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Monster

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Titel: Monster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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Sekunden später kam Peake links vom Stationszimmer um die Ecke gebogen.
    Wusch … Das Geräusch der Papierslippers auf Linoleum.
    Heidi Ott hielt ihn am Ellbogen, während er mit halb geschlossenen Augen langsam vorwärts stolperte, wobei sein dreieckiger Schädel mit jedem Schritt wackelte wie bei diesen Plastikhunden im Rückfenster eines Autos. Im gnadenlosen Neonlicht des Korridors wirkten die Haarstoppeln auf seinem Kopf und im Gesicht wie wahllos verstreute Mitesser. Die Furchen auf seinem Schädel schienen so tief, dass allein der Anblick schon schmerzhaft war. Er ging tief vornübergebeugt, als würde sein Rückgrat nachgeben und von der Schwerkraft gänzlich nach unten gezogen, wenn Heidi ihn nicht gehalten hätte.
    Keiner der beiden bemerkte uns, während sie ihn langsam um die Ecke steuerte und ihm dabei ermutigende Worte zuflüsterte.
    Dollard sagte: »Hey«, und sie sah auf. Ihr Haar zu einem festen Knoten zusammengefasst, schaute sie ausdruckslos in seine Richtung. Es wirkte fast, als sei Peake nichts weiter als ein schwer behinderter Patient und sie seine sorgengeplagte Tochter.
    Sie stützte ihn, während Peake wankte und schließlich die Augen öffnete, doch er schien sich unserer Gegenwart noch immer nicht bewusst zu sein. Er rollte mit dem Kopf. Seine purpurrote Zunge glitt schneckengleich aus seinem Mund, wand sich kurz und hing dann einige Sekunden reglos herum, bevor sie sich wieder zurückzog.
    »Was geht hier vor?«, fragte Dollard.
    »Wir machen einen Spaziergang«, sagte Heidi. »Ich dachte, ein bisschen Bewegung würde ihm ganz gut bekommen.«
    »Und wozu?«, sagte Dollard. Seine dicken Arme schnellten vor die Brust, und die Daumen gruben sich in seinen Bizeps.
    »Stimmt irgendwas nicht, Frank?«
    »Nein, alles bestens. Spitzenmäßig - die da wollten ihn noch mal sehen. Wäre schön, wenn er da wäre, wo er hingehört.«
    »Entschuldigung«, sagte Heidi und warf mir einen Blick zu. »Ich wusste gar nicht, dass er Stubenarrest hat.«
    »Hat er auch nicht«, sagte Dollard. »Noch nicht. Jetzt bringen Sie ihn zurück.« Und zu Milo: »Tun Sie, was Sie nicht lassen können. Ich bin in einer Viertelstunde wieder zurück.«
    Die Arme immer noch vor der Brust verschränkt, ging er weg.
    Heidi lächelte - eher peinlich berührt wie ein Teenager, der gerade von seinem Vater eine Gardinenpredigt erhalten hat. »Okay, Ardis, das war’s mit dem Fitnessprogramm für heute.« Eines von Peakes Augen öffnete sich. Ein trüber Blick ins Leere. Er leckte sich die Lippen, streckte erneut die Zunge heraus und rollte mit den Schultern.
    »Niemand sorgt dafür, dass er mal aus seinem Zimmer kommt«, sagte Heidi. »Ich dachte, es hilft vielleicht… na ja, Sie wissen schon.«
    »Sie meinen, dass er mehr redet?«
    Sie zuckte mit den Achseln. »Ich dachte, es wäre vielleicht nicht schlecht. Komm, Ardis, wir bringen dich wieder zurück in dein Zimmer.«
    Sie geleitete ihn durch den Flur zu seinem Zimmer, führte ihn zum Bett und half ihm beim Hinsetzen. Er ließ alles mit sich geschehen und rührte sich keinen Zentimeter, nachdem sie ihn losgelassen hatte. Eine kurze Weile lang sagte niemand ein Wort. Peake blieb völlig regungslos sitzen. Dann begann seine Zunge wieder zu arbeiten. Seine Augenlider zuckten, er versuchte die Augen offen zu halten, doch er schaffte es nicht.
    Heidi sagte: »Könnten Sie bitte das Licht ausschalten? Ich glaube, es ist ihm zu hell.«
    Ich knipste den Schalter aus, und der Raum war plötzlich in ein dunkles Grau getaucht. Peake saß da, leckte sich das Gesicht und rollte mit dem Kopf. Wieder breitete sich eine Wolke aus, die nach Darmwinden und verkohltem Holz stank. Es schien fast, als begrüßte er auf diese Art seine Gäste.
    Heidi wandte sich an Milo: »Warum war Frank so genervt? Ist irgendwas los?«
    »Frank hat einfach nur miese Laune. Aber mal was anderes: Hat Peake seit den Tonbandaufnahmen schon mal wieder was gesagt?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Nein, tut mir Leid. Ich hab’s versucht, aber ohne Erfolg. Deswegen dachte ich mir ja auch, vielleicht hilft es, wenn er ein wenig Bewegung …«
    Peake rollte mit dem Kopf und wiegte den Oberkörper vor und zurück.
    Milo nickte uns kurz zu, worauf wir ein paar Schritte vom Bett weg zur Tür hin machten.
    »Hat Peake jemals etwas erwähnt - etwas, das so klang wie ein Name?«, fragte Milo.
    »Was für ein Name?«
    »Wark.«
    Sie wiederholte es ganz langsam. »Klingt eigentlich nicht wie ein Name … eher wie Quark oder Quak

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