Monströse Welten 2: Hobbs Land
Unbeteiligter auf der Strecke blieb, dann aus Versehen.
Nun wußte er, daß vorsätzlich getötet wurde, ohne jeden militärischen Sinn; es waren aus schierem Haß geborene Terrorakte. Und doch hielt er noch immer daran fest, daß sein Vater nichts damit zu tun hätte.
Doch das Wort, das Maire beim Übersteigen des Geländers geflüstert hatte, hatte Phaed gelautet. Sie hatte es gesagt, als ob sie seine Gegenwart gespürt hätte. Hatte sie Phaed wirklich als einen der an diesem Anschlag Beteiligten identifiziert?
Vielleicht war es auch nur eine Vermutung, sagte Sam sich. Vielleicht haßte sie Phaed wegen anderer Dinge so sehr, daß sie ihm von vornherein jede Schlechtigkeit zutraute. Das mußte es sein. Die arme Maire war so voller Haß gegen ihren Ehemann. Er hatte Mitleid mit ihr. Zumindest glaubte er, daß er Mitleid mit ihr hätte.
Am anderen Ende des Raums sprach die Königin mit einigen ihrer Berater. »Ihr werdet sicher Repräsentanten nach Authority entsenden wollen«, sagte der alte Lord Multron.
»Nein«, erwiderte die Königin mit vor Kälte klirrender Stimme und wandte sich dem Kommandeur zu. »Ich werde keine weiteren Repräsentanten nach Authority schicken. Ich will, daß bis zum nächsten Morgen die Generalmobilmachung erfolgt ist. Die Armee soll Green Hurrah besetzen und Skelp isolieren. Sämtliche Verbindungswege zur Halbinsel sind zu unterbrechen. An der gesamten Küste sind Posten aufzustellen. Unsere Marine wird Voorstods Häfen blockieren. Wir werden dieses Rattenloch von Voorstod dichtmachen.«
»Eure Sublimität«, sagte Samstag und erhob sich. »Ich muß aber nach Voorstod.«
Die Königin nahm sie überhaupt nicht wahr.
»Sie muß nach Voorstod«, sagte Maire emotionslos. »Ein Familienangehöriger von uns wird dort als Geisel gehalten.«
Maires Kleid war blutverschmiert. Sie hatte Streifen abgerissen und die Harfenspielerin damit verbunden; sie hatte ihr zunächst das Leben gerettet, doch niemand wußte, wie lange sie überleben würde. Die Musikerin war alt und gebrechlich. Ihre ganze Kraft hatte sie aus der Musik bezogen, und nun, da ihr die Finger fehlten, fehlte ihr auch die Musik. Als sie Stenta verlassen hatten, war sie von einer Traube aus Ärzten umlagert gewesen, und ihre Familie hatte außerhalb dieses Kreises gekniet und sie beweint, als ob sie bereits tot gewesen wäre. »Mama-Gem, oh, Mama-Gem.«
»Es befinden sich Gharm in Voorstod«, sagte Maire in scharfem Tonfall, womit sie erreichte, daß die Königin endlich auf sie aufmerksam wurde. »Tausende Gharm. Sie wollen doch nicht, daß ihnen etwas zustößt. Dann wäre Stenta Thilions Opfer nämlich sinnlos gewesen. Samstag muß nach Voorstod gehen. Und ich auch.«
Königin Wilhulmia versuchte, sich zu konzentrieren. »Was haben Sie da gesagt? Sie wüßten eine Möglichkeit, die Gharm von Voorstod zu retten?«
»Vielleicht«, sagte Samstag.
»Vielleicht«, bestätigte Maire. »Sie müssen Samstag und Sam die Genehmigung erteilen, nach Voorstod auszureisen. Egal, was Sie sonst unternehmen.«
»Beabsichtigst du, in Voorstod einzumarschieren, Mutter?« fragte Prinz Ismer. In seinen edlen Gesichtszügen spiegelten sich sowohl Schmerz als auch Entschlossenheit. Sein jüngerer Bruder indes, Prinz Rals, stand mit verständnislosem Gesichtsausdruck neben ihm. Er war von den Ereignissen völlig überrascht worden. Im einen Moment hatte er sich noch wohlig dösend gefällige Musik angehört, und im nächsten wurde er schon von den Wachen fortgeschleppt. Er wußte noch immer nicht, was der Harfenspielerin widerfahren war.
»Ismer, ich weiß nicht, ob wir einmarschieren werden. Im Augenblick weiß ich nur, daß wir niemanden aus Voorstod herauslassen werden. Sollte ich diesen Leuten untersagen, nach Voorstod einzureisen?«
Ismer betrachtete die drei. »Weshalb willst du ausgerechnet jetzt nach Voorstod?« wandte er sich an Samstag.
»Zum einen deshalb, weil mein Cousin dort ist«, erwiderte sie. »Sie werden ihn umbringen, wenn sie nicht davon abgehalten werden.«
»Wenn sie es nur für eine Blockade halten«, sagte Maire mit einem Blick auf Sam, »hoffen sie vielleicht, daß sie irgendwann wieder aufgehoben wird. Und während sie dieser Hoffnung nachhängen, werden sie vielleicht an den ursprünglichen Plänen festhalten, wie sie vor diesem Zwischenfall existierten. Vielleicht ist ihnen noch immer daran gelegen, Maire Manone in die Hand zu bekommen. Oder sie wollen einfach nur ein Geschäft machen. Ein Leben gegen ein
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