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Mondtaenzerin

Mondtaenzerin

Titel: Mondtaenzerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederica de Cesco
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Nachmittag wieder anrufen wollte? Ich verbrachte ein paar schreckliche Stunden. Vor lauter Qual hatte ich Halsschmerzen. Mutter kam wieder nach Hause und kümmerte sich um das Essen. Sie merkte, dass mir elend zumute war, deutete meine Verzweiflung falsch und hatte Mitleid mit mir.
    »Alessa, du darfst dich nicht so aufregen. Komm, nimm etwas Minestra. Du hast ja seit heute Morgen nichts im Magen. Wir warten jetzt ein oder zwei Tage. Kommt das Portemonnaie nicht zum Vorschein, lasse ich neue Papiere machen. Das ist unerfreulich, aber nicht tragisch. Du brauchst deswegen nicht zu hungern.«
    Mutters gütige Stimme erreichte mich wie hinter einem Vorhang. Ich hätte ihr so gerne mein Herz ausgeschüttet, sie um Hilfe gebeten. Aber das war ganz und gar unmöglich. Sie wusste ja nicht, dass ich mich heimlich mit Giovanni traf. Und wie hätte ich ihr diese schreckliche Sache erklären können?
    Inzwischen stellte Mutter Tomatensalat auf den Tisch. Die Tomaten waren noch warm, Mutter hatte sie gerade aus dem Gemüseladen mitgebracht. Ich aß ein wenig davon. Gerade begann ich mich besser zu fühlen, als es klingelte. Und als Mutter öffnete, standen zwei Polizisten vor ihr. Ich konnte sie vom Wohnzimmer aus durch die offene Tür sehen, und sie sahen mich auch.
    »Oh, Kommissar Ellison!«, rief Mutter, erleichtert und erfreut. »Haben Sie mein Portemonnaie gefunden?«
    Kommissar Ellison, ein guter Bekannter meines Vaters,
erwiderte höflich, nein, der Geldbeutel sei noch nicht zum Vorschein gekommen. Es ginge um etwas ganz anderes, sagte er und trat langsam durch die Diele ins Esszimmer. »Wir sind gekommen, um dieser jungen Dame einige Fragen zu stellen.«

23. Kapitel
    M utter sah mich an, und ihr Gesicht wurde starr. »Alessa! Was hast du denn angestellt?«
    Ich saß wie angewurzelt vor meinem Teller, die Gabel noch in der Hand. Die Polizisten kamen näher, im Gegenlicht, ich sah sie nur als Umrisse, als Schatten. Ich blinzelte, legte meine Gabel auf den Tisch, erhob mich mit mächtiger Anstrengung und grüßte, wobei mir gleichzeitig in den Sinn kam, dass ich Mutters Frage nicht beantwortet hatte.
    »Nichts …«, stammelte ich. »Wirklich nichts!«
    »Das glauben wir eigentlich auch.« Kommissar Ellison lächelte gütig, wenn auch etwas verlegen. »Aber vielleicht kannst du uns weiterhelfen.« Er kannte uns natürlich – in Valletta kannten sich alle –, hatte er doch mit Vater die Schule besucht. Beide trafen sich gelegentlich, verzogen sich in eine Bar und sprachen über Politik. Kommissar Ellison war ein typischer Malteser, breitschultrig und stattlich, mit einem großen Kopf und hoher Stirn. Seine Augen waren freundlich, sein Benehmen untadelig. Er hatte natürlich bemerkt, dass ich nicht mehr das Kind war, das er von früher her kannte. Er wusste offenbar noch nicht recht, wie er mit mir umgehen sollte, und stellte zunächst seinen Begleiter vor: Mateo Goyen, Polizeianwärter.
    »Ich bringe ihm das Handwerk bei. Kollege Goyen lernt schnell.« Ellison zeigte ein verbindliches Lächeln. »In ein paar Jahren wird er besser sein als ich!«
    Der junge Mann lächelte auch, allerdings nur mit den Zähnen.
Kleingewachsene, magere junge Männer mochte ich schon damals nicht. Sie haben etwas beflissen Ehrgeiziges an sich, das schnell in Hysterie umschlägt. Ich lächelte verkrampft zurück, der ganze Kiefer tat mir weh. Inzwischen bot Mutter den Besuchern Stühle an, fragte, ob sie Kaffee wollten. Keinen Kaffee, nein. Ein Glas Wasser vielleicht? Ich setzte mich auch, stumm und steif, ihnen gegenüber. Dem Polizeianwärter Goyen misstraute ich sehr. Seine Augen waren ständig in Bewegung, als ob er sich jede Einzelheit im Haus einprägen wollte. Inzwischen kam Mutter mit einer Karaffe zurück und füllte zwei Gläser. Beide Männer bedankten sich, und Ellison nahm einen langen Schluck, bevor er mit einem Räuspern das Gespräch eröffnete.
    »Die Angelegenheit betrifft den Schüler Giovanni Russo, der bisher bei seinem Onkel Don Antonino wohnte und sich auf die Prüfung für das Priesterseminar vorbereitete.«
    Er sah mich freundlich an.
    »Alessa, du kennst ihn doch? Was kannst du uns über ihn sagen?«
    Ich legte meine Hände zwischen die Knie, um sie ruhig zu halten.
    »Wir gehen in die gleiche Klasse. Er ist jünger als ich… aber er konnte eine Klasse überspringen.«
    Ellison schien erstaunt.
    »Dann ist er also ein guter Schüler?«
    »Er ist Klassenbester«, sagte ich lebhaft und mit einer Regung von

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