Monkeewrench - 03 - Mortifer
aus. Was nichts bedeuten muss.«
Nein, dachte Grace. Es bedeutet überhaupt nichts. Wir dürfen niemandem vertrauen außer uns selbst. Laut sagte sie: »Ich weiß nicht.« Sie betrachtete seine Kopfwunde. Eine Seite seines Gesichts war verschmiert mit geronnenem Blut – einer Menge geronnenen Blutes –, und ständig tropfte neues, frisches hellrotes Blut aus der Wunde. Siehst du das? Selbst ein Psycho würde sich nicht in den Kopf schießen, nur um uns zu täuschen, oder? Das ist eine echte Wunde. Also ist er tatsächlich Deputy. Einer mehr auf unserer Seite. Die Chancen steigen. Wir sind jetzt vier gegen … wie viele?
»Gütiger Gott«, murmelte Annie und starrte die Wunde an. »Wer hätte gedacht, dass ich jemanden mit meinem kleinen Ellbogen so schwer treffen könnte?«
Sharon hatte bereits einen Lappen am Waschbecken nass gemacht und beugte sich nun über den Verwundeten, um die Kopfwunde mehr oder weniger wirkungslos zu betupfen. »Das war nicht dein Ellbogen, Annie. Du hast es vielleicht noch verschlimmert, aber er hat in Wirklichkeit eine Schusswunde. Siehst du den Streifschuss hier?« Als sie ein wenig fester auf die Stelle drückte, stöhnte der Verwundete leise, öffnete die Augen, beugte sich vor und hielt sich mit beiden Händen den Kopf. »Ah, verdammt, tut das weh …«
Sharon zuckte unwillkürlich zurück und hielt den nassen Lappen auf Armeslänge von sich gestreckt. Er griff mit zittriger Hand danach und presste ihn sich gegen den Kopf.
»Wer hat auf Sie geschossen?«, fragte Grace.
»Erzählen Sie es mir.«
Es kam nicht viel Mondlicht durch die schmalen, hohen Oberlichter des Kellers, doch es reichte aus, dass er sehen konnte, wie Grace ihre Pistole hob und auf ihn richtete. »Sie zuerst«, sagte sie entschlossen.
Als er die Waffe erblickte, weiteten sich seine Augen. »Herrgott, wer sind Sie? Ihre gottverdammten Soldaten an der Straßensperre haben auf mich geschossen! Ich dachte, es wäre die National Guard. Oder ist sie’s nicht?«
Sharon ging in die Hocke und blickte ihm direkt in die Augen. »Wer ist der Sheriff von Missaqua County?«
»Ed Pitala.«
»Erzählen Sie mir etwas über ihn, das ein Fremder nicht wissen kann.«
Der Fremde sah sie an. »Mitte sechzig, zäh wie Leder, knallharter Typ, zwei Dienstzeiten in Nam absolviert und überlebt, seine Frau heißt Pat und ist ungefähr viermal so hart und zehnmal so schlau wie er. Ed liebt seine Frau, seine Kinder und seinen Jim Beam, in dieser Reihenfolge. Er raucht Marlboros. Und sein rechtes Ohr ist stocktaub.«
Sharon hob eine Augenbraue. Jeder hätte das meiste von dem wissen können, was der Mann gesagt hatte – mit Ausnahme der Taubheit auf dem rechten Ohr. Diese Information war unter Verschluss. Nur gute Freunde wie Halloran wussten etwas davon – und vielleicht dieser Mann hier. Weil Ed, sollten die Commissioner des Countys jemals etwas davon erfahren, seinen Job verlieren würde. Sie streckte ihm die Hand entgegen. »Deputy Sharon Mueller, Kingsford County.«
Es dauerte einen Moment, bis Deputy Lee die Neuigkeit verdaut hatte. »Sie sind Mike Hallorans Frau?«
Sharon errötete. »Einer seiner Deputys.« Sie sah zu Grace. »Er ist okay.«
»Bist du sicher?«
»So sicher, wie ich sein kann.«
Grace vertraute ihm immer noch nicht. »Wie sind Sie hergekommen?«
Überraschenderweise schien die Frage Lee zu ärgern, das konnte man seiner Miene entnehmen. Er war noch nie selbst verhört worden, und es gefiel ihm gar nicht, dass er jetzt Rede und Antwort zu stehen hatte. Doch in der Stimme der Frau schwang ein Unterton von Angst mit, und das besänftigte ihn wieder.
»Das hab ich Ihnen doch schon alles erzählt, oder nicht …?« Er runzelte angestrengt die Stirn und starrte blinzelnd auf seine Beine auf dem festgestampften Boden, während er sich zu erinnern versuchte.
»Sie haben angefangen, dann sind Sie bewusstlos geworden.«
Lee seufzte und blinzelte, während er versuchte, etwas zu erkennen. Er konnte inzwischen beinahe sehen – sie sehen. Drei Frauen an diesem merkwürdigen, dunklen Ort. Ein Keller, dachte er. Natürlich. Sie hatten ihm gesagt, dass sie ihn in den Sturmkeller mitnehmen würden, oder hatte er das geträumt? »Gibt es hier Wasser?«
Einer der Schatten bewegte sich, und er hörte, wie Wasser in etwas Metallisches lief. Einen Augenblick später wurde ihm eine Blechtasse in die Hand gedrückt. Er trank, schmeckte Seife, dann fiel ihm plötzlich wieder ein, was er gespürt hatte, als er die Frau in
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