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Monrepos oder die Kaelte der Macht

Monrepos oder die Kaelte der Macht

Titel: Monrepos oder die Kaelte der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Zach
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Referenten für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit zu besetzen. Wir schlagen Ihnen daher vor, mit dem Leiter der dortigen Presseabteilung, Herrn Ministerialdirigent Bertsch, ein unverbindliches Vorstellungsgespräch zu führen. Bitte geben Sie uns baldmöglichst telefonisch Bescheid, ob Sie an einer derartigen Verwendung interessiert sind. Das Personalreferat der Staatskanzlei wird sich dann bezüglich einer Terminabsprache direkt mit Ihnen in Verbindung setzen.
    Unterzeichnet war der Brief von einem veritablen Ministerialrat Dr. Keller, der es sich überdies nicht nehmen ließ, dem jungen Assessor freundliche Grüße zu entbieten.
    Noch zur selben Stunde, da er das ministerielle Schreiben in seiner Eingangspost vorfand, telefonierte Bernhard Gundelach mit dem leutseligen Absender; und schon zwei Wochen später fand er sich in die Staatskanzlei einbestellt.
    Er nahm zur Sicherheit ein Taxi. Der Gedanke, sein von dritter Hand erstandener und dem Rostfraß fast schon erlegener Wagen könnte ausgerechnet in diesem historischen Moment den Dienst quittieren, war zu schreckenerregend. Auch genoß es der junge Mann, sich in den Fond eines Mercedes zu setzen und dem Fahrer als Bestimmungsort jene Adresse zu nennen, bei deren bloßer Erwähnung, wie er meinte, jedem rechtschaffenen Landeskind ehrfürchtige Schauer den Rücken herunterrieseln mußten.
    Der Taxichauffeur indes war ein mürrischer, vierschrötiger Kerl, der Schloß Monrepos, wenn überhaupt, nur vom Hörensagen kannte. Umständlich entfaltete er eine speckige Stadtkarte, fragte nach Straße und Hausnummer (als ob Fürsten- und Königssitze, auch wenn sie mittlerweile republikanisiert waren, postalischem Fußvolk wie dem Kaufladen um die Ecke gleichzustellen wären) und setzte sich endlich brummend in Bewegung. Abwechselnd warf er einen zweifelnden Blick auf den neben ihm ausgebreiteten Plan und in den Rückspiegel, wo sich Gundelachs Gesicht, je näher sie dem Ziel kamen, mit einer fiebrigen Röte überzog.
    Wie sie den Bestimmungsort schließlich erreichten, wußte er im nachhinein kaum mehr zu sagen. Alle Konzentration war dem bevorstehenden Gespräch gewidmet, das er sich als röntgenähnliches Rigorosum dachte, in dessen Verlauf seine gesamte geistige und physische Existenz unerbittlich, Schicht für Schicht, durchleuchtet werden würde. Und es gab da durchaus Jahre seines noch jungen Lebens, die er zwar auf Befragen nicht verschweigen wollte, deren freiwillige Entdeckung aber auch nicht unbedingt ratsam erschien.
    Man studiert nicht jahrelang als engagierter, wach beobachtender Mensch inmitten eines säkularen Umbruchs, in dem sich die akademische Jugend Amerikas und Westeuropas machtvoll erhebt, und steht dabei bloß teilnahmslos abseits oder brütet in einer Heidelberger Gelehrtenstube über Kunkels Römischer Rechtsgeschichte. Nein, man ergreift Partei, ist selbst Partei, um das verrottete Monopol der alten, sich staatsidentisch gebärdenden Politikerkaste zu erschüttern … Und wie sie sich zum Erstaunen aller erschüttern ließ − von dröhnenden Demonstrationen und spottgetränkten Sprechchören, von Hörsaalbesetzungen, Straßenbahnblockaden, sit-ins, go-ins, Transparenten, Wandzeitungen und roten Fahnen! Wie sie sich Leit- und Kultfiguren aufzwingen ließ, einen Dutschke, einen Cohn-Bendit, einen Horkheimer, einen Adorno, einen Habermas, einen Sartre, einen Marcuse, wie sie sprach- und argumentationslos wurde vor der respektlosen Reanimation längst erledigt geglaubter Ideologien! Wie sie in Angst erbleichte vor der tatarischen Fremdartigkeit eines Ho Tschi Minh, eines Mao Tse-tung, deren suggestiver Bann zehntausend Kilometer zu überwinden mühelos imstande war, während von Bonn, von München oder Stuttgart aus nichts zu vernehmen war als Gezänk, Platituden und polizeiliche Einsatzbefehle!
    Ach, ja.
    Das hatte etwas Mitreißendes, Befreiendes, man war, einfach durch die Zugehörigkeit zur neuen Generation, Teil eines Machtfaktors geworden, den es nach dem Willen der herrschenden Machtelite gar nicht hätte geben dürfen.
    Gundelach freilich, das wollen wir hier doch festhalten, überschritt an keiner Stelle und zu keinem Zeitpunkt die Grenze zur aktiven Gewalt, und er trat nirgends agitatorisch hervor. Gewiß saß er einige Male vor Türen und Treppenaufgängen, einer von vielen − aber auch ohne ihn hätte es für die geängstigten Professoren und ihre gehetzten Oberassistenten kein Durchkommen gegeben. Er saß wohl auch ein paar Mal auf

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