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Monströse Welten 3: Toleranz

Monströse Welten 3: Toleranz

Titel: Monströse Welten 3: Toleranz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sheri S. Tepper
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verstand die Welt nicht mehr. Noch nie hatte er sich einer unwilligen Frau aufgedrängt! Keine Frau, die nicht Ziel einer Beauftragten- Mission war, hatte sich jemals vor ihm fürchten müssen, und in sexueller Hinsicht hatte sich schon gar keine Frau vor ihm fürchten müssen! Doch an ihrem Gesichtsausdruck gab es nichts zu deuteln: Sie hatte Angst vor ihm oder vor sich selbst, aber machte das überhaupt einen Unterschied?
    Sie wandte sich starr von ihm ab, und nach einem langen Moment des Schweigens verließ er zitternd das Zimmer. Er wußte nicht, was er fühlte. Vielleicht Sympathie? Oder Kummer? Was nun? Vielleicht Wut, weil das nämlich am einfachsten war. Nur daß Zorn kontraproduktiv war, denn sie würde sich vielleicht bald wieder beruhigen.
    Na schön. Er schluckte den Ärger hinunter und beschloß, ihr mehr Zeit zu geben.
    Als sie beim Frühstück in seiner Nähe saß, schaute sie jedoch durch ihn hindurch oder an ihm vorbei; das war mehr oder weniger der gleiche Blick, mit dem sie ihn seit der ersten Begegnung in der Taverne in Enarae immer angesehen hatte. Fringe saß neben Nela, doch sie würdigte nicht einmal diese eines Blickes.
    »Wir haben diese Nacht nicht gut geschlafen. Ich träumte, ich wäre diese kleine Schildkröte in der Geschichte«, sagte Nela, halb an Fringe gewandt.
    »Das muß ein trauriger Traum gewesen sein«, sagte Fringe ausdruckslos.
    »Nicht trauriger als die Geschichte von der jungen Kriegerin und den Glyphen, die du uns erzählt hattest«, murmelte Nela.
    »Es ist dieselbe verdammte Geschichte«, sagte Bertran in gereiztem Ton. »Viele von uns sind mit den gleichen Geschichten aufgewachsen. Viele von uns haben sogar die gleiche Geschichte. Zu diesem Schluß bin ich jedenfalls gekommen.«
    Danivon versuchte vergeblich, Blickkontakt mit Fringe herzustellen. Sie drehte sich weg. »Apropos Schildkröten«, sagte er hektisch, »Fringe hat einen Schildkrötenpanzer in ihrer Wohnung. Er liegt auf einem Podest, aber sie sagt mir nicht, weshalb.«
    »Einen Schildkrötenpanzer?« fragte Nela interessiert.
    Fringe sah Danivon an und schüttelte den Kopf. »Ich fand ihn auf einer der Selten- Inseln, in der Krone eines großen Baums. Soweit ich weiß, klettern Schildkröten aber nicht auf Bäume.« Fringe hielt es für wahrscheinlich, daß ein Raubvogel den Panzer dort abgelegt hatte, obwohl es sich vielleicht auch um Nelas Schildkröte gehandelt hatte, die den geheimen Zufluchtsort der Vögel gesucht hatte. Vielleicht war sie doch hinaufgeklettert und kam nicht wieder herunter, so daß sie hoch oben gestorben ist, mit Blick auf den Himmel. Diese Erklärung gefiel ihr am besten. Wenn man schon in solche Höhen aufstieg, dann lieber auf eigene Faust, anstatt gepackt und gefressen zu werden!
    »Und du möchtest Danivon nicht sagen, weshalb du ihn aufbewahrst?« stichelte Nela.
    »Wenn Danivon mich kennen würde, wüßte er den Grund«, sagte sie und musterte ihn. »Ich hebe ihn auf, um mich daran zu erinnern, daß auch kleine Lebewesen nach etwas Höherem und Schönerem streben als dem, was sie schon kennen. Auch kleine Lebewesen versuchen zu klettern und weigern sich, den Verlockungen der Bequemlichkeit und… Güte zu erliegen.«
    Das hatte eigentlich kalt klingen sollen, aber die Worte glichen eher einem Flehen.
    Danivon errötete. Nela sah das und wußte sofort Bescheid; ihrem Zwillingsbruder, der sich auf das Essen konzentrierte, entging diese Episode jedoch.
    Bertran lachte zerknirscht. »Du überraschst mich, Fringe. Ich dachte immer, ein Sproß von Enarae würde alte Erdlinge wie Nela und mich nicht verstehen, aber allein schon die Tatsache, daß die Schildkrötengeschichten bei uns beiden ähnliche Reaktionen hervorrufen, zeigt mir, daß wir doch vieles gemeinsam haben.«
    »Die Menschen sind gar nicht so verschieden, wie man uns immer glauben machen will«, sagte Nela und versuchte, die Unterhaltung emotional zu entschärfen.
    Das war Häresie! Curvis konterte mit einem leidenschaftlichen Plädoyer für die auf Woanders vorherrschende Vielfalt, während Fringe, die den Themenwechsel mit einem Gefühl der Erleichterung zur Kenntnis nahm, sich auf die für diesen Morgen geplante Vorstellung konzentrierte.
    Auf der Reise von den Curward-Inseln hatte Nela darauf bestanden, eine zur Schicksals-Maschine passende, extravagante Robe und einen Kopfputz zu kreieren, ein fließendes, perlenbesetztes Gewand und eine breite Kappe mit bunten Schürzen, die das Gesicht verbargen. Mehr Tricks, sagte

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