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Mondtaenzerin

Mondtaenzerin

Titel: Mondtaenzerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederica de Cesco
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niemals ein Priester werden würde. Ich wurde immer verwirrter und wollte begreifen.
    »Für dich stimmt also das, was dein Bruder gesagt hat.«
    Giovanni sah mit einem Ruck zu mir empor.
    »Alessa, hör zu: Filippo hasst es, wenn er zu irgendetwas gezwungen wird. Er tut nur das, was er will, das war schon immer so. Und jetzt musste er vor Gericht lügen. Weil Vater ihn gegen seinen Willen dazu gezwungen hat. Und weil er deswegen stinksauer wurde, rächte er sich, indem er mir die ganze Wahrheit auftischte. So einfach ist das mit dem Filippo, ich kenne ihn doch!«
    Dass Giovanni übermäßig litt, konnte er nicht mehr für sich behalten. Ihm war auch gesagt worden, es sei schändlich für einen Jungen zu weinen, und zuerst schmerzte es ihn, als es durchbrach. Dann aber beruhigte er sich, ich hielt ihn fest und streichelte ihn, alle Spannung, aller Schmerz wurden allmählich gelockert. Meine Zärtlichkeit ließ ihn spüren, dass er nicht einsam war, dass ich mit ihm die Last seiner Verzweiflung tragen konnte. Doch wir waren beide vierzehn Jahre alt, gesund, kräftig, von forderndem Blut erfüllt. Jeder spürte das Wesen des anderen; als die Liebe über uns kam, war es, als ob ein Damm brach. Wir hatten diese Dinge schon getan, aber es war das erste Mal, dass Giovanni mich wie ein Mann liebte, fordernd, behutsam, im vollen Bewusstsein seiner jugendlichen Stärke. Ich hatte das Bedürfnis nach Worten vergessen, und er vergaß das Bedürfnis nach Tränen; man sagt nicht umsonst, die Liebe sei eine heilende Kraft. Und wie unsere Körper, ohne zu fragen, die Bedürfnisse des anderen kannten, so war es auch mit unseren Seelen. Nie ist die Liebe aufrichtiger, als wenn sie nicht nur aus Begierde, sondern auch aus dem Schmerz erwächst – sofern Jugendliche eine Ahnung davon haben. Die Höhle war grün bestrahlt, und die uralte Spirale
umschloss uns in ihren Ringen. Jeder Atemzug versenkte uns tiefer in eine Umarmung, die so ganz anders war als unser unbeholfenes, neugieriges Vortasten von einst. Wir waren zwei junge Menschen, die sich in vollem Bewusstsein liebten. Keine Kinder mehr, sondern Erwachsene. Giovannis Finger waren immer kühl, selbst an heißen Sommertagen. Er streichelte mein nasses Gesicht, seine Finger glitten über die Augenhöhlen, die Nase, die Lippen, das Kinn. Er schämte sich auch nicht mehr, mir dabei in die Augen zu schauen. Auch sein Gesicht hatte das Unentschlossene der Kindheit verloren; es war schon das Gesicht des Mannes, der er im Begriff war zu werden. Seine dunklen Pupillen waren groß, ungezähmt, sahen einen nicht gerade an, sondern immer ein wenig von der Seite. Sie waren von langen Wimpern überschattet, die sich außergewöhnlich stark wölbten, sobald er die Lider senkte. Von diesem Blick, zusammen mit der klaren, weich gezogenen Linie seines Profils, den aufgeworfenen Lippen über den starken weißen Zähnen ging ein unwiderstehlicher Reiz aus. Es war, aber so dachte ich erst nachträglich, als ob in diesem Profil die Schöpfung sich an jene Zeiten erinnerte, in denen die Menschen noch Götter waren, rein, unschuldig, vollkommen. Ich nahm die Verwandlung wahr, mir schien, sie sei jetzt gerade geschehen, von einem Atemzug zum nächsten. Ich knetete unter meiner Hand seine blanke Schulterkugel, den muskulösen Oberarm. Giovanni war nicht sehr groß – er würde erst später wachsen und zu diesem Zeitpunkt waren wir beide gleich groß. Ich wollte ihn immer nur liebkosen, in seinen lebendigen Körper eindringen, mit diesem reinen Hauch, der von ihm ausströmte, dem starken Duft von weicher, gesunder Haut. Er streichelte meine Brüste, streichelte sie mit solcher Hingabe und solchem Glück, dass ich das Gefühl hatte, die Brüste lebten ein eigenständiges Leben, wie zwei warme Tauben, die ich trug; er sagte leise, dass ich schön sei, schön wie eine Brunnenfigur. Und während er das sagte, spürte ich das
heftige Ziehen, das die Warzen hart werden ließ. Ich hatte es schon früher gespürt, ohne jemals zu wissen, was es denn eigentlich bedeutete. Mein Leben lang würde ich mich an diesen Augenblick erinnern, als ich Giovanni zitternd umklammerte, seinen Rücken streichelte, der schon so kräftig war, seine langen Schenkel. Und als er sich auf mich legte und in mich eindrang, spürte ich, wie das Leben an uns vorbeizog, langsam, aber beständig, so wie die Körnchen in die enge Öffnung einer Sanduhr fallen, stets im gleichen Rhythmus, nie langsamer, nie schneller. Wir waren im Fließenden,

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