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Monströse Welten 2: Hobbs Land

Monströse Welten 2: Hobbs Land

Titel: Monströse Welten 2: Hobbs Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sheri S. Tepper
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Nicht nur, daß er in der Siedlung selbst einen Tempel errichtet hatte, er hatte auch beim Bau weiterer Tempel zugesehen und wußte also, wie man Fundamente legt. Die Steine in Voorstod hatten eine andere Farbe als die in Hobbs Land, doch aufgrund ihrer speziellen Materialeigenschaften waren sie leicht zu bearbeiten. Die Ausformung des Fußbodens als Mulde ersparte Jep sich indessen. Ein ebener Boden würde den Erfordernissen der Gharm wie auch der Menschen eher entsprechen. Er glättete den Erdboden nur und stampfte ihn fest, bevor er eine einfache Schicht aus großen, flachen Steinen als Unterlage für das Mosaik verlegte. Die dafür verwendeten bunten Kiesel kamen jedoch nur in den Flüssen von Hobbs Land vor; also stellte sich nun die Frage, was er für das Mosaik nehmen sollte. Doch dieses Problem war im Moment noch nicht akut.
    Wenn die Gharm aus der Stadt Feierabend hatten und die Voorstoder sich unten in Sarby einen Rausch angetrunken hatten, kamen sie und gingen ihm zur Hand; manchmal waren es nur ein paar Leute, manchmal auch ein Dutzend. Arbeitseifer war jedoch nicht der eigentliche Grund ihres Erscheinens. Jep sagte nämlich immer, er sei Derjenige Welcher, der gekommen sei, um ihnen zu verkünden, daß die Götter – will sagen die Tchenkas – bald nach Voorstod kommen würden; und dies sollte ihr erstes Haus werden.
    »Ihr müßt ihre Bilder auf dem Boden ausbreiten«, sagte er. »In meiner Heimat hatten wir einen steinernen Tchenka aufgestellt. Weil ich aber nicht weiß, wie eure Tchenkas aussehen, müßt ihr das selbst tun.«
    Dies mutete die Gharm seltsam an; trotzdem machte ein Angehöriger des Grasschlangen-Clans sich auf die Suche und fand schließlich auf einem Hügel einen grünen Stein. Dann überzogen die Gharm den Steinboden des Tempels mit einer Lehmschicht, zertrümmerten den grünen Stein und setzten aus den Splittern eine grüne Schlange mit einem roten Auge zusammen. Damit das Arrangement überhaupt trocknete, mußten sie ein Feuer darüber entzünden; anschließend polierten sie das Kunstwerk mit feinem Sand. Nach der Grasschlange schufen sie aus braunen, beigefarbenen und weißen Kieselsteinen eine vogelähnliche Kreatur mit großen Augen, und dann folgten noch ein Dutzend Vögel, Fische und Landtiere, von denen Jep nur die wenigsten als Lebewesen identifizierte. Außerdem fanden Kachel- und Glassplitter sowie diverse andere Werkstoffe bei der Gestaltung des Mosaiks Verwendung. Jeden Morgen, wenn Jep den Boden inspizierte, hatten die Gharm das Mosaik um ein Stück erweitert, gebrannt und poliert. Und jeden Abend, wenn er ins Bett fiel, hatte der Bau des Tempels weitere Fortschritte gemacht. Die Arbeit schritt mit verblüffender Schnelligkeit voran. Die Mauern und Bögen schienen geradezu in die Höhe zu schießen; sie waren filigraner als ihre Pendants in den Siedlungen. Nach fünfzig Tagen war der gesamte Boden mit einem Muster aus komplexen Schnörkeln und Knoten bedeckt, dessen Anmutung sich vom Design der Mosaiks auf Hobbs Land deutlich unterschied. Das Muster wirkte eher aggressiv als kontemplativ. Das Dach war auch anders. Die Gharm hatten es nach dem Vorbild ihrer Hüttendächer errichtet: Es bestand aus an Bändern aufgehängten Reetbündeln, wobei sie auf eine Lehmschicht verzichteten; die würde nämlich nie trocknen, wie sie Jep erklärten.
    Metallgitter für die Ringwand gab es auch nicht. Jep erklärte den Gharm die Funktion von Gittern, worauf sie wundervoll verziertes Flechtwerk aus Rohr anfertigten.
    »Wann werden die Tchenkas kommen?« fragten sie ihn, nachdem sie ihn nach besten Kräften unterstützt hatten.
    »Wenn Diejenige Welche kommt«, beschied er sie. »Sie bringt die Substanz der Schöpfung.«
    »Jep ist Er-Ist-Erschaffen«, sagten sie und nickten sich zu. »Und die andere ist Sie-Setzt-Die-Schöpfung-Fort. Vielleicht sagt er die Wahrheit.«
    Mit düsterem Blick dachten sie über seine Worte nach. Die Gharm hatten nämlich nicht viel zu lachen. Nur auf Jeps Drängen hin sangen sie ihre Lieder, und dann nur leise, damit die Voorstoder sie nicht hörten. Die endlose Litanei der Tchenkas, Lieder, die jedes Gharm-Kind kannte – leise, leise, damit die Voorstoder nicht wütend wurden und die Lieder mit Blut besudelten. Zusätzlich zu dieser Litanei gab es noch individuelle Lieder, welche das Leben der Tchenkas nach ihrer Erschaffung schilderten. Wenn die Gharm sich nicht gerade mit theologischen Fragestellungen beschäftigten, losten sie aus, wer als nächster

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