Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Monströse Welten 1: Gras

Monströse Welten 1: Gras

Titel: Monströse Welten 1: Gras Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sheri S. Tepper
Vom Netzwerk:
gemacht, weil er sie mitgenommen hatte, an einen Ort, an den Eugenie mit Sicherheit nicht gehörte. Infolgedessen fühlte er sich schuldig, und dieses Gefühl nagte an ihm. Er hatte den Eindruck, sie schlecht behandelt zu haben, obwohl sie keine entsprechenden Reaktionen zeigte; weder damals noch heute. Nie hatte sie sich feindselig ihm gegenüber verhalten, wenn er mit Eugenie zusammen war, nie war sie wütend gewesen wegen seiner Beziehung zu dieser anderen Frau. Sie hatte sich nie beklagt oder eine Drohung ausgesprochen. Sie war immer da, stets korrekt und treusorgend, immer ausgeglichen und handelte in allen Situationen angemessen, auch in solchen, in denen er sie, wie sie wußte, in Versuchung führen wollte. Manchmal hätte er seine Seele dafür gegeben, wenn sie geweint oder geschrien, sich auf ihn gestürzt oder von ihm abgewandt hätte, aber sie tat nichts dergleichen.
    Er fragte sich, ob sie Vater Sandoval Zorn oder Eifersucht beichtete. Offenbarte sie ihm ihre Gefühle? Weinte sie sich bei ihm aus?
    Vor langer Zeit hatte er sich gesagt, daß Marjorie ihn wohl nie so lieben würde, wie er es sich erträumt hatte, denn sie hatte all ihre Liebe den Pferden gewidmet. Er haßte es sogar, daß Marjorie ausritt, weil sie dabei den Pferden das gab, was sie ihm vorenthielt – ihre Leidenschaft. Pferde. Mehr noch als Mutterschaft und ihr karitatives Engagement.
    Doch nun fragte er sich, ob das tatsächlich stimmte. Waren es wirklich die Pferde, an die sie ihr Herz verloren hatte? Oder hatte sie nur auf einen anderen gewartet? Zum Beispiel auf jemanden wie Sylvan bon Damfels?
    Wofür hielt sie ihn?
    Er mußte es wissen. »Marjorie, hat Sylvan bon Damfels etwas gesagt, während ihr getanzt habt?«
    »Was soll er denn gesagt haben?« Sie schaute ihn verwundert an, wobei sie sich noch immer wegen seiner Absicht grämte, mit den bons auszureiten, ohne Rücksicht auf Verluste. »Sylvan? Was denn, Rigo? Soviel ich weiß, hat er nichts Besonderes gesagt. Er hat mir und Stella Komplimente wegen der Kleider gemacht. Er ist ein guter Tänzer. Weil Pollut uns nicht vor ihm gewarnt hatte, habe ich mich entspannt und den Tanz genossen. Wieso? Weshalb fragst du überhaupt?«
    »War nur so eine Frage.« Er fragte sich, was sie wohl verbergen mochte.
    »Was hat Sylvan mit…«
    Was hatte Sylvan womit zu tun? Mit den Gefühlen, die Rigo beim Anblick seiner Frau in Sylvans Armen verspürt hatte. Mit der Tatsache, daß Sylvan ritt und er, Rigo, nicht. Er verfolgte die Frage nicht, was diese beiden Dinge miteinander zu tun hatten. Er würde, sich gar nicht erst damit befassen. »Überhaupt nichts. Ich erwarte nicht, daß du und die Kinder an der Jagd der Aristos teilnehmen.«
    »Aber weshalb mußt du denn mitreiten?!«
    »Weil sie mir nur dann etwas sagen werden, wenn sie mir vertrauen, und sie werden mir erst dann vertrauen, wenn ich an ihren… ihren Ritualen teilnehme!«
    Sie schwieg, wobei sie trotz ihres Kummers keine Miene verzog. Hier auf Gras herrschte ein Klima der Feindseligkeit, Feindseligkeit, die gegen sie gerichtet war, gegen die Fremden. Wenn Rigo mit ihnen ausritt, würde er in sein Verderben reiten. »Du wirst deine Meinung nicht ändern.« Das war keine Frage, sondern eine Feststellung, und er begriff nicht, mit welcher Hoffnungslosigkeit sie es sagte; die ganze Liebe, die sie ihm schuldig zu sein glaubte, legte sie in diesen Satz: »Du wirst deine Meinung nicht ändern, Rigo.«
    »Nein.« Der Ton, in dem er das sagte, ließ keine weiteren Diskussionen zu. »Nein.«
     
    Eine primitive Maschine, der Reitsimulator. Primitiv und klobig, doch kaum massiger als der Rittmeister, Hector Paine, mit seinem düsteren und undurchdringlichen Gesichtsausdruck. Ganz in Schwarz war er gekleidet, als ob er trauern würde um all jene, die er zum Sterben ausgebildet hatte.
    Rigo hatte ein leerstehendes Zimmer im Winterquartier zum Trainingsraum umfunktioniert, und hier übte er nun in Gesellschaft von Stella, die sich ganz als Papas kleines Mädchen gab. Ungläubig hatte Rigo vernommen, sein anfängliches Tagespensum würde vier Stunden betragen. Stella schien es nicht gehört zu haben und vermittelte überhaupt einen ziemlich unbeteiligten Eindruck. Sie tätschelte den Reitsimulator, summte vor sich hin und registrierte ansonsten scheinbar nichts.
    »Morgens eine Stunde Training, dann eine Stunde reiten. Später am Tag das gleiche noch mal. Bis zum Wochenende schaffen wir vielleicht drei Stunden, dann vier. Wir werden solange

Weitere Kostenlose Bücher