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Montags sind die Eichhörnchen traurig: Roman (German Edition)

Montags sind die Eichhörnchen traurig: Roman (German Edition)

Titel: Montags sind die Eichhörnchen traurig: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Pancol
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als würden wir leben … und wissen gar nicht, dass wir nur so tun.
    Sie sammelte kurze Augenblicke der Freude, kleine Stückchen vom Glück. Die großen Stücke konnte sie nicht schlucken. Sie war glücklich mit diesen kleinen Stückchen. Sie reichten ihr vollkommen.
    Wie zu wissen, dass Garibaldi sie mochte …
    Sie verstand die Geschichte von Cary Grant und seiner Mutter.
    Alle liebten ihn, alle fanden ihn toll, er war der größte Star Hollywoods, aber er war immer der kleine neunjährige Junge geblieben, der von seiner Mutter im Stich gelassen worden war. Archibald Leach beschwor seine Mutter, ihn anzuschauen. Doch Elsie sah Cary Grant und erkannte ihn nicht.
    Sie hob den Ellbogen, wenn er sich ihr näherte …
    Lehnte den Pelzmantel ab.
    Schleuderte die Katze durchs Zimmer.
    Verbot ihm, sie Mama zu nennen.
    Weigerte sich, in ein schönes Haus in Los Angeles zu ziehen, in seine Nähe.
    Wirkte abwesend, wenn er anrief.
    Sagte, du bist nicht Archie, du bist nicht mein Sohn …
    Er ließ nicht locker. Rief jeden Sonntag an, wo auch immer auf der Welt er sich gerade befand …
    Mit zugeschnürter Kehle. Jedes Mal zitternd.
    Nicht mehr wissend, wer er war …
    Archie Leach, Cary Grant?
    Er war erwachsen geworden, er hatte Erfolg, aber es war, als wäre das alles nur Fassade … Als gehörte es gar nicht zu ihm, sondern zu einer Figur namens Cary Grant.
    Die er ganz allein geschaffen hatte.
    Indem er sich im Spiegel beobachtete, indem er den Umfang seines Halses berechnete, die Größe seines Kragens, indem er die Hände in die Taschen steckte, indem er seinen Akzent korrigierte, indem er an seiner Mimik, seinen Grimassen, seinen Haltungen feilte, indem er gelehrte Wörter lernte, die er in ein Heft schrieb …
    Er hatte es ganz allein geschafft.
    Ganz allein …
    Die Menschen, denen es gelingt, ihrer Kindheit zu entfliehen, sind immer Einzelgänger. Sie brauchen niemanden, sie gehen mit den Händen in den Taschen, ein bisschen schwankend, ein bisschen zitternd, ein bisschen sich räuspernd, aber sie gehen vorwärts.
    Sie hob den Kopf. Dankte dem Kleinen Mann dafür, dass er ihr Cary Grants Geschichte erzählt hatte. Jedes Mal, wenn sie an den Sturm am Atlantik zurückdachte, fügte sie dem Puzzle ein weiteres Stück hinzu.
    Cary Grant hatte ein neues Stück in das große Puzzle eingefügt. Einen kleinen Satz, den sie formuliert hatte, ohne sich dessen überhaupt bewusst zu sein: »Sie war aus dem Wasser gekommen … ganz allein.«
    Ganz allein …
    Sie dachte an ihre Töchter. An Antoines Tod …
    Sie fragte sich, ob Hortense und Zoé Albträume hatten, wenn sie an Antoines Ende dachten.
    Sie fragte sich, ob Zoé den Tod ihres Vaters vergessen wollte, wenn sie sich an sie schmiegte und wie ein kleines Mädchen redete, das sie nicht mehr war. Ob sie alles durcheinanderbrachte, Gaétan, die Nacht im Keller, die Arme ihrer Mutter, das Ohr ihres Kuscheltiers, an dem sie knabberte … Sie stand im Gleichgewicht, ein Fuß noch in der Kindheit, der andere in der Zukunft. Nicht sicher, welcher Seite sie sich zuneigen sollte. Sie zögerte.
    Hortense hatte die Tür zur Kindheit schon lange hinter sich zugeschlagen. Sie schaute entschlossen nach vorn und strich alles aus ihrem Gedächtnis, was sie belasten könnte. Eine Art schützende Amnesie. Sie hatte einen Panzer um sich geschaffen. Wie lange würde sie dahinter noch in Sicherheit sein? Irgendwann kam immer der Moment, in dem der Panzer in Stücke flog …
    Auch ich habe eine trockene Kehle, bevor ich mit Hortense rede. Ich kreise um das Telefon, bevor ich ihre Nummer wähle.
    Auch ich habe Angst davor, dass sie mich zurückweist und mir die Katze ins Gesicht schleudert.
    Dabei bin ich eine großartige Mutter …
    Ich bin eine großartige Mutter.
    Sie wählte Hortenses Nummer.
    Sie war zu Hause. Fuchsteufelswild.
    »Im Bad steht das Wasser drei Zentimeter hoch, und kein Mensch kümmert sich darum, ich hab die Nase voll von diesem Haus, so voll, das kannst du dir nicht vorstellen! Und weißt du was? Dieser beknackte Ayatollah …«
    »Peter?«, ergänzte Joséphine fragend.
    »Dieser Volltrottel! Er hat beschlossen, mich zu erziehen. Mir beizubringen, wie’s im richtigen Leben zugeht! Er sagt, diesmal wäre ich an der Reihe, den Vermieter anzurufen und ihn anzuschreien … Er ist zum Moralapostel mutiert und belehrt mich in einer Tour. Ich ertrage ihn nicht mehr. Ich glaube, ich verschwinde hier … Neulich abends haben wir versucht, uns zu versöhnen. Wir waren zusammen

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