Moni träumt vom großen Glück
die Leute von links und rechts riefen, wenn sie unentschlossen waren, wenn sie furchtbar viel Zeit für ihre Bestellungen brauchten, wenn sie schimpften, weil dies oder jenes schon ausverkauft war, oder wenn die Kleinkinder nach zu vielem Eisessen auf den Fußboden erbrachen, na, dann war alles nicht so sehr schön. – Und wenn die Sonne draußen strahlte und der Himmel blau war, war es auch nicht immer das Allerschönste, in dem rauchigen Lokal rumzulaufen und ungeduldige Kunden zu bedienen. Doch wie schön war es immer, wenn ich montags, gleich nach der Schule, zur Bank gehen konnte, um mein Sonntagsgeld auf mein Sparkonto einzuzahlen.
Nur zögernd hatte Mutti mir erlaubt, diesen Job anzunehmen, aber schließlich hatte sie eingewilligt – unter der Voraussetzung, daß ich mich nicht überanstrengte und daß es sich nicht auf meine Schularbeiten auswirkte. So habe ich es immer eingerichtet, die Schularbeiten für Montag schon Sonnabend zu erledigen, damit ich Sonntag mit gutem Gewissen losfahren konnte. Jeden Sonnabend-Abend saß ich vorm Fernsehen, guckte mir die Wetterkarte an und betete, daß wir am Sonntag schönes Wetter kriegten; an Regentagen brauchte ich nicht zu kommen, hatte die Wirtin gesagt.
Es kam vor, daß meine Schulfreundinnen und ihre Eltern bei uns einkehrten. Die machten Augen, wenn sie von mir bedient wurden. Dann lachten wir zusammen, und einige der Väter steckten mir ein bißchen Extratrinkgeld zu, mit ein paar freundlichen Worten: „Na, Moni, deswegen bist du doch da, um ein bißchen Geld zu verdienen.“ Und ich habe mit gutem Gewissen die Groschen in meine Schürzentasche gesteckt.
Weniger schön war es, als an einem Sonntag eine ganze Gesellschaft Halbstarker sich um unseren größten Tisch lagerte, und wer saß an dem einen Tischende? Walter – ausgerechnet Walter Brander! Mir blieb auch nichts erspart!
Er grüßte nicht. Er behandelte mich, als ob wir uns gar nicht kannten. Er tat nichts, das man direkt unkorrekt nennen konnte, aber er hatte anscheinend eine diebische Freude daran, mich so viel wie möglich laufen zu lassen. Das Bier,das ich ihm brachte, war ihm nicht kalt genug. Dann brauchte er einen neuen Aschenbecher. Dann ließ er mich extra nach einer Streichholzschachtel laufen. Zu guter Letzt verlangte er, daß ich ihm vom Automaten Zigaretten holen sollte. Ich war wütend, aber ich hatte das Gefühl: Es ist besser, höflich zu bleiben und zu tun, was er verlangte. Allmählich kannte ich Walter, und ich hatte das Gefühl, er wollte mich nur zum Platzen bringen, und dann wollte er sich über meine Unhöflichkeit einem Gast gegenüber bei der Wirtin beschweren. Nein, die Freude sollte er auch nicht haben!
Also blieb ich höflich, ja sogar sehr höflich. Aber ich antwortete spöttisch: „Mit Vergnügen der Herr“; „Aber gerne der Herr!“; „Meinten Sie diese Zigaretten? Oder soll ich vielleicht andere holen?“ Walter bekam also keinen Grund sich zu beklagen. Aber er war wirklich abscheulich!
Das liebe Geld
Mutti hatte wieder Nachtdienst. Eines Abends rief sie mich an, ich möchte ihr doch bitte ihre Strickjacke bringen. Sie hatte sie zu Hause vergessen, und sie fror. Natürlich nichts wie los! Es war nicht weit. Ich brauchte das Rad nicht zu nehmen. Ich rannte zu Fuß. Es regnete. Ich notierte es mit Kummer. Nun ja, wir hatten erst Donnerstag. Vielleicht würde das Wetter bis Sonntag besser! Ich dachte natürlich an meinen Sonntagsverdienst.
Auf dem Rückweg ging ich durch unseren kleinen Park. Die Luft war schön. Dieser milde Frühlingsregen war sauber. Die Luft war weich. Doch naß war es überall, und die Bänke standen leer und verlassen da. Es war kein Mensch zu sehen.
Doch, da saß tatsächlich jemand auf einer Bank in der Halbdunkelheit und im Regen! Ich kam näher und traute meinen Augen nicht.
„Aber Jutta, warum sitzt du hier im Regen?“ Sie hob den Kopf und guckte mich an. Ihre Augen waren verweint und die Verzweiflung stand darin. Ich setzte mich zu ihr, nahm ihre Hand.
„Liebe Jutta, was ist? Kann ich dir helfen? Kann ich etwas für dich tun?“
Sie schüttelte den Kopf.
„Nein, Moni, du kannst nichts tun. Niemand kann was tun. Es ist aus. Alles ist aus.“
„Was ist aus, Jutta? Erzähl mir doch!“
„Ich kann nicht.“
„Jutta, du kannst! Du sollst! Du mußt doch mit einem Menschen sprechen! Kannst du nicht mit deiner Mutter reden?“
„Nein, mit Mutter am allerwenigsten.“
„Dann eben mit mir. Was es auch ist, Jutta, ich
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