Montana 04 - Vipernbrut
bildeten. Er gab Pescoli einen raschen Abriss seines Werdegangs, wobei er unterschlug, dass er eigentlich aus Bad Luck, Texas, stammte. Den Zeugnissen an der Wand war zu entnehmen, dass er seinen Abschluss an der Southern Methodist University in Dallas gemacht hatte. Dort hatte er auch Lorraine kennengelernt und geheiratet.
»Wie sind Sie dann hier, in Grizzly Falls, gelandet?«, erkundigte sich Pescoli angelegentlich.
Er spreizte die Hände. »Ich gehe dorthin, wo mich die Kirche braucht«, sagte er, und das war noch nicht einmal gelogen. Nachdem er ein Jahrzehnt in der heißen Sonne Arizonas gebrütet und eine kleine Gemeinde in Tucson betreut hatte, hatte es ein Problem mit der achtzehnjährigen Tochter eines der Kirchendekane, Cecil Whitcomb, gegeben. Peri war zu ihm gekommen, um ihn um Rat zu ersuchen, und er hatte ihren vollen, glänzenden Lippen, ihrer Zunge, die so verführerisch über ihre Zähne glitt, ihren festen, runden Brüsten, gerade so groß, dass sie eine Männerhand füllten, nicht widerstehen können.
Peri hatte Trost gebraucht, weil ihre Eltern sich scheiden ließen.
Er hatte sich ihrer angenommen.
Bereitwillig hatte diese junge, vollkommene Frau im Schlafzimmer Dinge mit sich anstellen lassen, die Lorraine für »abstoßend« und »animalisch« hielt. Selbst jetzt noch spürte er, wie heiße Erregung in ihm auf stieg, wenn er daran dachte, wie er Peri von hinten genommen hatte, wie sich ihr kleiner, glatter Hintern gegen seinen Unterleib gepresst hatte, wenn er diese wunderbaren Brüste vor sich sah, die in seinen liebkosenden Hände baumelten … Er hatte seine Zähne in ihren Nacken gegraben, daran geknabbert … O Gott, was für eine Ekstase! Sündige, glückselige Ekstase. Und wenn Peri ihn mit ihrem feuchten warmen Mund und ihrer geschmeidigen Zunge verzaubert hatte, war er gar in einen Zustand himmlischer Verzückung geraten …
»Prediger Mullins? Haben Sie meine Frage gehört?«, fragte ihn die Polizistin jetzt, und er kehrte mit einem Ruck in die Gegenwart zurück, dankbar dafür, dass der Schreibtisch die Beule in seinem Schritt verdeckte. Was hatte er sich nur dabei gedacht, seine Gedanken derart schweifen zu lassen?
»Kennen Sie Brenda Sutherlands Ex-Mann?«
»Nein … ähm, ich weiß natürlich, dass sie geschieden ist«, fügte er hinzu und versuchte, besorgt dreinzublicken. »Offenbar hat es ein paar … Streitigkeiten … wegen der gemeinsamen Söhne gegeben, aber nein, Ray Sutherland ist kein Gemeindemitglied, und ich habe ihn auch noch nie zu Gesicht bekommen.«
Pescoli stellte weitere Fragen, die ihn nicht beunruhigten, doch es war durchaus möglich, dass sie noch einmal aufkreuzen würde. Zweifelsohne würde sie anfangen, in seiner Vergangenheit zu graben, und dann würde seine kleine Indiskretion ans Tageslicht kommen.
Er konnte sich nicht vorstellen, dass ihm Lorraine auch dieses Mal zur Seite stehen, seine Hand halten und stolz das spitze Kinn heben würde, um ihre Solidarität mit ihrem treu-losen Ehemann zu bekunden.
Heiliger Vater, warum jetzt, wo alles so gut lief? Lorraine würde ihn verlassen, wenn all die alten Geschichten wieder aufgewärmt würden, das wusste er. Er würde erneut in Ungnade fallen, dabei war sie wieder schwanger, vielleicht mit dem Sohn, um den er so gebetet hatte. Seine Töchter bereiteten ihm viel Freude, o ja, drei reizende Mädchen im Alter von acht, sechs und vier Jahren, alle mit weißblondem Haar und hellblauen Augen. Doch dieses Mal sollte es bitte ein Junge werden. Ein kräftiger, strammer Sohn, der nicht so durchscheinend aussah wie die Mädchen, die ihrer Mutter wie aus dem Gesicht geschnitten waren.
Lorraine war eine gute Ehefrau, doch es wäre schön, wenn sie wenigstens einmal zumindest ansatzweise einen Orgasmus erlebte, dann verstünde sie womöglich, dass die fleischlichen Freuden zwischen Mann und Frau keineswegs abscheulich waren.
Er ging zum Fenster und blickte durch die vereisten Scheiben auf die Krippe, die seitlich neben der Kirche aufgebaut war. Maria, Josef, die Hirten, alle umhüllt von einem Mantel aus Schnee; ein Scheinwerfer beleuchtete die friedliche Kulisse.
Einst hatte Prediger Mullins gedacht, nach seinen Schwierigkeiten in Arizona hierher in diese gottverlassene Gegend verbannt zu werden sei die schlimmste Strafe, die ihn ereilen konnte, doch wenn sich Polizei und Presse nun auf diese alte Geschichte stürzten, war es durchaus möglich, dass man ihn erneut versetzte. Gerade jetzt, da die Gemeinde
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