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Mondstahl - Die Schlucht (German Edition)

Mondstahl - Die Schlucht (German Edition)

Titel: Mondstahl - Die Schlucht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fabian Kaiser
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vorbei.“
     
    Parus bereute ein wenig, dass er nachgehakt hatte, kaufte sich jedoch eine Tüte der Teigtaschen. Er wollte sich gerade umdrehen und gehen, da sprach ihn der Verkäufer erneut an.
     
    „Haben Sie vielleicht Interesse an Elarons Wanderwein? Eine weitere Köstlichkeit, die Sie nur in dieser Gegend finden werden.“
     
    Parus rümpfte die Nase. Als er sich umsah, bemerkte er, dass die Leute überall von Verkäufern bedrängt wurden. Er hatte das unangenehme Gefühl, dass diese Unterhaltung noch lange nicht vorbei war. Um sie möglichst schnell zu beenden, fragte er:
     
    „Was ist Wanderwein? Der Wein für den Wandersmann?“
     
    Der alte Feilscher setzte einen verschwörerischen Blick auf und lachte seltsam auf. Er beugte sich vor, als wolle er Parus in ein privates Geheimnis einweihen. Eindeutig eine seiner Maschen.
     
    „Ha, du naiver Bursche. Wanderwein ist viel erlesener, ein wahrer Nektar.“
     
    Der Verkäufer sah sich theatralisch um.
     
    „Es ist ein Wein, der aus lebenden Weinpflanzen gewonnen wird. Er ist nicht billig, aber von einem Geschmack, wie man ihn selten findet.“
     
    Parus dachte an seine Mutter, die immer gesagt hatte, alle Pflanzen wären Lebewesen. Er entgegnete wenig beeindruckt:
     
    „Wo ist dabei der Mythos?“
     
    Der Händler schien erbost darüber zu sein, dass Parus sein Spiel nicht mitspielte. Er lehnte sich wieder zurück und sprach mit seiner gewöhnlichen Stimme.
     
    „Die Reben sind eigenständige Lebewesen, die den ganzen Sommer über auf Wanderschaft gehen und die Strahlen der Sonne in sich aufnehmen. Einige kommen nicht wieder, aber wenn es Zeit wird, den Wein zu keltern, kommen die meisten nach Hause wie fromme Schafe.“
     
    Parus wollte gerade etwas erwidern, da marschierte auf einmal eine Weinstaude an ihm vorbei. Sie wankte hin und her, mit Wurzeln als Füßen. Parus nickte verwundert. Eine herumspazierende Weinstaude, das war zu viel. Das Gewächs lief einmal um den Stand herum und verharrte schließlich an der Seite des Verkäufers. Dieser sah Parus mit erwartungsvollem Blick an.
     
    Mit einem kurzen Gruß verabschiedete er sich und machte sich auf die Suche nach Galenis. Hinter seinem Rücken schlug der Händler mit der flachen Hand auf den Tresen. Nach einer Weile fand Parus seinen Begleiter und zu zweit gingen sie weiter, vorbei an alten Friedhöfen, einer verkommenen Kaserne, dem Ratsgebäude im Osten des Marktes und einigen weiteren hervorstechenden Gebäuden. Der Nachmittag war zwar schon vorangeschritten, doch es würde noch einige Stunden hell sein. So konnten die beiden auf ihrem Weg zum Tor der Schlucht noch einmal die Baukunst und die Kultur der Stadt betrachten. Allerdings wurden diese beiden Aspekte immer unbedeutender, je weiter sie voranschritten. Der Grund dafür war das Elendsviertel der Stadt, das sie nun betraten. Die Häuser waren kaum mehr als Hütten, teilweise aus Holzresten und anderem Unrat gebaut, schief, mit Löchern in den Dächern. Die meisten von ihnen waren mit Schimmel und Moos bewachsen. Aus manchen dieser Behausungen ragten kleine, krumm geschlagene Nägel hervor. Der Hauptbestandteil dieser Hütten war wohl alter Schreinereiabfall oder Bauschutt aus den anderen Bezirken. Es waren kaum Menschen zu sehen, abgesehen von einigen dürren Kindern, die die beiden aus der Ferne beobachteten.
     
    „Die Kehrseite der Münze.“
     
    Galenis winkte den Kindern subtil zu, dann brach er ein Stück vom Maisbrot ab und legte es auf den Boden. Dann ging er wortlos weiter.
     
    Das Bild um die beiden herum änderte sich kaum, bis schließlich die nördliche Palisade in Sichtweite kam. Die Rückseite der Stadt und der Zugang in die Schlucht waren nicht durch eine Mauer, sondern durch einen Ring aus angespitzten Baumstämmen gesichert. Ein kleines, mit Lehm errichtetes Wachhaus, auf dessen Dach die blaue Flagge der Stadtväter prangte, stand vor dem grob gezimmerten, mindestens zehn Meter breiten und vier Meter hohen Tor. Zwei Wachmänner, mit schäbig aussehenden Rüstungen, aber eindrucksvollen Hellebarden, standen stramm davor. Galenis näherte sich ihnen behutsam.
     
    „Was ist euer Begehr?“, sprach ein sehr junger Wächter.
     
    Seine fast perfekt weißen Zähne passten nicht zu seinen aufgerissenen Lippen und der verdreckten Uniformbluse.
     
    „Wir wollen ins Tal der Tausend Tode“, antwortete Galenis.
     
    Die andere Wache, ein großer Kerl mit wulstigem Bauch, fasste sich an den Kopf und

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