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Monströse Welten 3: Toleranz

Monströse Welten 3: Toleranz

Titel: Monströse Welten 3: Toleranz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sheri S. Tepper
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werden, wenn sie davon erfahren.
    »Ich weiß nicht, ob ich ihn jemals gesehen habe. Danivon, meine ich«, sagt Syrilla, die noch immer ihren Gedanken nachhängt.
    »Er müßte jeden Moment hier sein«, verkündet Boarmus. »Ich habe beschlossen, ihn nach Panubi zu schicken.«
    »Sie schicken ihn dorthin, damit er der Sache mit den Drachen nachgeht«, quiekt Syrilla in gespielter Überraschung.
    Boarmus mustert sie düster unter den buschigen Brauen hervor. Weshalb beharrt diese blöde Frau auf dieser mädchenhaften Attitüde? Ist aber gerade in Mode. Bei jedem gesellschaftlichen Ereignis kichern und quieken sie und fuchteln mit den Händen wie Enten, die sich in die Lüfte erheben wollen! Nun, trotz allem Quieken und Plappern handelt es sich um eine ernste Angelegenheit. Wenn die Leute in Panubi Drachen melden, wo es bisher keine Drachen gegeben hat, muß man jemanden hinschicken, der sich darum kümmert.
    »Das muß er sein«, kreischt Syrilla, klatscht in die Hände und deutet auf die Treppe, wo eine aufrechte, farbenprächtig kostümierte Gestalt erscheint. »Er hat sogar das zeremonielle Gewand an.«
    »Wie es sich gehört«, nuschelt Boarmus. »Obwohl es verdammt verdächtig ist.« Niemandem auf dem Balkon entgeht der wippende Federbusch, der wallende Mantel mit den breiten Ärmeln, die scharlachrote Hose und das gleichfarbige Hemd, der Tritt der auf Hochglanz polierten Stiefel aus dem Leder eines exotischen Tiers.
    Danivon Luze, der die Treppe hinaufschreitet wie bei einer Parade, ist sich seiner Wirkung durchaus bewußt. In Anbetracht der Gerüchte, die in Toleranz herumschwirren, hatte er diesen Auftritt inszeniert, um jeden Anschein einer Absprache beziehungsweise Verschwörung zu vermeiden, wenn er zu einer Besprechung mit Boarmus beordert wurde. Danivon vertraut Boarmus im Grunde nicht, glaubt auch nicht, daß er ihn leiden mag, obwohl er sich nicht sicher ist. Manchmal wirkt Boarmus wie die personifizierte Sünde und dann wieder wie der gute Onkel. Unmöglich vorherzusagen, ob er heute der böse Luze ist oder der liebe Luze. Also kommt Danivon wie bei einer Parade daher, was ihn gewiß verdächtig macht, ihm aber auch eine gewisse Anonymität verleiht; die Individualität verbirgt er sozusagen hinter den Insignien seines Amts und einem uniformierten, formellen Auftreten: Hier erscheint nicht Danivon Luze, sondern ein Rats-Beauftragter, stationiert in Toleranz.
    Danivon bleibt in der von der Etikette gebotenen Anzahl von Schritten vor den Teetrinkern stehen und entbietet ihnen einen zackigen militärischen Gruß mit anschließender Verbeugung, deren Neigungswinkel bis auf den Zentimeter genau berechnet ist. Er richtet sich wieder auf und verharrt in einer angemessen ehrerbietigen Stellung. »Sir«, sagt er und nimmt den Hut ab. »Ma’am«, sagt er und steht bequem.
    Boarmus bietet ihm keinen Sitzplatz an, aber das hatte Danivon auch nicht erwartet.
    »Sie haben die Nachrichten von Panubi gehört«, sagt Boarmus. »Diese Sache mit den Drachen.«
    »Nur am Rande, Sir. Nichts Konkretes.« In Wirklichkeit weiß Danivon wahrscheinlich mehr über die sogenannten Drachen als Boarmus. Drachen, gewiß, aber auch Meldungen über andere, unbeschreibliche Dinge, dazu Schreie in der Nacht und Leute, die morgens verschwunden (oder meistens verschwunden) waren; eine ungewöhnliche Schreckensbilanz, selbst für Woanders. All das wurde Danivon zu seiner Erbauung im Quartier der Frick’schen Bediensteten serviert, weit unter diesem exklusiven Niveau. Boarmus beschäftigt sich nicht mit den Dingen, mit denen Danivon zu tun hat; er hat keinen Kontakt zur Basis, zu den Lakaien, die mit den Boten aus den Provinzen verkehren oder mit den kürzlich zurückgekehrten Wartungstechnikern und Lkw-Fahrern.
    Boarmus schürzt die vollen Lippen und sagt mit hoheitlicher Attitüde, hauptsächlich um Syrilla einen Gefallen zu tun: »Soweit wir wissen, leben keine drachenähnlichen Tiere auf Woanders, obwohl es nicht ausgeschlossen ist, daß Personen aus Orten der niedrigen Kategorie sich als Drachen verkleiden oder Personen aus Orten der hohen Kategorie drachenähnliche Bi-Oiden anfertigen.« Er nimmt einen Schluck Tee, wobei er zufrieden feststellt, daß weder Dringlichkeit noch ein Anflug von Panik in seiner Stimme mitgeschwungen hat.
    Er stellt die Tasse auf die Untertasse und fährt fort: »Da wäre noch etwas. Vor ein paar Jahren, als Sie noch im Jugendalter waren, erhielt ich eine Botschaft aus Panubi. Nicht aus einer der

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