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Monströse Welten 2: Hobbs Land

Monströse Welten 2: Hobbs Land

Titel: Monströse Welten 2: Hobbs Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sheri S. Tepper
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Generation der Thilions, die in Freiheit geboren war. Ihre Urenkel, Sarlias Enkel, waren bereits die fünfte Generation. Doch selbst nach so langer Zeit war das Schicksal der in Voorstod versklavten Gharm noch immer ein Quell ständigen Schmerzes, nicht nur emotional, sondern auch körperlich. Die Befindlichkeit eines Gharm strahlte auf alle seine Artgenossen aus, wobei diese Wahrnehmung durch die Entfernung zwar abgeschwächt wurde, aber immer noch spürbar war. Wenn nun ein Gharm in Voorstod eines qualvollen Todes starb, fühlten alle Frei-Gharm einen Stich in der Brust, und sie weinten, nicht so sehr wegen der Schmerzen, sondern vor allem wegen des Verlustes. Und weil in Voorstod andauernd Gharm starben, befanden die Frei-Gharm sich im Zustand permanenter Melancholie. In mancherlei Hinsicht waren die Gharm von Ahabar genauso unfrei wie ihre Verwandten in Voorstod, obwohl Tausende von Meilen und viele Jahre zwischen der Gharm-Kolonie und der tödlichen Halbinsel lagen.
    Stenta setzte sich auf einen Polsterstuhl und ließ sich von ihrer ältesten Tochter Tee nachschenken. Bei oberflächlicher Betrachtung hätte man keinen Altersunterschied zwischen ihnen wahrgenommen. Die kleinen, schlanken Gestalten glichen sich wie ein Ei dem anderen. Die dunklen Pelzkappen waren ebenfalls identisch. Alle hatten die gleichen Augen, platten Nasen und glatte Haut, so daß auch diese Merkmale keinen Anhaltspunkt dafür boten, ob es sich nun um Mutter oder Tochter handelte. Sogar die geschmeidigen Bewegungen der Arme, die grazilen Gesten der mit vier Fingern und zwei Daumen bestückten Hände und die Höflichkeitsrituale waren bei beiden Generationen identisch; mit der einen Ausnahme, daß Stenta sich nicht ganz so tief verbeugte und etwas langsamer niederkniete. Als die Älteste, die ›Gemme‹ (denn für die Gharm waren die Alten so wertvoll wie Juwelen), durfte sie Respekt verlangen, auch wenn ein Außenstehender kaum erkannte, in welchem Ausmaß ihr dieser Respekt zuteil wurde. Es genügte, daß sie selbst es wußten, und was andere über solch eine private Angelegenheit dachten, interessierte sie nicht.
    Als Liva nun sah, wie bei der Erwähnung der versklavten Verwandten ein schmerzlicher Ausdruck auf dem Gesicht ihrer Mutter erschien, warf sie Sarlia einen schnellen Blick zu und bat sie: »Erzähl uns von den Tchenkas, Mama-Gem.«
    »Ihr habt die Geschichte doch schon gehört«, sagte die ältere Frau hinter der Teetasse. »Zehntausendmal.«
    »Und wäre es zehntausend mal zehntausend, es wäre immer noch nicht genug«, sagte Liva rituell. »Keine Wiederholung ist zuviel.«
    »Das ist wahr«, bestätigte Stenta. Die Legenden der Tchenka waren Teil des Erbes der Gharm und mußten authentisch an die nächste Generation weitergegeben werden. Auch wenn niemand wußte, ob die Tchenka auf Gharm geblieben, gestorben oder ihnen nach Ahabar gefolgt waren: Ihre Geschichte mußte erzählt werden. Sie waren die Geister der Gharm, egal wieviel Zeit bereits vergangen oder wie groß die Entfernung war. Es frommte jedem Gharm, die Legenden zu hören und von ihnen zu lernen.
    Stenta stimmte einen Gesang an, wobei sie mehr hauchte als daß sie sang; zu mehr war sie in ihrem Alter nicht mehr in der Lage. »Vor langer Zeit lebte Billa-Die-Bedürftige…«
    * * *
    Vor langer Zeit erwachte Billa-Die-Bedürftige aus der Dunkelheit und Leere. Das einzige, das sie verspürte, war ein diffuses Hungergefühl. Was bin ich? fragte Billa sich. Weshalb wache ich hier auf? Wo bin ich? In welcher Zeit bin ich, vorher oder nachher? Wer außer mir ist noch an diesem Ort?
    Lange Zeit meditierte Billa über diesen Fragen, bis Billa schließlich beschloß, zunächst einmal herauszufinden, ob es außer ihr noch andere Lebewesen gab. Also sang Billa einen Akkord und schickte ihn hinaus in die dunkle Leere, bis die ganze Leere von diesem Akkord widerhallte. Und dann verhallte der Akkord ohne ein Echo in der Stille.
    Es kommt keine Antwort, also bin ich allein, erkannte Billa-Die-Bedürftige. Und weil es kein Echo gibt, befinde ich mich in einer Leere; und weil es kein Echo gibt, befinde ich mich am Anfang allen Lebens; und weil ich mich am Anfang allen Lebens befinde, bin ich erwacht, um die Schöpfung einzuleiten; und weil ich mich in der Leere befinde, bin ich Alles-Was-Es-Gibt.
    Lange Zeit meditierte Billa über diesen Antworten, bis Billa schließlich beschloß, andere Wesen zu erschaffen, die ein Echo erzeugten.
    Ich werde andere Lebewesen erschaffen, sagte

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