Monsieur Papon oder ein Dorf steht kopf
auf einen bestimmten Sachverhalt: eine Prüfung. Aber das konnte unmöglich sein. Nicht einmal Céline war so aufsässig, dass sie es ihm nicht erzählt hätte, wenn etwas so Bedeutungsvolles in seiner Abwesenheit angeordnet worden wäre. Außerdem war vom Wagen des Bürgermeisters nichts zu sehen, und ohne ihn wäre eine Prüfung unmöglich.
Pascal, der in irgendeinem Teil seines Unterbewusstseins ahnte, dass er dabei war, in eine wohldurchdachte Falle zutappen, stieg mit dem Brief in der Hand aus dem Wagen und machte sich auf den Weg zur Vordertür.
»Bonjour«, rief er, als er Stimmen aus der Küche vernahm.
Madame Webster kam herausgeeilt, und als die Küchentür hinter ihr zuschwenkte, erhaschte er einen Blick auf Major Gaillard, den leitenden Brandschutzinspektor für Ariège. Neben ihm stand kein anderer als sein Vizebürgermeisterkollege Christian Dupuy, der den Feuerwehrmann mit irgendetwas, was er sagte, zum Lachen brachte.
Pascal erstarrte mit dem Brief in der ausgestreckten Hand wie ein Kaninchen, dem man den Weg zu seinem Bau abgeschnitten hat. Er witterte die Gefahr, aber er vermochte nach wie vor nicht zu ermitteln, in welcher Form sie auf ihn zukommen würde, noch wie er ihr ausweichen könnte.
»Was wollen denn Sie ?«, fragte Madame Webster, die offensichtlich einen Benimmkurs bei Céline absolviert hatte. Sie sah den Brief, und ihre Finger schlossen sich darum, aber Pascal zog ihn instinktiv wieder zurück, da er endlich begriffen hatte, wie die Falle zuschnappen würde.
»Ist für uns, n’est-ce pas ?«, sagte sie mit Nachdruck und zog den Brief entschlossen zu sich herüber.
Pascal wusste, dass er verloren war.
»Das ist alles?«, fragte Madame Webster, die den Brief nun gegen ihre Brust drückte.
Er nickte stumm.
»Wir haben Neuigkeit für Sie«, sagte sie mit triumphierender Stimme. »Wir haben Prüfung bestanden. Morgen öffnen wir Auberge .«
Pascal versuchte sich an einem würdevollen Abgang und rauschte hinaus. Draußen ließ er sich in den Autositz sinken. Lornas Worte hallten noch in seinen Ohren wider. Miteinem Mal wusste er, warum er nervös war. Irgendwie hatte er diese Sache gehörig vermasselt. Fatima würde ihn umbringen.
Es dauerte eine Weile, bevor Pascals Brief geöffnet wurde. Lorna hatte ihn gegen die Kaffeemaschine gelehnt und war zu den anderen in die Küche zurückgegangen, wo Monsieur Chevalier vom Veterinäramt gerade seine Untersuchung des Fritteusenöls beendete. Es war alles nur noch reine Formsache, da der größte Stolperstein der vorherigen Prüfung bereits aus dem Weg geräumt war und Major Gaillard unter lautem Jubel verkündet hatte, dass er der Auberge zu seiner großen Freude bescheinigen könne, die Prüfung bestanden zu haben. Madame Dubois bestätigte dasselbe für ihren Bereich. Sie hatte zwar angesichts der veränderten Zimmeraufteilung im oberen Stockwerk eine Augenbraue in die Höhe gezogen, aber falls sie eine Vermutung hegte, so sagte sie es nicht. Sie hatte sich allerdings diskret nach dem Zustand der Statue von St. Germaine im Flur erkundigt und ungeheuere Erleichterung gezeigt, als Stephanie ihr versicherte, dass ihre Anwesenheit dort nur vorübergehend sei.
Nachdem die Prüfungen abgeschlossen und die Formalitäten erledigt waren, versammelten sich alle im Gastraum, der von Lärm und Lachen erfüllt war. Christian, Alain und einer der Polizisten schoben unter Stephanies zunehmend gereizten Anweisungen Möbel hin und her, um eine einzige lange Tafel in der Mitte des Raums zu schaffen, während Annie und Madame Dubois schon mit Geschirr bereitstanden, um sie zu decken. Unterdessen bot René Aperitifs an, und Véronique, die sich schwer auf den Arm des galanten Major Gaillard stützte, humpelte mit einem Tablett Appetithappen herum, das sich rasch leerte.
Als sie an Paul vorbeikam, bot sie ihm das letzte StückZiegenkäse-Walnuss-Tarte von dem Tablett an. Paul, der realisierte, wie hungrig er war, nahm dankend an und biss hinein. Der süße Geschmack des Honigs, den Lorna tags zuvor von Philippe Galy gekauft hatte, milderte den intensiven Geschmack des Käses, und es schien endlich in sein Bewusstsein zu dringen, dass seine Frau die Chefköchin in einem Restaurant war. Nein! Nicht bloß in irgendeinem Restaurant, sondern in einem FRANZÖSISCHEN Restaurant! Und als er das fröhliche Chaos um sich herum betrachtete, da hatte er tatsächlich zum ersten Mal das Gefühl, dass sie es schaffen könnten.
Das war der Moment, in dem er den
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