Monsieur Papon oder ein Dorf steht kopf
zuckte zurück. Aber sie ignorierte ihn und versetzte stattdessen der Kaffeemaschine einen kräftigen Schlag auf die Seite. Daraufhin begann diese zu glucksen und zu blubbern, und dunkler Kaffee lief in die Tasse.
»Oh, ich verstehe. Ein Klaps. Die Maschine braucht einen Klaps. Natürlich. Was auch sonst!« Paul versuchte Lorna zu ignorieren, die in sich hineinkicherte, als sie sich auf den Weg zur Küche machte, um Teller und ein Messer zu holen. »Woher wussten Sie das, Stephanie?«
»Ich ’abe gearbeitet ’ier.«
»Sie haben hier gearbeitet? Für Monsieur Loubet?«
Stephanie nickte und entschied, dass der Moment gekommen war, um ihr Anliegen vorzubringen.
»Des’alb ich bin ’ergekommen. ’ier ist meine Lebenslauf. Vielleicht Sie brauchen Kellnerin?« Sie überreichte ihm ein DIN-A4-Blatt, das sie an Christians Computer geschrieben und wofür sie eine halbe Ewigkeit gebraucht hatte. Dieserganze technische Kram war nicht gerade ihre Stärke. Und nun wurde sie mit einem Mal nervös, als sie sah, wie Paul die knappe Seite überflog und Lorna über seine Schulter hinweg mitlas. Es war erstaunlich, wie banal einem ein Leben vorkam, wenn es bloß auf die Arbeit reduziert wurde.
Stephanie starrte aus dem Fenster und war froh, Chloé zu sehen, die mit Tomate im Schlepptau die Hintertreppe hinaufgesprungen kam. Die Stille im Raum war immer schwerer zu ertragen.
»Sie haben ja schon die verschiedensten Dinge gemacht«, bemerkte Lorna, als Chloé und die Katze zur Tür hereinkamen.
Dies war der Punkt, ab dem ihre Bewerbungsgespräche meist schiefliefen, und Stephanie begann nervös an ihrem Haarband herumzuspielen.
»Sie haben als Traubenpflückerin gearbeitet, in einer Käserei, Yoga unterrichtet, in einer Band gesungen. Nicht schlecht!« Lorna schenkte ihr ein ungekünsteltes Lächeln. »Was für ein interessantes Leben!«
»Aber hallo!«, sagte Paul begeistert. »Faszinierend. Warum haben Sie denn in der Auberge aufgehört? Sie waren doch – warten Sie mal – zwei Jahre hier?«
Stephanie fiel blitzschnell eine Lüge ein. Aber dann blickte sie auf Chloé herab, die zu ihr herübergekommen war und sich mit nach oben gerichtetem Gesicht an ihre Mutter schmiegte und sie ansah.
Sie brachte es einfach nicht fertig. Nicht einmal in einer Sprache, die ihre Tochter nicht verstand.
»Eh bien …«, begann sie. »Ich wurde an die Tür gesetzt.«
»An die Tür gesetzt?«, fragte Paul.
»Ich glaube, sie meint, sie wurde gefeuert.«
»Sie wurden GEFEUERT? Wieso das denn?«
»Da war ein Gast, der mich ’at gezwickt in Po. Da ’abe ich ihm gezeigt, dass ich darüber nicht sehr fro’ war.«
»Alle Achtung«, erwiderte Lorna. »Wie haben Sie das angestellt?«
Stephanie holte tief Luft und machte stur weiter damit, die Wahrheit zu sagen. »Ich ’abe ihm eine Teller Cassoulet auf die Kopf gekippt!«
Lorna stieß ein kreischendes Lachen aus, das Mutter und Tochter zusammenfahren ließ, während Paul lediglich von einem Ohr zum anderen grinste.
»Bravo!«, verkündete er. »Gut gemacht!«
»Sie finden das nicht schlimm?«, erkundigte sich Stephanie ein wenig verdutzt.
Paul schüttelte den Kopf und blickte zu Lorna hinüber, die sich Tränen der Heiterkeit abwischte.
»Ich glaube, sie ist genau die, die wir brauchen. Meinst du nicht auch?«
»Absolut. Können Sie gleich nach Weihnachten anfangen?«
Stephanie war sprachlos. Es war ganz einfach gewesen. Sie hatte den Job. Und noch dazu bei netten Arbeitgebern, die so ganz anders waren als dieser alte Bock Loubet, der ihr immer nachgestellt und darüber hinaus noch versucht hatte, ihren Lohn zu kürzen. Diese Engländer mochten zwar ein wenig verrückt sein – das bewies schon allein ihre Bereitschaft, sie einzustellen –, aber sie waren gute Menschen.
»Ja«, krächzte sie schließlich und sprudelte ihrer Tochter wegen einige Worte auf Französisch hervor.
Chloés Augen wurden kugelrund.
»Du hast die Stelle? Und du hast ihnen von der Cassoulet erzählt?«
»Ja.«
Chloé betrachtete die beiden Engländer hinter der Bar, die damit beschäftigt waren, Kaffee zuzubereiten und den Kuchen aufzuschneiden. Sie wollten Maman tatsächlich anstellen. Aber sie hatten ja auch noch nicht von dem Gewürzkuchen gekostet. Und da sie Mamans Kochkünste kannte, versprach das sehr interessant zu werden.
»Lassen Sie mich das klarstellen«, begann Lorna, als sie sich alle an den Tisch setzten. »Monsieur Loubet hat Sie gefeuert, weil sie einen Gast aus der Fassung
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