Monika B. Ich bin nicht mehr eure Tochter: Ein Mädchen wird von seiner Familie jahrelang misshandelt (German Edition)
Aktivitäten der katholischen Jugendgruppe, der ich beigetreten war. Da ich mit Mädchen nach wie vor auf Kriegsfuß stand, hatte ich mich für eine Jungengruppe entschieden. Für meine neuen Freunde ging ich durchs Feuer.
Mein Eifer fiel nicht nur dem für die Jugendarbeit zuständigen Kaplan auf, sondern auch einer jungen Frau, die unsere Gruppe mit betreute. Bald schon entwickelte sich eine recht freundschaftliche und vertrauensvolle Beziehung zwischen ihr und mir.
Als meine Tante merkte, dass ich nun endlich einmal eine Freundin gefunden zu haben schien, berichtete sie überglücklich meinem Vater davon. Dieser wurde sogleich hellhörig: War hier vielleicht ein neuer Feind in Sicht?
Bisher war es ihm nahezu perfekt gelungen, mich im engsten Familienkreis zu halten. Jeder legte die Art, wie er mich von der Umwelt abschirmte, als liebevolle Fürsorge aus. Nicht einmal meine Mutter und meine Brüder begriffen, was er mit dieser väterlichen Fürsorge bezweckte. Statt mich zu bedauern, beneideten sie mich, das Lieblingskind, das immer bevorzugt wurde.
Ich selbst hatte auch gar keine Beziehungen zu anderen Mädchen gesucht. Die bloße Vorstellung, eine meiner Klassenkameradinnen in unsere schmutzstarrende, unaufgeräumte Wohnung einzuladen, genügte, mir jeden Wunsch nach einer Freundin auszutreiben.
Außerdem schreckten mein äußeres Erscheinungsbild und verkrampftes Wesen sowieso jedes Mädchen ab.
Jetzt erstmals war es anders. Gisela war keines jener albernen, zickigen, gleichaltrigen Mädchen, die ich nicht ernst nehmen konnte. Sie war für mich wie die ältere Schwester, die ich nie gehabt hatte. Sie war lebenserfahren, weltoffen und ansteckend fröhlich. So vieles verstand sie ohne Worte. Ihr wäre es auch nie in den Sinn gekommen zu sagen: »Du hast aber einen wunderbaren Vater!«
Im Gegenteil, sie regte sich darüber auf, dass ich nicht ohne Begleitperson auf die Straße durfte, und darüber, wie pedantisch mein Vater darauf bestand, dass ich pünktlich auf die Sekunde zu Hause zu sein hatte.
Natürlich schwärmte ich von Gisela. Auch vor meinem Vater. Es kam sogar immer häufiger vor, dass ich ihm widersprach: »Gisela hat aber gesagt ...«
Als ich eines Abends mit der Nachricht heimkehrte, Gisela werde heiraten, zog mein Vater alle Register.
»Weißt du, warum die heiraten?«, fragte er scheinheilig.
»Weil sie sich lieben«, antwortete ich.
»Weißt du überhaupt, was das ist: Liebe?« Mein Vater lächelte auf mich herunter. »Soll ich es dir zeigen?«
Dieses Lächeln kannte ich! Alles in mir wurde hart und kalt. »Nein!«, sagte ich voller Angst. »Nein, nein, ich will es nicht wissen.«
»Solltest du aber«, murmelte mein Vater, und sein Atem wurde schwer. »Eine junge Frau sollte immer genau wissen, was in der Hochzeitsnacht auf sie zukommt.«
Ich schob meinen Vater mit beiden Händen zurück. »Nein, bitte, bitte nicht! Lass mich doch, Papa, bitte, nein!«
Kennen Sie das Märchen vom gläsernen Berg, auf dem der Ring der ewigen Glückseligkeit verborgen liegt? Wie der Prinz, der hinaufzuklettern versucht, aber immer wieder an den Hängen abrutscht, fühlte ich mich, als mein Vater meine Knie auseinander drückte.
»Deine Freundin«, sagte er und zog sich dabei mit einer Hand den Reißverschluss der Hose auf, »die sieht da unten so aus wie du. Und ihr Macker hat so einen wie ich – bloß kürzer und dünner und längst nicht so gut. Erst küssen sie sich. Und dann ...«
Verzweifelt versuchte ich den Film anzuhalten, der in meinem Kopf lief: Pornos, die ich mir in letzter Zeit hatte ansehen müssen. Der Filmton und die Stimme meines Vaters vermischten sich. Und dann sah ich Giselas Verlobten mit Gisela all die schmutzigen Dinge tun, die mein Vater in diesem Moment mit mir tat.
»Ich will dich, Monika!«, keuchte er und schob sich über mich. »Komm, sei lieb, lass den Papi rein!«
»Nein!« Ich erschrak von dem Klang meiner eigenen Stimme. »Nein!«
Das Gesicht meines Vaters verzerrte sich. Wie ein Tier fletschte er die Zähne, bevor er zuschlug. Mein Kopf flog hin und her zwischen den klatschenden Händen.
Ganz plötzlich war Ruhe. Meine Nase blutete, und das Blut rann widerlich süß in meinen Mund. Als ich zu würgen aufhörte, sah ich plötzlich das Messer. Ein Schweizer Taschenmesser mit Schere, Säge und vielen verschiedenen Klingen. Ich selbst hatte es meinem Vater zum letzten Namenstag geschenkt.
Er starrte mich mit irrem Blick an. »Wenn ich es nicht darf, darf es auch
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