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Mondtaenzerin

Mondtaenzerin

Titel: Mondtaenzerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederica de Cesco
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wimmerte etwas Unverständliches. Dann legte sie die Finger flach auf die geschlossenen Augen. Sie wechselte oft die Stimmung, das wussten wir ja. Eine Weile stand sie ganz still da, bevor ein großer Seufzer kam und sie langsam den Kopf bewegte, als wäre sein Gewicht für ihren dünnen Hals zu schwer zu tragen. Und alles, was sie sagte, war:
    »Du wirst schon herausfinden, dass du die Puppe behalten musst.«

    Wie konnte später das alles geschehen?, habe ich mich oft gefragt. Durch die Umstände, gewiss. Schicksal. Es löste bei allen eine ungewöhnliche Reaktion aus. Dazwischen blieb kein Spielraum. Und heute – Jahre danach – frage ich mich, ob Giovanni tatsächlich ein Verbot missachtet hatte, ob seitdem für ihn der Weg im Dunkel der Zukunft, unter den kreisenden Sternen, schon vorgezeichnet gewesen war.

7. Kapitel
    N och war für uns die Welt voller Zeichen und Wunder, ohne die Deformation durch die Vernunft. Wir konnten diese Wunder nicht deuten, wir spürten sie nur, auf unbegreifliche Weise auch in den Grabkammern – ja, ganz besonders in den Grabkammern –, und Angst hatten wir nie. Vivi war wieder zu sich gekommen, wir suchten den Ausgang, gingen zunächst im Kreis, bis wir die richtigen Leitern fanden, die aufwärts führten. Dass wir uns zunächst verirrten, machte das Spiel nur noch interessanter! Als wir endlich draußen waren, die Tür zuzogen und den Draht befestigten, waren wir erregt, erhitzt und glücklich. Aber es dunkelte bereits. Peter, Vivi und ich mussten nach Hause. Giovanni sagte, er nicht, nein. Leute kamen und gingen, Fahrräder klingelten, Autos fuhren haarscharf an uns vorbei, wir beachteten es nicht, waren nur mit uns selbst beschäftigt. Giovanni wollte die Figur auf keinen Fall behalten. Er kam immer wieder auf seine Brüder zu sprechen, ganz mechanisch, wie auf ein Ergebnis angstvoll und wiederholt konzentrierten Denkens.
    »Ihr wisst nicht … wer meine Brüder sind?«
    Er nannte ihre Namen: Mario, Filippo, Enrico. Vivi und Peter schüttelten den Kopf. Nie gehört, diese Namen. Ich entsann mich, dass Giovanni, als wir uns zum ersten Mal getroffen hatten, mit Furcht in der Stimme von seinen Brüdern gesprochen hatte. Was diese genau machten, war mir nicht klar. Schlimme Sachen jedenfalls. »Sie sind wirklich böse«, sagte Giovanni. »Sie stehlen, was sie finden. Manchmal brechen sie sogar ein,
holen sich teure Sachen und verkaufen sie dann an Leute, die sich das leisten können. Onkel Antonino sagt, dass sie in die Hölle kommen. Er versucht oft mit ihnen zu sprechen, aber meine Brüder lachen ihn aus, erzählen unanständige Sachen. Sogar mein Vater sagt, dass sie Scheusale sind.«
    Giovanni sprach, als ob ihm ein Kloß im Hals saß, der zu groß war, als dass er ihn hätte schlucken können. Wir balancierten unschlüssig am Rinnstein. Die Brüder waren uns nicht geheuer. Wenn Giovanni von ihnen sprach, wurde er ganz nervös. Aber wohin mit der Figur? In ein Museum? Peter sagte, dass die alten Dinge dort in Glaskästen lägen, damit keiner sie anfassen oder wegnehmen konnte.
    »Ich war nur einmal im Museum«, sagte ich. »Mit meinen Eltern. Das fand ich spießig.«
    »Ich schon dreimal«, sagte Giovanni.
    Er hielt die heilige Puppe an die Brust gepresst wie ein Kind sein liebstes Spielzeug. Die Figur war abgerundet und sanft, einer nistenden Taube gleich. Kinder spüren Dinge, die sie nicht in Worte kleiden können. Ich ahnte, dass der Tod mit dem Schlaf gleichgesetzt wurde, dass diese Figur es darstellte. Die Schlafende mit ihrem entrückten Gesicht, ihrer entblößten Brust, ihrer schönen Rückenlinie und den zierlichen Füßen war so vollkommen in ihrer ruhenden Schönheit. Was sagte uns die heilige Puppe? Dass auch der Tod nur ein Traum war? Aber wem galt die Botschaft? Giovanni oder mir?
    Inzwischen sprach Giovanni hastig weiter, zeigte zum ersten Mal eine heftige, leidenschaftliche Beredsamkeit, für die – wie ich später erfahren sollte – seine Familie bekannt war.
    »Onkel Antonino wollte, dass ich mir alte Gemälde ansah. Der heilige Sebastian, die heilige Agnes, der heilige Petrus. Alle großen Meister, sagte Onkel Antonino, hätten zu Gottes Ehren gemalt. Und zu jedem Bild hatte er eine Geschichte zu erzählen. Es war im Grunde immer dieselbe: Die Heiligen wollten ihren Glauben nicht aufgeben und mussten auf brutale
Art sterben. Und zuerst quälte man sie lange, sehr lange. Aber ich sollte mich nicht fürchten, sagte Onkel Antonino, sondern mir ein Beispiel

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