Montags sind die Eichhörnchen traurig: Roman (German Edition)
ungeduldig.
»Doch, Madame Cortès, er hat das Recht dazu. Seit Sie mir alles wieder so schön hergerichtet haben, zieht meine Loge Neider an, und es gibt da eine, die sie haben will. Das weiß ich, ich habe ein bisschen rumgeschnüffelt und mich erkundigt. Anscheinend ist sie viel schicker als ich – sie trägt Twinsets und weiße Perlenketten –, und hier im Haus sollen sich einige darüber beschweren, dass ich nicht vornehm genug bin. Was erwarten die denn? Dass ich Griechisch und Latein spreche und Benimmkurse gebe? Ehrlich, Madame Cortès … Wieso sollte eine Concierge denn etwas Besseres sein?«
Sie schüttelte den Kopf und verlieh ihrer Missbilligung durch ein Schnauben Ausdruck, das an eine verstopfte Trompete erinnerte.
»Wissen Sie, von wem diese Vorwürfe kommen, Iphigénie?«
»Na, von allen, Madame Cortès! Die haben hier doch alle einen Besenstiel verschluckt … Neulich habe ich mit den Kindern gespielt, ich hatte mich als Obelix verkleidet, mit zwei Kissen in der Hose und einem Kochtopf auf dem Kopf, als Madame Pinarelli an die Tür geklopft hat. Es war neun Uhr abends, und es ist ja wohl meine Privatsache, was ich um neun Uhr abends mache! Ich habe ihr aufgemacht, und die alte Giftspritze hätte sich fast an ihrer Zunge verschluckt! Was für ein Anblick, Iphigénie, hat sie gesagt, ich bin erschüttert! Ich nenne sie doch auch nicht Éliane, ich nenne sie Madame Pinarelli! Und ich frage sie auch nicht, ob sie es normal findet, dass ihr Sohn mit über fünfzig noch bei ihr wohnt!«
»Na gut, ich rufe den Verwalter an … morgen, versprochen …«
»Und ich will Ihnen noch was verraten, Madame Cortès, der Verwalter … ich glaube, er hat was mit …«
Sie sah sie vielsagend an.
»Er hat was mit wem?«, fragte Joséphine.
»Mit der, die meine Loge haben will. Ich bin mir ganz sicher! Mein siebter Sinn blinkt wie verrückt. Und er sagt mir, dass ich in Gefahr bin, weil ich jemandem im Weg stehe.«
»Ich werde sehen, was ich tun kann, Iphigénie, und ich halte Sie auf dem Laufenden, versprochen!«
»Bei Ihnen wird er die Samthandschuhe anziehen, Madame Cortès. Ihnen muss er zuhören. Erstens weil Sie eine Berühmtheit sind, und zweitens wird er Sie schonen wollen, nach dem« – sie gab erneut dieses Schnauben von sich, das wie eine verstopfte Trompete klang –, »was mit Ihrer Schwester passiert ist.«
»Haben Sie Monsieur Sandoz davon erzählt?«, fragte Zoé, die Monsieur Sandoz und Iphigénie nur zu gern vor dem Traualtar gesehen hätte.
Der vergeblich schmachtende Monsieur Sandoz tat ihr leid. Sie begegnete ihm oft unten in der Eingangshalle. Oder in der Loge. Würdevoll und traurig in seinem weißen Regenmantel, den er immer trug, ob es regnete oder nicht. Mit leicht gräulichem Teint. Dieser Mann sieht aus wie ein erloschener Kamin, dachte Zoé. Es fehlt nur ein Streichholz, um in ihm neue Glut zu entfachen. Er hielt sich immer ein wenig gekrümmt, als versuchte er, durchsichtig zu werden. Unsichtbar.
»Nein. Warum sollte ich ihm davon erzählen? Was für ein komischer Gedanke!«
»Keine Ahnung. Zu zweit ist man stärker … außerdem hat er schon viel erlebt, wissen Sie! Er hat mir ein bisschen aus seinem Leben erzählt. Von früher, vor dieser schweren Prüfung, die ihn fast umgebracht hätte …«
»Aha!«, entgegnete Iphigénie, wenig interessiert an dem, was Zoé zu berichten hatte.
»Er hat sogar früher mal beim Film gearbeitet. Er kann Ihnen von ganz vielen Stars erzählen. Er hat sie alle kennengelernt … Er hat schon als Junge bei Filmdrehs angefangen, davon gab es damals in Paris jede Menge! Er arbeitete als Mädchen für alles. Vielleicht hat er noch Beziehungen.«
»Aber ich bin kein Star, ich bin Concierge. Und er versteht nichts von der Welt der Concierges!«
»Man kann nie wissen …«, seufzte Zoé geheimnisvoll.
»Ich bin immer allein zurechtgekommen, da werde ich mich bestimmt nicht jetzt mit jemandem zusammentun, um es leichter zu haben!«, zischte Iphigénie. »Und wisst ihr was: Er hat gelogen, was sein Alter angeht. Neulich abends sind ihm seine Papiere aus der Gesäßtasche gefallen, ich habe sie aufgehoben und dabei einen Blick auf seinen Ausweis geworfen. Na, was glaubt ihr? Er hat sich um fünf Jahre jünger gemacht! Er ist nicht sechzig Jahre alt, sondern schon fünfundsechzig! Wenn ich richtig gerechnet habe … Er will besser dastehen, sich interessant machen. Und außerdem machen Männer nur Probleme, glaub mir, meine kleine Zoé. Wenn du
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