Monster
anderen Seite?«
»Ein Feldweg«, sagte Swig. »Wohin führt der?«
»In die Hügel.«
Milo bog die Drähte auseinander, zog das lose Stück Zaun herunter, machte sich klein und stieg durch die Öffnung. »Reifenspuren«, sagte er. »Gibt’s auf dieser Seite vom Zaun noch irgendwelche Tore oder Wachleute?«
»Das Anstaltsgelände endet am Zaun«, sagte Swig. »Irgendwo muss man ja eine Grenze ziehen.«
»Was ist da oben in den Hügeln?«
»Nichts. Das ist es ja gerade. Die nächsten drei, vier Meilen gibt es nichts, wo man unterkriechen könnte. Der Bezirk lässt einmal im Jahr sämtliche Bäume und Büsche abholzen, sodass es keinerlei Deckung oder Versteck gibt. Jeder, der in die Richtung zu verschwinden versucht, würde vom Hubschrauber aus sofort entdeckt.«
»Wo wir gerade davon reden«, sagte Milo.
Als die Helikopter endlich über dem Gelände ihre Kreise zogen, waren auch schon neun Einsatzfahrzeuge des Sheriffs und das Team der Spurensicherung in ihren Kleinbussen eingetroffen. Die Beamten des Sheriffs trugen Khakiuniformen; man konnte förmlich sehen, wie die Anspannung in Swig immer mehr zunahm, doch er sagte nichts, sondern verzog sich nur in eine Ecke und murmelte von Zeit zu Zeit etwas in sein Funkgerät.
Als Letztes kamen zwei Detectives in Zivil am Tatort an. Der Gerichtsmediziner hatte gerade seine Untersuchung Dollards mit der ergebnislosen Durchsuchung von dessen Taschen beendet. Milo unterhielt sich mit dem Arzt. Der Papierfetzen aus dem Personalaufzug war bereits sichergestellt worden. Ein Beamter von der Spurensicherung kam gerade mit dem Beutel vorbei, und Swig sagte: »Sieht aus wie ein Stück von einem Slipper.«
»Was für ‘n Slipper?«, sagte einer der Detectives, ein hellhaariger Mann Mitte dreißig. Sein Name war Ron Banks. Milo klärte ihn auf.
Banks’ Partner sagte: »Dann brauchen wir jetzt ja nur noch Aschenputtel zu finden.« Er hieß Hector De la Torre, war stämmig gebaut und älter als Banks, und er hatte einen gezwirbelten Schnurrbart. Die ganze Situation schien ihn nicht im Geringsten zu beeindrucken.
Er sagte zu Milo: »Es wäre also möglich, dass er mit dem Fahrstuhl nach unten gefahren ist?«
»Insassen ist der Zutritt dazu verboten«, sagte Milo. »Insofern gibt es keinen Grund, warum da drin ein Papierslipper rumliegen sollte. Außerdem fehlt der Schlüssel von Dollard, was bedeutet, dass Peake ihn sich gegriffen hat. Die übrigen Pfleger waren in einer Besprechung, also hätte Peake mit Leichtigkeit nach unten fahren können, um sich aus dem Staub zu machen. Kann aber auch sein, dass es wirklich nichts weiter ist als ein Fetzen, der irgendwem am Schuh festgeklebt war.«
»Im Fahrstuhl war kein Blut?«
»Nicht ein Tropfen; Blut gab’s nur in der Zelle, die Sie gerade gesehen haben.«
»Dafür, dass jemandem die Kehle aufgeschlitzt wurde, eine saubere Angelegenheit.«
»Der Leichenbeschauer sagt, es ist gar nicht viel geschlitzt worden. Peake hat die Halsschlagader gerade mal angeritzt, und das Blut ist langsam ausgetreten, statt zu spritzen wie eine Fontäne. Wäre beinahe nicht mal tödlich gewesen, und Dollard hätte überlebt, wenn er gleich medizinisch versorgt worden wäre. So wie’s aussieht, ist er in einen Schock verfallen, zusammengebrochen und langsam verblutet, während er ohnmächtig da lag. So gut wie keine Blutspritzer, das meiste hat sich unter ihm gesammelt.«
»Langsames Ausbluten«, sagte Banks.
»Peake war nicht gerade ein Muskelmann«, sagte Milo.
»Trotzdem hat’s gereicht«, sagte De la Torre. »Aber egal. Wer hat den Zaun durchgeschnitten? Woher hatte Peake das nötige Werkzeug?«
»Gute Frage«, sagte Milo. »Vielleicht war es ja Dollards eigenes Messer, mit dem er erstochen wurde. Und vielleicht war es so ein Schweizer Armeeding mit irgendwelchem Werkzeug dran. Obwohl Peake davon keine Ahnung gehabt haben konnte, außer, wenn Dollard es ihm selbst gezeigt hätte. Ansonsten gibt es nur eine Erklärung, und die liegt auf der Hand: Er hatte einen Partner.«
Banks sagte: »Sie meinen, die ganze Angelegenheit war von langer Hand vorbereitet? Ich dachte, der Kerl wäre nichts weiter als ein armer Irrer.«
»Selbst arme Irre haben Kumpels«, sagte Milo.
»Da haben Sie allerdings Recht«, sagte De la Torre. »Sehen Sie sich nur mal den Stadtrat an.«
Banks sagte: »Irgendeine Idee, wer dieser Kumpel sein könnte?«
Milo warf Swig einen kurzen Blick zu. »Bitte gehen Sie in Ihr Büro und warten da, Sir.«
»Das würde Ihnen
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