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Monschau und das Monschauer Land

Monschau und das Monschauer Land

Titel: Monschau und das Monschauer Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Wendt
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einmal dem angeblichen Gründer Reichensteins gewidmet hat, mag verständlich sein, immerhin war der unübersehbare Felsblock lange Zeit eine Grenzmarkierung der Reichensteiner Besitzungen. Die Bezeichnung Richelsley ist jedoch falsch. Ley heißt ja schließlich Schieferfelsen , und aus weichem Schiefer besteht dieser riesige Block nunnicht. Sonst hätte er sich nicht so lange halten können, während im Laufe unvorstellbar langer Zeit ringsum das weiche Gestein, eben die Schiefer, verwitterten.

    Richelsley und Kreuz im Venn
    Doch welcher Wanderer, der nicht gerade geologisch interessiert und immer auf der Suche nach Spuren uralter Vergangenheit ist, schenkt der Richelsley als solcher besondere Beachtung? Der Blick fällt doch schon von Weitem, von Kalterherberg ebenso wie von Mützenich her, auf das gewaltige Eisenkreuz, das den Felsen krönt, und zu dem eine schmale Treppe hinaufführt. Es ist jenes Kreuz im Venn , das einst durch Clara Viebigs gleichnamigen Roman literarisch berühmt wurde. Ob dieser Roman besondere literarische Qualität hat, mag dahinstehen, dass das Kreuz im Venn ein Monstrum sei, ist immer wieder und nicht zu Unrecht behauptet worden. Doch es wurde zum Wahrzeichen des Hohen Venns.
    Kalterherbergs Pfarrer Arnoldy ließ 1890 zum Dank für den gelungenen Neubau der Kalterherberger Pfarrkirche, des „Eifeldoms“, das Kreuz aufrichten, und zwar zu Ehren des schon erwähnten Stephan Horrichem, des Mannes, der von 1639 bis 1686 Prior in Reichenstein war und als „Apostel vom Hohen Venn“ in der Bevölkerung damals sehr verehrt wurde. Eine kleine Marienstatue in einer als Lourdesgrotte hergerichteten Felsnische der Richelsley tut seit mehr als 100 Jahren das ihre dazu, dass Richelsley und Kreuz im Venn bis heute vor allem für die Kalterherberger ein beliebtes Wallfahrtsziel sind.
    Dazu gibt es noch ein Kuriosum zu berichten. Die Richelsley liegt bereits auf belgischem Territorium, und eigentlich hätte jeder fromme Beter, der von Reichenstein über die Grenze zum Kreuz im Venn wollte, eine Erlaubnis für den Grenzübertritt haben müssen. Das heißt ganz theoretisch hätten die Kalterherberger für ihre traditionellen Prozessionen zum Kreuz im Venn in den ersten Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg Pass und Visum haben und den Grenzübergang Kalterherberg-Küchelscheid benutzen müssen.
    Dass das so nie praktiziert wurde, sondern die deutschen Grenzwächter die Prozessionen einfach über die „grüne Grenze“ gehen ließen, als an einen freien Grenzverkehr überhaupt noch nicht gedacht wurde, lag wohl nicht so sehr am Verständnis der Fiskalbeamten für religiöse Traditionen und Bedürfnisse, sondern ganz einfach daran, dass weit und breit keine Möglichkeit bestand, etwas einzukaufen und über die Grenze zu schmuggeln, wie Kaffee, Schokolade oder Zigaretten. Es ist jedenfalls nie ein Fall bekannt geworden, dass fromme Pilger den Weg zum Kreuz im Venn zur „Abgabenhinterziehung“ benutzt hätten.
Fischerhütte , Tanz und Keilerei an der Rur
    Ein Sommersonntagnachmittag bei Monschau. Es ist ein Wetter wie aus dem Bilderbuch, Ausflugsstimmung liegt in der Luft. Von Dreistegen, der alten Feintuchweberei am Stadtrand von Monschau, da, wo Rur und Perlenbach zusammenfließen, klingt heute nicht das Rattern der Webstühle nach draußen, dringen keine Schwaden schlechter, warmer Luft durch die Fenster. Nur aus den Schornsteinen raucht es, ein Zeichen, dass morgen früh die Arbeit weitergehen muss.
    Auf dem Weg, der an der Rur entlang nach Reichenstein führt, herrscht viel Betrieb. Dutzende von Spaziergängern und Ausflüglern sind unterwegs. Einzelne, Paare, Familien mit Kindern sind es. Die Väter mit der „Kreissäge auf dem Kopf“, das Jackett geöffnet, sodass man die Weste oder die Hosenträger sehen kann, den Spazierstock schwingen sie in der Luft. Die Mütter mit langen Kleidern, die kleinen Töchter an der Hand. Große Schleifen tragen die kleinen Mädchen im Haar, auf ihrem Steckenpferd reiten die Brüder.
    In das Rauschen, mit dem das klare Wasser der Rur über das Blockwerk im Flussbett fließt, mischen sich immer stärker werdend, immer deutlicher andere Geräusche. Man hört Gesang, gelegentlich auch ordinäres Grölen. Klaviermusik dringt in Fetzen aus dem Wald, Gläserklirren kündigt ein Lokal an. Dann liegt sie vor den Ausflüglern, die Fischerhütte, Café und Restaurant . Es herrscht drangvolle Enge hier, fast alles ist schon besetzt an diesem Sonntagnachmittag, auch in der

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