzu gut.« Tatsächlich hatte Jessica Dillons Beziehung zu seiner Ehefrau nie verstanden. Vivian hatte die Zwillinge fast vom Moment ihrer Geburt an Rita überlassen, damit sie mit der Band auf Tour gehen konnte. In den ersten drei Lebensjahren der Kinder war sie so gut wie nie nach Hause gekommen. Und doch hatte sie das letzte Jahr ihres Lebens zu Hause verbracht, weil der Manager der Band aufgrund ihrer heftigen Stimmungsschwankungen und ihres psychotischen Verhaltens nicht bereit war, sie mitreisen zu lassen.
»Du sagst gar nichts mehr, Jessica«, spornte Trevor sie an. »Vivian hat zu viel getrunken und rauschende Partys gefeiert. Euer Vater wusste, dass sie trank, aber sie hat ihm gedroht. Sie sagte, sie würde ihn verlassen, euch mitnehmen und eine einstweilige Verfügung erwirken, damit er euch nicht sehen kann. Sie kannte Leute, die für Geld gegen Dillon ausgesagt hätten. Er war oft auf Tour, und Bands haben immer einen gewissen Ruf, vor allem die erfolgreichen.«
»Du willst damit sagen, er hatte Angst, es auf ein Gerichtsverfahren ankommen zu lassen«, fasste Trevor zusammen.
Jessica lächelte ihn an. »Genau. Er befürchtete, das Gericht würde euch in Vivians Obhut geben, und hätte er das Sorgerecht nicht zugesprochen bekommen, hätte er keinen Einfluss mehr darauf gehabt, was aus euch wird. Er hoffte, sie ihn die Schranken weisen zu können, wenn er bei ihr bleibt. Eine Zeit lang hat das auch geklappt.« Vivian wollte nicht zu Hause sein, sie zog das Nachtleben und die Clubs in den Städten vor. Erst während des letzten Jahres, als die Zwillinge fünf waren, war Vivian nach Hause zurückgekehrt, weil sie den Schein nicht länger wahren konnte.
»Was war in dieser Nacht,
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