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Monkeewrench 06 - Todesnaehe

Monkeewrench 06 - Todesnaehe

Titel: Monkeewrench 06 - Todesnaehe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P.J. Tracy
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dass er überhaupt noch sehen konnte, wo er hinläuft, geschweige denn, welchen Weg er nimmt. Was für ein Mist. Was meinst du, Krebs oder Junkie? Irgendwie sehen die im Endstadium immer ziemlich ähnlich aus.»
    Magozzi war sieben gewesen, als Onkel Marvin zu Besuch gekommen war. Es war seltsam, dass er ohne Tante Mabel kam, und noch viel seltsamer, dass er so völlig anders aussah, als ihn der kleine Leo vom letzten Besuch auf der Farm in Ohio in Erinnerung hatte. Er war ganz dünn, und die Hosenbeine warfen Falten über den schwarzen Schuhen, die schon ganz abgetragen aussahen und Löcher in den Sohlen hatten.
    Was ist denn mit Onkel Marvin? Er will ja nicht mal Domino spielen. Sonst hat er immer Domino mit mir gespielt.
    Er ist krank, Leo.
    Ach so. Dann hat er eine Erkältung oder so?
    Es ist ein bisschen schlimmer als eine Erkältung. Dein Vater und ich müssen ihn ein paar Mal ins Mayo bringen, damit es ihm bald wieder bessergeht.
    Was ist das Mayo?
    Ein besonderes Krankenhaus. Es ist sehr gut. Und es liegt hier ganz in der Nähe, deswegen wohnt Onkel Marvin jetzt eine Zeitlang bei uns.
    Machen die ihn da so gesund, dass er wieder Domino spielen kann?
    Das hoffen wir. Aber im Moment tut ihm einfach nur alles weh, und er ist sehr schwach. Wenn er dich also mal bittet, ihn ins Bad zu begleiten oder ihm ein Glas Wasser zu bringen oder sonst etwas, dann machst du das, ja?
    Klar, Mom. Onkel Marvin hat mich ja auch immer auf dem Pony reiten lassen, wenn ich wollte.
    Ja, ich weiß.
    Hat er das Pony noch?
    Ja. Tante Mabel kümmert sich jetzt darum.
    Einmal waren seine Eltern weggefahren, um Tante Mabel an der Bushaltestelle abzuholen, und Leo war sehr stolz, dass sie ihn mit Onkel Marvin allein ließen, so als wäre er eine Art Babysitter und schon richtig groß.
    Da hatte er Marvin auch zum ersten Mal ins Bad bringen müssen und zum ersten Mal einen erwachsenen Mann pinkeln sehen, was ihn völlig umhaute.
    Mensch, Onkel Marvin, so einen großen Schniedel wie deinen hab ich ja noch nie gesehen!
    Marvin musste sich auf die Toilette setzen und lachte, bis ihm die Tränen kamen, was Leo ziemlich klasse fand.
    Soll ich dir wieder hochhelfen?
    Nein, Leo, bloß nicht. Ein Mann braucht keine Hilfe. Merk dir das.
    Später hatte er in die Küche gelinst und gesehen, wie seinem Onkel beim Versuch, das Zimmer zu durchqueren, die Zeitung aus der Hand fiel. Leo blieb einfach stehen und sah ihm zu, weil ein Mann ja keine Hilfe brauchte. Aber er fühlte sich trotzdem ganz schlecht, als er Marvin stöhnen hörte, während er sich bückte und nach der Zeitung angelte. Leo konnte ihm nicht zu Hilfe kommen, weil er wusste, das hätte Onkel Marvin nicht gut gefunden.
    Über den Toten auf dem Gehsteig gebeugt, schloss Magozzi kurz die Augen. Bis heute war er wütend auf seine Mutter, weil sie ihm nicht erzählt hatte, was für Schmerzen Marvin ausstehen musste. In der Nacht darauf war er gestorben, in seinem eigenen Kot, und Leo war lange Zeit überzeugt gewesen, dass er schuld war, weil er Marvin die Zeitung nicht aufgehoben hatte.
    «Krebs», sagte er jetzt zu Gino.
    «Na, wie auch immer, im Riverside wird es jedenfalls eine Akte über ihn geben. Entweder er war dort Patient oder ein Stammgast in der Notaufnahme, auf der Suche nach dem nächsten Schuss. Schau mal schnell nach Papieren, bevor die Spurensicherung auftaucht und wieder alles für sich haben will.»
    Magozzi streifte ein frisches Paar Handschuhe über und zog eine Brieftasche aus der Innentasche des Toten. «Hast du eine Plastiktüte?»
    «Ja.» Gino betrachtete den Namen und das Foto auf dem Führerschein. «Joseph Christopher Hardy. Wohnt hier ganz in der Nähe, falls die Adresse noch stimmt.» Er machte sich daran, die Unmenge von Zetteln durchzublättern, die Männer immer im Scheinefach ihrer Brieftaschen aufbewahren. «Hier ist eine Karte, wen man im Notfall benachrichtigen soll. Die Kontaktperson heißt Beth Hardy. Ich würde mal vermuten, das ist sie.» Er hielt ein kleines Foto hoch, das eine hübsche Frau vor einem Wasserfall zeigte. «Und hier ist die Visitenkarte eines Arztes. Von der Onkologie im Riverside.»
    «Na, das ist doch was.» Magozzi musterte die Waffe, die noch in der schlaffen Hand des Toten lag. «Er hatte eine Waffe dabei, Gino. Warum zum Geier geht ein Krebspatient bewaffnet ins Krankenhaus?»
    «Fragst du das im Ernst? Schau dich doch mal um. In dem Viertel hier würde ich sogar bewaffnet zum Mittagessen gehen. Übrigens hat er einen

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