Montana 04 - Vipernbrut
Eismumienmörder herstellen können. »Glauben Sie mir, ich würde diesen verfluchten Mistkerl liebend gern festnageln«, hatte sie Halden geschworen, »aber ich habe wirklich keine Idee, wer er sein könnte.«
Noch nicht.
Nach dem zermürbenden Gespräch mit den FBI-Agenten hatte Dan Grayson sie in sein Büro gerufen und ihr mitgeteilt, dass er sie von dem Fall abziehe. Sturgis hatte zusammengerollt in seinem Hundebett neben der Topfpflanze geschnarcht, was Alvarez einen Stich ins Herz versetzt hatte.
»Aus irgendeinem Grund hat es der Mörder auf Sie abgesehen«, hatte Grayson gesagt. »Warum, weiß keiner von uns, am wenigsten Sie selbst, aber ich denke, es ist auf alle Fälle das Beste, wenn jemand anders die Ermittlungen übernimmt. Pescoli kann mit Gage zusammenarbeiten.«
Brett Gage, ein Vierzigjähriger mit der gertenschlanken Statur eines Läufers, war der oberste Kriminalermittler des Departments. Ihm oblag die Überwachung sämtlicher Fälle, so dass er die meiste Zeit hinter dem Schreibtisch verbrachte. Es war das erste Mal, seit sie für das Büro des Sheriffs von Pinewood County tätig war, dass er sich aktiv in die Ermittlungen einschaltete.
»Sie können mich nicht von dem Fall abziehen.«
»Doch, das kann ich und das will ich.« Er sah sie durchdringend an, dieser Mann, von dem sie einmal geträumt hatte. Sein Blick wirkte gehetzt, als laste nicht nur das Gewicht, für die Sicherheit seines Countys sorgen zu müssen, auf seinen breiten Schultern, sondern die Verantwortung für das gesamte Land. »Ich bin der Sheriff, erinnern Sie sich?«
»Aber … «
»Keine Widerrede, Detective«, sagte er, durch und durch professionell. »Ich werde außerdem dafür sorgen, dass man Ihr Haus überwacht.«
»Das müssen Sie nicht.« Sie wusste, dass das Department dünn besetzt war, trotz der Unterstützung durch Staatspolizei und FBI bei diesem speziellen Fall. Das eisige Winterwetter brachte jede Menge Probleme mit sich, die Notrufleitungen standen nicht still, immer wieder mussten Deputys ausrücken, um Eingeschneiten oder bei Verkehrsunfällen zu helfen. Bäche und Flüsse froren zu, das unter dem Eis hervor-dringende Fließwasser sorgte für gefährliche Überschwemmungen, immer wieder kam es zu Stromausfällen, und nun war auch noch ein gewaltiger Schneesturm angesagt worden. Sie hatten einfach nicht genügend Leute, da war es kaum möglich, auch noch jemanden zur Überwachung ihres Reihenhauses abzustellen.
Dan Grayson hatte ihr drei Fotos über seinen Schreibtisch hinweg zugeschoben, eins von jedem Opfer, das neueste war die Aufnahme, die der Mörder ihr höchstpersönlich zum Geschenk gemacht hatte. »Diese Frauen tragen Ihren Schmuck. Entwendet aus Ihrem Haus. Genau das haben Sie doch ausgesagt, nicht wahr?« Sein markantes Kinn hatte ausgesehen wie aus Stein gemeißelt.
»Ja.«
»Und der Junge, Gabriel Reeve, ist aller Wahrscheinlichkeit nach Ihr Sohn, ist das richtig?«
Sie nickte.
»Reeve ist zur gleichen Zeit in Ihrem Haus auf getaucht wie der Mörder.«
»Zumindest deutet alles darauf hin.«
»Was für ein Zufall.«
»Ich dachte, Sie glauben nicht an Zufälle.«
»Das tue ich auch nicht.« Ihre Blicke trafen sich, und Alvarez meinte, mehr als nur die Sorge eines Mannes zu erkennen, der als Chef eine gewisse Verantwortung für sie trug; ein weit tiefer gehendes Gefühl flackerte in seinen Augen auf, und er drehte rasch den Kopf zur Seite. Er räusperte sich, dann sagte er: »Verändern Sie Ihr Äußeres, und zwar gleich. Und versuchen Sie gar nicht erst, mich davon abzubringen, Ihr Haus überwachen zu lassen. Nehmen Sie Sturgis mit. Er wird einen Höllenlärm veranstalten, sollte jemand versuchen, bei Ihnen einzubrechen.«
Sie warf einen Blick auf den schlafenden Labrador. Als er seinen Namen hörte, wedelte er bedächtig mit dem Schwanz, doch er hob nicht mal den Kopf.
»Vielen Dank, das ist sehr nett von Ihnen, aber ich hätte lieber meinen eigenen Hund zurück.«
»Es ist doch nur so lange, bis Roscoe wieder auftaucht.«
»Nein … wirklich nicht … aber nochmals danke für das Angebot.« Alvarez wusste, wie sehr Grayson an dem Labrador hing. Sie würde die beiden nicht trennen, nicht mal für eine Nacht, Psychopath hin oder her. Wer war der Kerl nur? Woher kannte er sie? Und, was noch wichtiger war, wieso hatte er es gerade auf sie abgesehen?
Grayson war sich mit der Hand über den Bart gefahren.
»Wenn Sie Ihre Meinung ändern sollten … «
»Werde ich es Sie wissen
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