Monströse Welten 2: Hobbs Land
des Farmers.
»Das weiß niemand.« Der Farmer schüttelte den Kopf; er wirkte verwirrt und leicht verärgert. »Die Leute, die hier vorbeikommen, berichten mir nur die Fakten; über die Hintergründe weiß aber keiner Bescheid.«
Während Sam in östlicher Richtung nach Panchy unterwegs war, sah er nur wenige Männer, welche die für die Sache typischen Kappen trugen, und diese paar machten entweder einen betrunkenen oder einen verwirrten Eindruck. Sie hielten auf die Hügel zu, und nun dankte Sam dem Farmer dafür, daß er ihm von dieser Route abgeraten hatte. Das an der Küste gelegene Panchytown lag nicht auf seinem Weg, doch ein Handelsreisender, der ihn ins Odil County mitnahm, erzählte ihm von den Tempeln von Panchytown. »Merkwürdige kleine Rundhäuser«, sagte der Mann kopfschüttelnd. »So etwas habe ich noch nie gesehen.«
Auf der am Fuß der Berge entlangführenden Straße herrschte nicht viel Verkehr, aber dennoch gelang es Sam, als Anhalter Bight County zu durchqueren. Schließlich erreichte er Scaery. »Paß auf dich auf«, sagte der Fahrer, als er Sam vor einer Taverne absetzte. »Hier in Scaery ist das Chaos ausgebrochen.«
»Was ist denn los?«
»Die Gharm-Götter sind los«, erklärte der Mann. »Sie sind in die Stadt eingedrungen. Jede Nacht veranstalten sie eine Prozession. Und die Propheten veranstalten Gegenprozessionen. Die Propheten stehen kurz vor dem Durchdrehen. In diesem Zustand sind sie zu allem fähig. Paß auf dich auf.«
Tchenka? Worum sollte es sich sonst handeln? Sam stieg im Gasthof ab und nahm ein Zimmer mit Blick auf die Straße. Wenn es wirklich Umzüge gab, dann wollte er sie sehen.
Nach Mitternacht ging es los. Die Stadt lag in völliger Dunkelheit. Plötzlich tauchte auf der Straße eine lange Prozession auf, angeführt von einer langen, smaragdgrünen Schlange. Gefolgt wurde die Schlange von tanzenden Gharm, die mit Glocken, Zimbeln und Trommeln ein fröhliches Konzert veranstalteten. Hinter der Schlange stolzierte ein haushoher Vogel mit violetten Schwingen einher. Und wieder singende Gharm.
Plötzlich ertönten ein Gong und ein Trompetensignal, und die Schlange und der Vogel verschwanden. Dann strömte eine Horde Männer, angeführt von Propheten, in die Straße. Ausgestattet mit den Symbolen der Sache, Peitschen und Bannern, marschierten sie die Straße entlang, bliesen die Fanfaren, schlugen den Gong und brüllten aus vollem Hals: »Zorn, Eisen und Voorstod.« Nachdem sie abgezogen waren, tauchte die grüne Schlange aus einer Seitenstraße auf, ringelte sich vor der Taverne zusammen und schaute Sam mit glühenden türkisfarbenen Augen an. Danach machten Vogel und Schlange anderen Kreaturen Platz, die dann ihrerseits von den Propheten vertrieben wurden, nur um gleich darauf wieder zu erscheinen. Die ausgelassene Prozession der Gharm dauerte die ganze Nacht.
»Coribee«, riefen sie, als sie Sam am Fenster stehen sahen.
»Coribee.«
Sam frühstückte im Gasthof. Es gab Pasteten, Käse und Lorsfowl- Eier, die er noch nie zuvor gegessen hatte.
»Harn Se die Parade gesehen?« fragte die Köchin, eine dralle Frau unbestimmten Alters. »Harn Se die große Schlange gesehen. Das war vielleicht’n Ding.«
Plötzlich hatte Sam einen Geistesblitz. »Der Allmächtige hat den Propheten mit der Schlange ein Zeichen gegeben«, sagte er. »Die Propheten sollen dieses Land verlassen und an einen anderen Ort gehen.«
»Das hab ich nich’ gewußt«, sagte sie erstaunt. »Weshalb denn?«
»Äh… weil sie die Arbeit in einem neuen Land schneller beenden werden«, sagte Sam. »So spricht der Allmächtige Gott.«
»Ich werd nich’ mehr«, sagte die Köchin, schüttelte perplex den Kopf und ging wieder an die Arbeit, wobei sie hin und wieder »Ich werd nich’ mehr« vor sich hinbrabbelte.
»Erinnern Sie sich an Maire Manone?« fragte Sam nach einer Weile.
»Ja«, sagte sie. »Ich war noch ein kleines Mädchen, als sie gegangen ist, aber an ihre Lieder erinnere ich mich. ›Scaery im Nebel‹, ›Das Boot‹, ›Krähen im Kornfeld‹. Wir singen diese Lieder noch heute.«
»Wissen Sie, wo sie in Scaery gewohnt hat?«
Die Köchin selbst wußte es nicht, aber sie verwies Sam an jemanden, der es wußte. Als er dann ging, um diese Person ausfindig zu machen, hörte er, wie die Köchin einer Gruppe von Arbeitern aus den umliegenden Gebäuden erzählte, der Allmächtige habe den Propheten eine Botschaft gesandt.
»Woher weißt du das denn?« fragte einer.
»Es ist die
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