Moni träumt vom großen Glück
lief danach jedenfalls, und er war so schrecklich höflich und so freundlich. Mutti sagte mir nachher: ,Weißt du, Melitta, ich wäre froh, wenn deine verschiedenen Freunde auch so gut erzogen wären wie dieser junge Mann.’ Ich habe ihn immer angesehen, sein Gesicht, und mir immer überlegt: ,Wo habe ich diesen jungen Mann schon mal gesehen?’ Der war es! Aber Moni, da hast du einen netten Freund! Undwenn ich wirklich so was Dummes gesagt habe, so was wie Rentenempfänger, so nehme ich es hiermit reumütig zurück. Sei mir nicht böse, Moni, das ist mir wohl so rausgeplumpst – ich meinte es nicht so.“
„Das glaube ich auch nicht“, sagte ich. „Ich war die ersten Minuten wütend, aber dann dachte ich, mir plumpst auch manchmal etwas raus, was ich nicht hätte sagen sollen. Es freut mich, daß du Marc magst.“
„Ja, wo ist er denn? Du hast ja plötzlich so viel Zeit, Moni. Ist er nicht mehr hier?“
„Nein, er ist seit zwei Monaten in Köln. Er studiert dort Volkswirtschaft.“
„Ach, was du nicht sagst…! Kommt er denn wieder hierher?“
„Ich weiß nicht, Melitta. Du rührst da an eine wunde Stelle. Vielleicht – vielleicht kommt er. Vorläufig muß er nur arbeiten, damit er sein Examen bekommt.“
Der kleine wunde Punkt zwischen Melitta und mir war somit geklärt. Ich war sehr froh darüber.
Dann wurden wir zu Inges Geburtstag eingeladen. Ich sagte zu und kam. Eine Dame, bei deren Kind ich Babysitter gewesen war, hatte mir außer dem Honorar auch eine Schachtel Pralinen geschenkt. Die hatte ich aufgehoben und schenkte sie nun Inge zum Geburtstag. Es war ein Opfer; denn ich liebe ja Schokolade – obwohl ich jetzt beinahe vergessen hatte, wie sie schmeckt.
Ein paar Tage später war ich in der Stadt. Ich stand an einem Zebrastreifen und wollte die Straße überqueren. Da hielt ein Mopedfahrer und ließ mich vorbei. Ich traute meinen Augen nicht. Es war Walter. Ich nickte ihm mein „Dankeschön“ zu. Er reagierte nicht, aber er hatte sich korrekt benommen. Das war immerhin ein großer Fortschritt.
Ein neuer Job
Als ich am letzten Schultag vor den Osterferien nach Hause kam, steckte ein Päckchen im Briefkasten. Es war für mich. Als ich die Handschrift sah, fing mein Herz an zu klopfen. Ich nahm mir kaum die Zeit, den Mantel auszuziehen. Schon hatte ich das Päckchen aufgerissen. Es enthielt eine kleine Schachtel Ostereier und einen Brief. Ich pflanzte mich in einen Sessel und las.
„Liebe Moni,
diese Zeilen, um Dir und Deiner Mutter ein recht schönes und friedliches Osterfest zu wünschen. Ihr werdet es Euch bestimmt urgemütlich machen. Ich denke oft an Euer nettes Wohnzimmer und daran, wie geschmackvoll und nett Deine Mutter immer alles arrangiert. Ja, ich sage es ja immer wieder, Moni, Du bist ein Glückspilz.
Mir geht es recht gut. Ich habe noch meinen Chauffeurjob und lege mein ganzes Gehalt auf die hohe Kante. Ich werde es brauchen, wenn ich mit dem Studium anfange. Es ist ja mein Traum, daß ich jedenfalls zwei Semester finanziell schaffen werde, ohne Extrajobs annehmen zu müssen. Wir werden mal sehen, wie es geht.
Und was machen nun Deine Pläne? Ich habe mir ausgerechnet, daß du bald alt genug bist, um Fahrunterricht nehmen zu dürfen. Du darfst ja meines Wissens drei Monate, bevor Du achtzehn bist, anfangen. Aber wenn ich Dir einen Rat geben darf: Wenn Du wirklich vorhast, Dir einen Wagen zu kaufen, warte noch ein bißchen mit dem Führerschein. Was sollst Du damit, wenn Du ihn noch nicht verwerten kannst. Nach meiner Erfahrung ist es sehr wichtig, daß man gleich weiterfährt, sowie man den Führerschein hat, sonst vergißt Du und verlernst Du nur dieHälfte. Nun ja, das ist ja nicht meine Sache, es fiel mir nur so ein.
Etwas anderes ist mir auch eingefallen. Ich weiß nicht, ob ich Dir vielleicht einen Tip geben kann, falls Du noch scharf auf andere Jobs bist. Du weißt, als ich damals zu Großvater kam, habe ich mich gleich nach Arbeit umgesehen. Ich landete bei der Eisenbahn. Danach wurde mir etwas angeboten, das mir an sich verlockend erschien. Ich konnte es nicht annehmen, weil ich Opa sonntags nicht verlassen wollte. Du kennst doch das Café Elmenfrieden, das beliebte Ausflugsziel. Dort nimmt man für die Sonntage in der Sommersaison Hilfskräfte an. Es fängt Ostern an. Dann setzt nämlich der große Sonntagsverkehr ein, und für einige Stunden jeden Sonntag brauchen sie dringend Hilfskräfte für die Küche und zum Servieren. Es wird ganz gut
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