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Mondsplitter

Mondsplitter

Titel: Mondsplitter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack McDevitt
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an Bord bist.« Tory verschränkte die Arme. »Windy, das mit Abstand größte astronomische Ereignis der Menschheitsgeschichte steht uns bevor, und du verlangst, daß ich meinen Posten verlasse!«
    »Ich möchte es noch mal versuchen, Tory: Es ist nicht mein Befehl.«
    »Egal wessen! Ich habe aber nicht vor, um fünf nach halb elf in einer Wolkenbank zu sitzen und mich zu fragen, was eigentlich vorgeht. Verstehst du? Ich mache da nicht mit!«
    »Du hast keine Wahl.«
    »Wann ist es dazu gekommen?«
    »Sieh mal, Tory, was denkst du, warum diese Anlage evakuiert wird? Hier ist es in den nächsten Tagen nicht sicher. Um Gottes willen, nimm dein Flugzeug und sieh dir alles von dort aus an. Was ist daran so schlimm?«
    »Windy, bitte. Ich möchte heute abend hier sein. Du schuldest es mir.«
    »Ich schulde dir überhaupt nichts, Tory.«
    »Doch, tust du. Ich habe hier oben zwei Jahre hart gearbeitet und nie um etwas gebeten. Heute bitte ich darum …«
    »Du hörst mir einfach nicht zu! Falls die Entscheidung bei mir läge, wäre es kein Problem. Aber so ist es nun mal nicht.«
    Die Evakuierung von Skyport lief schon den ganzen Tag. Die Station sollte allerdings nicht komplett abgeschaltet werden wie L1. Sogenanntes unverzichtbares Betriebspersonal blieb an Bord, hielt die Station am Laufen und fertigte die restlichen einstufigen Raumfähren ab, die noch von der Mondbasis unterwegs waren.
    »Wie wäre es, wenn du ihnen sagst, daß du Hilfe brauchst?«
    »Tory, die Diskussion ist beendet.«
    »Du brauchst nämlich welche, weißt du? Hier läuft in den nächsten paar Tagen die meiste Action. Sieht das denn niemand ein?« Vom Orbitallabor aus wurden sechs Satellitenteleskope gesteuert, ebenso das automatische Observatorium auf der Rückseite des Mondes. Das Observatorium würde bombardiert werden. Die restlichen Teleskope bildeten dann jedoch das Frühwarnsystem für große Trümmerstücke, die, sagen wir mal, Richtung Atlanta unterwegs waren. »Die Lage hier wird heikel, wenn die Felsbrocken ankommen. Und du sitzt dann ganz allein hier.«
    Winfield Cross war Karrieremann vom Smithsonian-Institut, nominell ein Superstring-Spezialist, in Wirklichkeit jedoch eher Bürokrat als Astronom. Er hatte zum richtigen Zeitpunkt zum richtigen Boß gehalten und war mit einem Spitzenjob belohnt worden. Er war okay und kam für gewöhnlich niemandem in die Quere, so daß die Techniker ihre Arbeit tun konnten. Er verlangte dabei nicht mehr, als daß sie ihm keine Schwierigkeiten machten. Er war jedoch nicht der Mann, der sich für andere schlug. »Ich stimme allem zu, was du sagst, Tory. Aber es spielt wirklich keine Rolle. Man verlangt, daß du abfliegst.«
    Er wandte sich von ihr ab.
    »Ganz im Vertrauen …« sagte sie.
    »Es gibt hier kein ganz im Vertrauen.«
    »Ganz im Vertrauen: Was würde passieren, wenn ich zur Startzeit nicht auftauche?«
    »Es würde dir recht geschehen, wenn man deinen dummen Arsch zum Trocknen aufhinge. Aber ich sage dir eins: Ich bin für die Sicherheit meiner Leute verantwortlich. Du wirst zur Startzeit am Flugsteig auftauchen, oder du mußt mit disziplinarischen Maßnahmen rechnen.«
    »Windy, denkst du nicht, daß du ein bißchen übertrieben reagierst?«
    »Nein, denke ich nicht. Du bist nicht die erste Person, die ich heute hier sitzen habe und die mir mit solchen Sachen kommt. Ich trage den Vorfall ein, und ich warne dich: Mach mir keine Schwierigkeiten!«
    Tory liebte ihren Job und wollte ihre Karriere nicht gefährden. Darüber hinaus war sie von Natur aus nachgiebig. Ihr ganzes Leben lang respektierte sie schon Autorität (natürlich innerhalb vernünftiger Grenzen); sie versuchte, sich aus Schwierigkeiten herauszuhalten, und war ein guter Soldat. Also überlegte sie sich ihre Antwort sehr gründlich. »Nein«, sagte sie.
    »Verzeihung?«
    »Ich fliege nicht nach Hause. Zumindest nicht heute abend.«
    Windy setzte die Brille ab und legte sie auf den Schreibtisch. »Ich kann dich an Bord bringen lassen.«
    »Warum läßt du es nicht auf sich beruhen? Wenn du mich danach feuern möchtest, kannst du es tun. Ich werde jedem sagen, daß dieses Gespräch nie stattgefunden hat, daß du unmöglich von meinem Entschluß wissen konntest, hier zurückzubleiben. Windy, so etwas hat es in der ganzen Geschichte unserer Lebensform noch nie gegeben! Ich werde heute abend nicht in der vorderen Kabine einer Raumfähre sitzen und mir eingespielte Bilder vom Geschehen ansehen.«
     
    FRANK CRANDALLS

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