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Mondtaenzerin

Mondtaenzerin

Titel: Mondtaenzerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederica de Cesco
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runde Tisch stand im Schatten der Olivenbäume. Es liegt an dem Ort, dachte ich. Alles schien hier so leicht zu sein, ganz ohne Schwere, wie über den Wolken. Der Brunnen plätscherte, wir blickten über den Rand auf die schimmernden Gestalten der Karpfen, die, als Fra Beato zu uns trat, sich aus den Tiefen emporhoben.
    »Wie groß sie geworden sind!«, sagte Peter.
    »Sie haben ihre volle Größe erreicht«, sagte Fra Beato. »Eine Zeit lang habe ich mich gefragt, ob sie glücklich sind in diesem Becken. Karpfen brauchen Platz. Aber schließlich ließ sich das Problem lösen, indem ich den Wasserspiegel anheben
ließ. So konnte eine beachtliche Wassermenge gewonnen werden, und offenbar fühlen sich die Tiere hier wohl.«
    Er warf ihnen aus der kleinen Tüte ein paar Krümel Nahrung zu. Die Fische drehten sich anmutig und tauchten, kamen mit offenen Mäulern wieder empor, ein wunderbares Schauspiel, an dem wir uns nicht erfreuen konnten. Fra Beato merkte, dass wir nicht bei der Sache waren.
    »Setzt euch!«, sagte er.
    Auf dem Tisch standen drei Gläser, eine Schale voller Waffeln und eine große Colaflasche.
    »Junge Leute bevorzugen Cola, ja? Nun, da mache ich mit.«
    Er goss die Cola für uns ein, während wir steif auf den Stühlen Platz nahmen. Dann setzte er sich in den Schatten, betrachtete uns, und seine Augen blickten scharf und nachdenklich.
    »Nun, Kinder, dann erzählt mal!«, meinte er sanft, als wir beharrlich schwiegen. »Ihr seid ja nicht nur gekommen, um meine schönen Karpfen zu bewundern. Offenbar ist etwas mit Giovanni, habe ich das richtig verstanden?«
    Wir tauschten einen verzweifelten Blick. Ich sagte kläglich:
    »Es ist etwas sehr, sehr Schlimmes. Mit den Eltern können wir nicht darüber reden.«
    Er hob fragend die Brauen.
    »So schlimm, wirklich?«
    Aus seiner Stimme klang ein leiser Spott, doch nichts, was uns Bange machte. Er spürte unsere Verlassenheit, das Zerbrechen der Schale, die unser Vertrauen und unsere Liebe hütete. Wir erlebten einen Kummer, trugen in uns eine gewaltige Last, zu schwer und zu hart, um von uns allein getragen zu werden. Er wartete schweigend, während Peter sich unruhig bewegte, mir einen hilflosen Blick zuwarf. Er hatte bisher viel getan, fast alles; jetzt holte ihn die Schüchternheit wieder ein. Ich spürte, dass ich es war, die reden musste. Denn schließlich hatte Giovanni mich, nicht Peter, ins Vertrauen gezogen.
Aber es ging über meine Kräfte, die Wahrheit war zu dunkel, zu schrecklich. »Alessa weint nie, außer im Zorn« – wie oft hatte Mutter das gesagt! Doch jetzt stieg es mir warm in der Kehle hoch. Das erste Aufschluchzen war so schwer, dass es fast einem Röcheln glich. Weitere Schluchzer folgten, leichtere. Zuerst tat es mir überall weh, dann aber fühlte ich, wie der schwere Klumpen in mir sich löste. Ich weinte, wie ich seit Langem nicht mehr geweint hatte, meine Tränen machten mich ganz klamm, und meine Nase lief. Ich wischte mir mit dem Handrücken über das Gesicht, bis Fra Beato mitfühlend sagte: »Komm, Kind, nimm dieses!«
    Ich tastete blindlings nach dem Taschentuch, das er mir reichte. Es war sein eigenes, schön gefaltet, das sauber duftete. Ich trocknete mir die Tränen, putzte mir die Nase. Ich kam mir scheußlich vor.
    »Trink etwas Cola«, sagte Fra Beato. »Aber langsam, dass du dich nicht verschluckst.«
    Ich tastete nach dem Glas, führte es zum Mund. Das kühle Getränk tat mir wohl. Ich kam wieder zu mir. Ach, Alessa, was für ein Feigling du doch bist! Und dann, bevor ich daran denken konnte, meine Worte sorgfältig zu wählen, sprudelte alles aus mir heraus, der Zorn und der Schmerz, den ich vor den Eltern verbergen musste. Keuchend redete ich, es war, als ob sich mir mit jedem Atemholen ein Zähneklappern entrang. Die Angst von vielen Wochen, von Giovanni verzweifelt ausgesprochen; das niederschmetternde Unverständnis, die bittere Anklage. Für nichts anderes in mir schien Raum zu sein, außer für diesen Schmerz und diese Scham. So wirr, so unzusammenhängend hatte ich gesprochen, dass ich zunächst dachte, er könnte meinen Worten nichts entnehmen. Ich meinte, dass ich wohl nicht die Kraft haben würde, wirklich alles zu sagen; ich hoffte, dass Peter mir helfen konnte. Aber Peter saß da, völlig in sich zusammengesunken, wie erstarrt. Und als ich endlich – endlich wagte, den Blick zu Fra
Beato zu heben, sah ich mich für alle Schmerzen, Schrecken und Mühen belohnt – weit über meine Erwartung. Ich blickte

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