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Monströse Welten 2: Hobbs Land

Monströse Welten 2: Hobbs Land

Titel: Monströse Welten 2: Hobbs Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sheri S. Tepper
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sein Versagen zu verdanken hatte. Vielleicht hatte der Allmächtige Gott einen unbekannten Feind. Vielleicht war andernorts ein anderer Gott nicht gewillt, vor den Gläubigen zu kapitulieren.
    Altabon Faros schluckte und behielt diese Gedanken für sich. Sie allein hätten schon genügt, ihn der Verdammnis anheimfallen zu lassen. »Ich würde gern meine Familie besuchen«, murmelte er schließlich, als der Prophet offensichtlich ausgeredet hatte.
    Der Prophet lächelte sonderbar und signalisierte ihm seine Zustimmung. Als Faros im Foyer die Robe überzog, betrat Halibar Ornil die Halle. Nun würde der Prophet eine zweite Befragung durchführen, um die beiden Versionen auf eventuelle Abweichungen zu überprüfen.
    »Eure Heiligkeit«, hörte er Halibar Ornil im angrenzenden Raum sagen.
    »Begründe diese Verzögerung. Berichte von Anfang an. Als ob ich keine Ahnung hätte…«, hörte Faros den Propheten mit dem Gewicht einer göttlichen Verkündung sagen, als er zur Tür hinausging.
    Die Frauenquartiere befanden sich hinter der Zitadelle, im angrenzenden Bergwald von Wolke. Eine Anzahl von Häusern war in den Waldsümpfen errichtet worden, die von hohen Mauern umgeben und von den Gläubigen bewacht wurden. Faros wurde zu einem dieser Häuser gebracht und trat durch das große, massive Tor.
    Die Gharm-Frau, die er schon beim letzten Mal gesehen hatte, war wieder da und fegte gerade die Gartenwege. Unter gesenkten Lidern schaute sie ihn mitleidig an.
    »Meine Frau?« fragte er.
    Sie wies in Richtung des Pools. Nachdem er ein Stück gegangen war, sah er Silene und die Kinder am Pool, wo Blumen blühten, alte Blumen, die von den Gärten von Zorn und Eisen auf Menschenheimat stammten, viele tausend Jahre alt. Der Junge war jetzt sieben. Er war gewachsen. Das Mädchen war noch ein kleines Kind. Erst drei. Faros lief zu ihnen hin. Als die Kinder ihn sahen, rannten sie fort wie aufgescheuchte Vögel. Seine Frau drehte sich erschrocken um und regte sich nicht.
    »Silene!« rief er und streckte die Hände aus.
    Sie senkte den Kopf und knetete die Hände im Schoß.
    »Silene!« rief er wieder und nahm sie in die Arme. Sie war so steif wie eine Holzpuppe und hatte nichts Menschliches an sich. Das schwarze Haar fiel ihr wirr auf den Rücken, als ob sie sich in letzter Zeit nicht mehr gekämmt hätte. Ihr Teint wirkte rauh und ungepflegt. Er sah, daß man ihr die Fingernägel ausgerissen hatte.
    »Was?« sagte er. »Wieso?« Er schüttelte sie, bis sie ihn schließlich anschaute.
    Als sie den Mund öffnete, sah er, daß die Zunge fehlte.
    »Der Prophet hat sie ihr herausschneiden lassen«, ertönte die Stimme der Gharm in seinem Rücken. »Er kam her, schrie sie an und behauptete, Sie würden Ihre Pflicht nicht erfüllen. Anstatt niederzuknien und zu schweigen, war sie so unklug, Sie in Schutz zu nehmen. Sie sagte ihm, er solle Ihnen keine Vorwürfe machen, denn Sie täten Ihr Bestes. Zuerst drohte er, wegen dieser Reden die Kinder zu töten, doch dann begnügte er sich mit der Anweisung an die Wachen, ihr die Zunge herauszuschneiden.«
    Silene stieß ein gurgelndes Geräusch aus, als ob sie etwas sagen wollte. Tränen strömten ihr übers Gesicht.
    »Wenn wieder eine Verzögerung eintreten sollte, wird es noch schlimmer für sie«, sagte die Gharm. »Dann sind die Hände, die Brüste oder die Augen an der Reihe. Das hat der Prophet zu ihr gesagt.«
    Silene sah ihn erschrocken an, und er drückte sie an sich. Sie war keine Voorstoderin. Sie war eine Ahabarianerin. Die Kinder waren auch keine Voorstoder, sondern Ahabarianer. Aber er war im Herzen ein Voorstoder. Oder doch ein Ahabarianer? Oder war er vielleicht etwas ganz anderes, für das es keine Bezeichnung gab?
    Die Gharm-Dienerin sah ihm direkt ins Gesicht. »Uns Gharm tun diese gläubigen Menschen das schon die ganze Zeit an. Aber ich wundere mich, daß sie das nun auch mit euch machen.«

 
3
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    Königin Wilhulmia von Ahabar war keine junge Frau mehr. Das Haar leuchtete silberfarben, und die Augen hatten den goldenen Schimmer des Alters angenommen. Der königliche Hermelin und der schwere Spitzenkragen von Ahabar trugen auch nicht gerade dazu bei, ihre massige Statur zierlicher wirken zu lassen. Mit dem vorspringenden Kinn, dem schmallippigen Mund, der großen Nase und den buschigen Augenbrauen, die übergangslos in einen üppigen Haarschopf

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