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Moni träumt vom großen Glück

Moni träumt vom großen Glück

Titel: Moni träumt vom großen Glück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berte Bratt
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Wir werden es ihm erzählen, und ich erzähle ihm auch von deinen Bedenken. Er kann uns vielleicht raten.“
    Gleich nach Schulschluß fuhren wir los. Melittas Vater hörte uns ruhig an und hatte gleich die Lösung. Er fragte mich, ob ich wüßte, wo Walter arbeitete. Das wußte ich ganz genau. Er arbeitete im Büro des großen neuen Selbstbedienungsladens in der Königstraße. An diese Adresse wurde ein Brief geschickt, worin Melitta Walter aufforderte, sofort seiner Versicherung den Schaden zu melden und das Ganze auf dem üblichen Wege zu erledigen. Sie würde dann davon absehen, die Polizei zu benachrichtigen.
    Die nächsten zwei Tage radelte ich zur Schule, während Melittas Rotkäppchen in der Werkstatt war. Sie erzählte mir, daß die Sache schon in Ordnung kommen würde. Die Versicherungsgesellschaft hätte von sich hören lassen und hätte den Schaden übernommen. Aber diese Geschichte war bestimmt nicht dazu geeignet, das Verhältnis zwischen uns und Juttas Familie besser zu machen. Ob Jutta überhaupt etwas darüber erfahren hatte, wußte ich nicht; aber es fiel mir auf, daß sie in dieser Zeit ganz besonders schweigsam war und uns oft mit forschenden Augen fragend ansah. Ich gab mir sehr viel Mühe, ihr gegenüber freundlich und unbefangen zu sein, als ob nichts gewesen wäre.
    Nur Mutti hatte ich die Geschichte erzählt, und ich fragte:
    „Mutti, kannst du eigentlich begreifen, wie der Junge so geworden ist? Seine Mutter ist entzückend; Jutta ist im Grunde ihres Wesens ein nettes Mädchen. Wie ist nur der Bruder so scheußlich geraten?“
    Mutti dachte nach, dann sagte sie langsam:
    „Ich könnte mir eine Erklärung denken, Moni. Wir wissen ja, daß Branders es schwer gehabt haben. Ich glaube schon, daß die Kinder auf sehr vieles verzichten mußten und noch müssen, was für andere Kinder und Jugendliche selbstverständlich ist. So etwas wirkt sich aus auf vielerlei Weise. Jutta ist schweigsam geworden, wie du sagst, und Walter ist vorlaut geworden. Vielleicht ist es eine Bitterkeit bei ihm, die sich so geltend macht. Man kann es nicht wissen, aber das wäre vielleicht eine mögliche Erklärung. Weißt du, jeder Mensch hat doch in seinem Herzen irgendeinen weichen Punkt. Walter wird den bestimmt auch haben. Der Mensch, der diesen Punkt finden könnte und ihn daraufhin anspräche, der würde ihm vielleicht helfen können.“
    „Wenn der Walter einen weichen Punkt hat, dann hat er ihn jedenfalls sehr gut verstecken können! Er ist ein widerlicher Kerl! Und was Schwierigkeiten betrifft und Bitterkeit – denk an Marc, Mutti, was hat der durchgemacht! Was macht er noch an Schwierigkeiten durch! Ist er vielleicht vorlaut und frech und abscheulich geworden?“
    Mutti lächelte ihr warmes kleines Lächeln. „Die sind ja auch verschieden wie Tag und Nacht, Moni. Du kannst nicht von allen Menschen das erwarten, das du von Marc erwartest. Marc gehört zu den glücklichen Menschen, die einen sehr guten und anständigen Charakter haben.“
    Es war schön, daß Mutti das sagte, und so kam unser Gespräch auf Marc.
    Kurz darauf dachte ich nicht mehr an Walter und sein Moped und seine vielen Frechheiten.
    Wie gut, daß ich nicht wußte, was das Schicksal in puncto Walter für mich noch in petto hatte!
    Aus Ruths Erkältung wurde eine Grippe, und so kam es, daß Melitta und ich über eine Woche zu zweit zur Schule fuhren. Allmählich fanden wir den alten netten kameradschaftlichen Ton wieder. Eines Tages fragte Melitta: „Sag mal, Moni, wo ist dein Freund eigentlich geblieben?“ Ich hatte die Begegnung damals im Postamt nicht erwähnt. Jetzt plumpste es aber aus mir heraus: „Du meinst den Rentenempfänger?“ Melitta sah mich fragend an: „Wieso? Warum nennst du ihn Rentenempfänger?“
    „Ich nicht, du hast ihn so genannt; damals, als wir ihn im Postamt trafen.“
    „Ach, Mensch“, rief Melitta. „Der war es!“
    „Wie meinst du, der war es? Was war er?“
    „Jetzt weiß ich, wo ich ihn schon mal gesehen hatte – im Postamt! Weißt du, es war nämlich so, Moni: Eines Abends im Winter fuhr ich mit Mutti vom Kino, und da blieb Rotkäppchen stehen, und ich wußte weder aus noch ein. Fahren kann ich, aber was sich drinnen – sozusagen in Rotkäppchens Innenleben – abspielt, davon habe ich keine blasse Ahnung. Da also – da kam ein junger Mann auf einem Rad und fragte, ob er mir helfen könnte. Und dann hat er die Motorhaube aufgemacht. Was er daran gemacht hat, das ahne ich nicht, aber Rotkäppchen

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