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Monströse Welten 2: Hobbs Land

Monströse Welten 2: Hobbs Land

Titel: Monströse Welten 2: Hobbs Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sheri S. Tepper
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Elemente wie ein Saum umgaben. Sie berührte die Fasern, und als sie die Hand wegnahm, war sie mit einer pulvrigen Substanz überzogen. Die Mauern waren ebenfalls mit diesem trockenen pelzigen Überzug bewachsen. Was auch immer dieser feine Pelz gewesen war, nun war es tot.
    Sie verließ die Mulde und schritt die umlaufende Galerie ab, wobei sie die Bögen auf eventuelle Haltepunkte untersuchte. Erst beim östlichen Bogen fand sie eine Aufstiegsmöglichkeit, eine Reihe von Löchern, die an einer Seite des Bogens verliefen. Es hatte den Anschein, als ob in regelmäßigen Abständen Steine aus dem Bogen gefallen wären und Haltepunkte von der Größe eines menschlichen Fußes zurückgelassen hätten. Dadurch war es möglich, an der Seite des Bogens hinaufzuklettern.
    Staub rieselte auf ihr Gesicht, und Licht blendete sie. Sie schaute auf und sah Tageslicht, wo gar kein Tageslicht hätte sein sollen. Sie wischte sich das Gesicht ab und stellte fest, daß die Hand mit rotem Staub überzogen war, der von der Holzdecke fiel. Die Parallelbalken waren morsch. Nun rieselte noch mehr Staub herab, diesmal weiß, woraus sie folgerte, daß die Lehmschicht über dem Gebälk ebenfalls bröckelte. Wenn sie nun am Bogen emporkletterte und ein Stück aus dem Holz heraussägte, bestand durchaus die Gefahr, daß die ganze Konstruktion über ihr zusammenbrach! Aber das war lächerlich! Das Büro für Umwelt- und Naturschutz würde den Tempel doch nicht dem Verfall preisgeben!
    Der Staub rieselte weiter, begleitet von einer unmerklichen Veränderung der Statik des Dachs. Als sie vorsichtshalber unter dem Bogen in Deckung ging, erzitterte er. Sie befürchtete, daß er der Kraft, die das sich verschiebende Dach auf ihn ausübte, nicht mehr lange standhalten würde. Die Tür, durch die sie die Kammer betreten hatte, die einzige Tür, befand sich auf der entgegengesetzten Seite.
    Entschlußlosigkeit hatte man China noch nie nachgesagt. Sie rannte los. Es krachte im Gebälk, und eine Staubwolke wallte auf. Sie war noch sechs Bögen von der Tür entfernt, als die Balken gequält knirschten, aber sie drehte sich nicht um. Die Tür war zugefallen, nachdem sie die Kammer betreten hatte, und sie mußte sie nun mit Gewalt öffnen. Sie stürzte aus dem Gebäude und lief bis hinunter zur Straße. Erst dann drehte sie sich um.
    Sie wurde Zeuge, wie das Dach fast in Zeitlupe und ohne besondere Geräuschentwicklung einstürzte. Das Dach der Zentralkammer überragte das Dach des Vorbaus um mindestens drei Meter und war auch nicht mit ihm verbunden. Dennoch stürzte es simultan mit dem niedrigeren Dach ein, wobei der Vorgang fast lautlos ablief.
    Schließlich erhoben sich nur noch die blanken Steinbögen wie der Brustkorb eines Skeletts über das Chaos aus Balken und Staub. Der Tempel des Bondru Dharm glich nun den anderen Tempelruinen, denen in der Nähe und denen im Norden der Siedlung.
    »Sieht fast so aus, als ob das Dach mit einem Desintegrator bearbeitet worden wäre«, ertönte plötzlich eine brüchige Stimme hinter China.
    China drehte sich um und sah sich mit einer ziemlich großen Menschenmenge konfrontiert. Die Theckles standen dicht hinter ihr – Mard machte einen betrübten Eindruck, doch Emun wirkte dermaßen engagiert, daß es fast den Anschein hatte, er sei der Eigentümer des Gebäudes.
    »Einige Soldaten auf Enforcement verfügen über eine Spezialausrüstung«, erklärte Emun. »Sie haben eine Art Gewehr, das als Desintegrator bezeichnet wird. Damit verwandeln sie jegliche Materie in Staub.«
    »Auch Menschen?« fragte China spontan.
    »Natürlich. Menschen, Tiere, Häuser, alles. Wenn das Gebäude wirklich von einem Desintegrator getroffen worden wäre, würden die Steinbögen auch nicht mehr existieren.«
    Die beiden alten Männer blieben noch eine Weile neben ihr stehen, schüttelten den Kopf und unterhielten sich nuschelnd. Die anderen Schaulustigen, die auf dem Rückweg von den Feldern gewesen waren, zeigten murmelnd auf den Tempel und zerstreuten sich schließlich. Sie nickten und winkten China zum Abschied zu.
    Nachdem der Staub sich gesetzt hatte, ging China zum Tempel zurück und durchsuchte die Trümmer nach einem Stück Wolfszedernholz. Aber sie fand nichts außer Staub und ein paar morschen Holzstücken, die bei der ersten Berührung zerbröselten. Nun würde niemand mehr erfahren, wann der Tempel des Bondru Dharm errichtet worden war. ›Desintegriert‹, sagte sie sich; ihr schauderte bei dem unangenehmen Klang des

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