Monströs (German Edition)
hätte auch sagen können, Eddie war der feige Teil von beiden. Statt in das Hotel zu stürmen, erkundete Eddie zunächst das Außenterrain und dachte nach.
Wenn Waller hinter all dem steckte, warum hatte er sich dann selbst verraten, indem er die Todesanzeige seiner Frau neben Sarahs Leiche gelegt hatte? Vielleicht war Waller durchgeknallt. Vielleicht war Waller auch alles egal. Vielleicht hatte der Tod von Wallers Frau auch nur etwas mit dem Tod seiner Frau zu tun und deshalb hatte die Todesanzeige dort gelegen. Jemand spielte hier ein tödliches Spiel. Er würde herausfinden, wer es war. Wenn es doch Waller war, der hinter allem steckte, dann musste diesem klar sein, dass er alles unternehmen würde, um ihn aufzuspüren, und dass er ihn töten würde, für das, was er ihm angetan hatte. Er konnte sich nicht vorstellen, dass Waller so dumm war.
Möglicherweise sollte er hier oben in eine weitere Falle tappen. Er musste vorsichtig sein. Doch für den Augenblick war es am wichtigsten, ohne Aufsehen in das Hotel zu gelangen. Ihm war jetzt schon beißend kalt. Der Wind verstärkte sich. Die Temperaturen waren zwar am Steigen und es hatte angefangen zu schneien, aber dennoch war ihm kalt. Er ging an der Fassade des Hotels entlang. Sein Plan war, sich irgendwie unbemerkt Zutritt zu verschaffen. Wenn alle schliefen, würde er der Rezeption einen Besuch abstatten und herausfinden, in welchem Zimmer Waller untergebracht war. Anschließend würde er Waller zum Reden bringen. Er hoffte, dass Raphael ihm dabei helfen würde.
Er ging an dem vorstehenden Glasanbau vorbei. Dahinter stieß er auf den linken Turm des Hotels. Wenige Meter daneben befand sich eine alte Kapelle. In der ersten und zweiten Etage des Turmes befanden sich Fenster, klein, aber groß genug, um durch die Öffnungen zu schlüpfen. An der Mauer verlief ein dicker Draht mit starken Halterungen bis nach oben auf die Spitze des Turmes. Es war ein Blitzableiter. Er verlief unmittelbar an den Fenstern vorbei. Eddie schaute sich noch einmal um. Für einen Moment dachte er darüber nach, in die Kapelle zu schauen, tat es dann aber doch nicht. Er wollte ins Warme. Er trat näher an den Draht heran, stellte den linken Fuß auf die unterste Halterung und griff mit der rechten Hand den Draht, um sich daran hochzuziehen. Dann geschah etwas völlig Unerwartetes. Er hörte ein Geräusch, ein Knistern und im selben Moment breitete sich ein Schmerz von bislang ungekannter Intensität schlagartig in ihm aus. Er fiel in den Schnee und krümmte sich, unfähig, sich zur Wehr zu setzen. Er erstarrte, riss den Mund auf. Doch kein Ton kam heraus. Sein Gesichtsfeld verengte sich, es wurde dunkel. Bevor er das Bewusstsein verlor, war ihm eines klar. Jemand hatte sich ihm unbemerkt von hinten genähert und ihm mit einem Elektroschocker mehrere hunderttausend Volt über die Schädeldecke in den Körper gejagt. Mit der gleichen Geschwindigkeit, wie der Strom durch seinen Körper floss, hatte eine andere Person von ihm Besitz ergriffen. Er stellte es mit Genugtuung fest. Diese Person war noch kälter, als der Schnee, in dem er jetzt lag. Er wusste nicht, ob er jemals wieder die Augen öffnen würde, aber wenn er es tat, dann wäre Raphael da und er würde sich ruhig zurücklehnen und zuschauen können, was dieser tat.
10
Der kurze Text der E-Mail reichte aus, ihn völlig aus der Bahn zu werfen.
Lieber Martin,
nach dieser Nacht wird alles gut. Ich habe einen Weg gefunden, wie ich zurückkommen kann. Vertrau mir. Es gibt für alles einen Grund. Ich versichere dir, bevor der Morgen kommt, werden alle Fragen beantwortet sein. Hab noch ein wenig Geduld. Ich vermisse Dich so sehr ...
In Liebe
Anna
Wer zum Teufel war so pietätlos, sich über den Tod seiner Frau lustig zu machen, in dem er ihm eine solche E-Mail schrieb? Noch dazu an ihrem Todestag. Kurz hielt er den Atem an, als ihm ein anderer Gedanke in den Sinn kam. War es vielleicht tatsächlich Anna, die ihm die E-Mail geschrieben hatte? War sie vielleicht noch am Leben? Nein, das konnte nicht sein. Es hatte eine klassische Beerdigung stattgefunden und in dem Sarg war ein Mensch gewesen. Aber war es auch wirklich seine Anna gewesen, die sie zu Grabe getragen hatten? Er wollte glauben, dass sie es nicht gewesen war, dass sie aus einem Grund, den er nicht kannte, untergetaucht war und sich nun mit dieser E-Mail an ihn gewandt hatte, aber es widersprach jeglicher Vernunft. Es war ausgeschlossen. Sein Verstand wollte
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