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Monströse Welten 3: Toleranz

Monströse Welten 3: Toleranz

Titel: Monströse Welten 3: Toleranz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sheri S. Tepper
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diplomatische Tradition fortsetzen, die auf der Erde ihren Ursprung hatte. Wir gewährleisten die Vielfalt der Menschheit. Kein System allein befriedigt alle menschlichen Bedürfnisse. Das wissen wir aus der Geschichte. Wir stehen vor der Aufgabe, die Große Frage des Schicksals der Menschheit zu beantworten, und die Antwort liegt in der Vielfalt. Das lehrte man uns. Daran glaube ich. Nur hier, auf Woanders, existiert diese Vielfalt, und wir, du und ich, stehen mit unserem Leben dafür ein.«
    In ihrer Stimme hatten sowohl verwandtschaftliche Sorge als auch Selbstgewißheit mitgeschwungen. Die Große Frage und der Wert der Vielfalt waren ihm seit der Kindheit eingetrichtert worden; folglich hatte er ihr zugestimmt. Natürlich hatte er ihr zugestimmt; welches Mitglied des Aufsichtsrats wäre auch zu Widerspruch fähig gewesen? Und doch, als er das Wort ›Kinderopfer‹ hörte, kamen ihm Bedenken. Erneut schweifte der Blick in die Runde. Die anderen hatten nicht einmal geblinzelt. Nun, er würde sich sicherlich daran gewöhnen.
     
PUNKT 5: Beschwerde der Hemi-Provinz Salzmarsch, daß die Hemi-Provinz Chor Übervölkerung praktiziert, um ein paar besonders gute Stimmen zu gewinnen und Salzmarsch dadurch mit überzähligen Kindern belastet, von denen viele ein musikalisches Gehör haben.
VERFÜGUNG: Der Rat schlägt Salzmarsch vor, (1) die Annahme der Kinder zu verweigern oder (2) den Status als vollwertige Provinz zu beantragen und die Vereinbarungen mit Chor zu kündigen und die Unverletzlichkeit seiner Grenzen zu gewährleisten oder (3) einen Beauftragten anzufordern, der die Vereinbarungen zwischen Salzmarsch und Chor überprüft und die Angelegenheit nach eigenem Ermessen regelt.
     
    »Wie zum Beispiel?« fragte Jacent seinen Nachbarn im Flüsterton, einen viel älteren, dicken Mann, der jede Verfügung mit unterwürfiger Stimme absegnete. Jacent, der die vergangenen Jahre mit der Überwachung der C&D-Maschinen verbracht hatte, war erst kürzlich ins Komitee aufgenommen worden. Es handelte sich um seine erste Rats-Sitzung, und mit dem Prozedere war er noch nicht vertraut. »Was würde ein Beauftragter für angemessen halten?« fragte er.
    »Oh, er wird sich vielleicht für eine kleine Pest in Chor entscheiden, wodurch die Bevölkerung so reduziert wird, daß sie ihre Kinder behalten, oder vielleicht für eine kleine Pest in Salzmarsch, um das gleiche Ergebnis herbeizuführen. Oder er verhängt gegen Chor eine Geldstrafe für jedes nach Salzmarsch geschickte Kind, das ein musikalisches Gehör hat. Es gibt viele Möglichkeiten.« Jacents Nachbar kratzte sich an der Nase. »Ich würde in diesem Fall eine Geldstrafe für wahrscheinlich halten, weil es eigentlich keinen Vertrag gibt, den man aufkündigen könnte. Sie haben doch die Maschinen für eine Weile beobachtet, nicht wahr? Dann wissen Sie auch, daß die Maschinen, bevor sie eine Verfügung treffen, jeden Präzedenzfall der letzten Jahrhunderte berücksichtigen. Es kommt äußerst selten vor, daß wir die Entscheidungen der Maschinen revidieren.«
    Jacent legte die Hand auf den Mund, um ein Gähnen zu unterdrücken.
    Sein Nachbar schaute ihn verständnisvoll an. »Ich weiß. Bis wir Punkt Nummer Fünfzig erreichen, wird es wirklich langweilig.«
     
PUNKT 6: Beschwerde von Bürgern von Neu-Athen, daß ein Tyrann die Macht übernommen habe und die Bürger der Menschen- und Grundrechte beraube.
VERFÜGUNG: Die Verfassung von Neu-Athen (siehe Anhang) garantiert allen Bürgern die Menschen- und Grundrechte. Beauftragte werden entsandt, um den Tyrannen und seine Anhänger zu neutralisieren.
     
    »Aye«, murmelte das Komitee befriedigt. Später würden sie schriftlich über die Konsequenzen dieses Votums informiert werden. Einige Bilder des Attentats waren ziemlich aufregend.
     
PUNKT 7: Beschwerde von Bürgern von Derbeck, daß Folterungen und Exekutionen mutmaßlicher Dissidenten durch Chimi- Hunde eskalieren.
VERFÜGUNG: Derbeck ist eine auf religiöse und politische Orthodoxie gegründete Theokratie. Willkürliche Hinrichtungen und Folterungen sind systemimmanent.
     
    Keine Strafe.
    »Aye«, sagte Jacent und gähnte hinter vorgehaltener Hand.
     
PUNKT 8: Beschwerde eines Bürgers von Lüge…
     
    »Wie haben Sie sich nun entschieden?« fragte Danivon Luze. Er saß auf einem von Fringes filigranen Stühlen und betrachtete das auf dem nächsten Steinsockel stehende Objekt. Sie zuckte die Achseln, als ob sie noch keinen Entschluß gefaßt hätte.
    Er seufzte

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