Monsieur Papon oder ein Dorf steht kopf
verteilt und St. Germaine auf die Sockelplatte im Flur gestellt. Als Lorna zum Abendessen rief, glich die Auberge einem Ameisenhaufen.
»Englische Küche!«, sagte René mit einer Spur von Beklommenheit, als er seinen Platz am Tisch einnahm. »Na ja, zumindest wird Christian nicht enttäuscht sein!«
»Pah!«, schnaubte Annie. »Christian glaubt allen Ernstes, dass Madame Loubet ’ne gute Köchin gewesen ist!«
»Madame Loubet? Die alte Schrulle?«, rief Alain. »Die Gerichte bei ihr waren das Schlimmste, was ich je in meinem Leben gegessen habe.«
Christian errötete, als er sich zwischen Stephanie und Véronique setzte.
»Ich fand ihr Cassoulet gut«, protestierte er.
Lorna, die nicht alles verstand, aber den Sinn der heiteren Neckerei erfasste, vermochte nicht zu widerstehen, als sie den großen Kochtopf mit der Suppe in die Mitte des Tisches stellte, während Paul die Gläser aller nicht zu knapp mit Rotwein füllte.
»Ihr Cassoulet? Es hat geschmeckt?«, erkundigte sie sich arglos.
»Es war einfach klasse«, erklärte Christian, der eine Chance witterte, etwas von seinem verlorenen Stolz zurückerobern zu können. »Es geht doch nichts über richtig gute Hausmannskost.«
Lorna verschwand wieder in der Küche, und als sie zurückkam, brachte sie eine große Dose mit.
»Eine Geschenk«, sagte sie und stellte die Cassoulet-Dose in Gastronomiegröße vor Christian hin. »Madame Loubet hat das für Sie dagelassen.«
Schallendes Gelächter ertönte am ganzen Tisch. Und als Véronique das Verfallsdatum auf der Seite bemerkte, brachen alle erneut in Lachen aus.
Über das Spektakel hinweg vernahm Lorna das schrille Läuten des Telefons. Sie eilte zur Bar hinüber, vermochte aber bei dem Lärm nichts zu hören. Als Paul ihre missliche Lage erkannte, bat er zu Christians großer Erleichterung mit lauter Stimme um Ruhe, und sie verstummten alle, während Lornas Stimme klar und deutlich im Raum zu hören war.
»Könnten Sie bitte wiederholen?« Sie lauschte aufmerksam, legte dann die Hand über die Sprechmuschel und blickte zu ihren Nachbarn, ihren neuen Freunden und ihrem Mann hinüber.
»Sie haben Anzeige gesehen auf Internet«, erklärte sie. »Sie wollen wissen, ob Auberge noch zu verkaufen ist! Was sage ich?«
Für den Bruchteil einer Sekunde herrschte Schweigen, und dann brüllte Christian: »Sagen Sie NEIN!«, und alle stimmten mit ein, schrien und lachten, bis sich Lorna in die Küche zurückziehen musste, damit man sie verstehen konnte.
»Tut mir leid«, sagte sie und versuchte dabei das Lachen aus ihrer Stimme herauszuhalten. »Aber L’Auberge ist nicht zu verkaufen.«
Sie legte auf, schnappte sich einen Korb mit Brot und eine weitere Flasche Wein und gesellte sich wieder zu der ausgelassenen Runde.
Kapitel 18
Die nun folgende Woche verbrachte die Gemeinde von Fogas in einem Netz aus Intrigen und Täuschungen. Für Serge Papon war dies nichts Außergewöhnliches. An dem Montag nach seinem nächtlichen Besuch im Rathaus schaute er in seinem Büro vorbei, aber dieses Mal stellte er sicher, dass ihn so viele Leute wie möglich sahen.
Auf dem Parkplatz nahm er sich Zeit, mit Bernard über den neuen Räumschildaufsatz zu reden, der endlich eingetroffen war und neben dem Traktor lag. Der letzte hatte den Zusammenstoß mit einer Steinmauer nicht überstanden, woran Bernard jegliche Mitschuld weit von sich wies. Dann hörte er sich geduldig die Klagen von Madame Aubert an. Die alte Witwe, die allein am Ortseingang neben den steinernen Becken wohnte, die der Gemeinde einst als öffentlicher Waschplatz gedient hatten, hielt ihm eine mehrminütige Predigt darüber, dass sie in La Rivière ihre Rentenzahlungen nicht mehr erhielt, und wollte von ihm wissen, wann das Postamt wieder öffnen würde. Er versuchte sie mit ein paar Lügen und einigen Versprechen zu besänftigen, die zu halten er nicht die Absicht hatte.
Auf dem Flur begegnete er einem wütenden Philippe Galy, der sich darüber erzürnte, dass die letzte Gemeinderatsversammlung verschoben worden war, und drohte, rechtlicheSchritte gegen die Gemeinde einzuleiten, sollte sich seine Baugenehmigung weiter verzögern. Der Bürgermeister bedauerte seine missliche Lage und beschwichtigte ihn mit der Garantie, innerhalb der nächsten sieben Tage eine Versammlung abzuhalten. Des Weiteren deutete er an, dass die Genehmigung praktisch bewilligt sei, obwohl Serge seit Eingang des Antrags im Dezember bislang nicht mehr getan hatte, als den Papierkram auf
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