Montana 04 - Vipernbrut
Flockengestöber zu erkennen, jedes mit einer gut zehn Zentimeter hohen Schneeschicht bedeckt.
»Niemand war darüber informiert«, stellte Pescoli fest.
»Und warum nicht?«
»Keine Ahnung«, erwiderte Alvarez.
»Offenbar hat keiner von KMJC News daran gedacht, uns vorher Bescheid zu geben. Ich wette, Ray Sutherland hat das Ganze selbst angeleiert«, fügte Pescoli hinzu.
»Idiot.« Grayson war sauer, offenbar hatte er den Eindruck, man habe ihn und das Department überrumpelt.
»Wir möchten nur, dass Brenda nach Hause kommt«, sagte Ray gerade. Seine Stimme überschlug sich leicht. Wieder blickte er direkt in die Linse. »Liebes, wenn.du da draußen bist, ruf uns bitte an, und wenn … wenn jemand weiß, wo meine Frau ist, möge er uns bitte mitteilen, ob es ihr gutgeht.«
»Was soll das?«, schimpfte Grayson. »Wir sind uns doch noch gar nicht sicher, ob sie entführt wurde. Das FBI hat sich auch noch nicht eingeschaltet.«
»Noch nicht«, dachte Pescoli laut, ohne den Blick von den traurigen Gesichtern der beiden Jungs zu wenden, deren Vater weiterhin darum flehte, dass seine Frau wohlbehalten nach Hause zurückkehren möge. Er wirkte aufrichtig bestürzt, auch wenn ihm, wie Pescoli bemerkte, keine Tränen übers Gesicht liefen. »Er hat Anspruch auf ihre Lebensversicherung«, erklärte sie. »Die Versicherungsgesellschaft hat das vor einer Stunde bestätigt. Das muss man sich mal vorstellen: Er bekommt zweihunderttausend Dollar! Erst vor drei Monaten hat er die Summe erhöhen lassen, vorher waren es nur fünfzigtausend.«
»Eine Menge Geld«, stellte Alvarez fest.
Grayson nickte und strich über die Enden seines Schnurrbarts. »Für eine Ex-Frau … «
Irgendwie wirkte das Ganze inszeniert, fand Pescoli. Die beiden Jungs da draußen im Schnee taten ihr leid. »Als wir ihn befragt haben, hat er uns deutlich mitgeteilt, dass sie sich nicht gerade nahestanden.«
»Und jetzt jammert er im Fernsehen, dass er sie zurückhaben will«, sagte Grayson.
»Nun, Tränen vergießt er ja nicht gerade. Das alles ist eine Riesenshow.« Die Pescoli ihm nicht abkaufte.
»So ist das Leben nun mal«, schaltete sich Alvarez ein.
Grayson zog ein finsteres Gesicht. »Keine Ahnung. Der Beitrag muss nicht unbedingt live sein, vielleicht haben sie ihn vorher aufgezeichnet.«
»Es sieht aber so aus, als wäre es Abend«, widersprach Alvarez. »Ich fahre gleich mal rüber und sehe nach. Von hier aus ist es nicht weit bis zu Sutherlands Wohnung.«
»Ich komme mit.« Pescoli marschierte bereits zur Tür hinaus.
»Gebt mir Bescheid«, rief Grayson ihnen hinterher. »Sollte ich nicht mehr hier sein, erreicht ihr mich auf dem Handy.«
Alvarez hatte recht. Trotz der abendlichen Rushhour erreichten sie den Wohnkomplex, in dem Ray Sutherland lebte, in weniger als fünfzehn Minuten. Das Interview war gerade vorüber, und Nia Del Ray, die Reporterin, war dabei, ihre Ausrüstung im KMJC-Van zu verstauen, der auf dem Parkplatz vor dem Haus parkte. Der Fahrer saß bereits hinter dem Steuer und rauchte eine Zigarette.
»He«, sagte Pescoli zu Del Ray, ohne sich damit aufzuhalten, sich vorzustellen oder ihre Marke zu zeigen. Sie hatten bereits öfter mit der Reporterin zu tun gehabt. »Wie wär’s, wenn ihr uns über solche Aktionen unterrichtet?«
Nia Del Ray schlug die Heckklappe zu und ging um den Van herum zur Beifahrertür. »Mr. Sutherland wollte es so. Keine Cops.«
»Warum nicht?«, erkundigte sich Alvarez.
»Keine Ahnung.« Nia schüttelte den Kopf. »Ich habe ihn gefragt, aber er hat mir keine richtige Antwort gegeben, hat nur gesagt, er wolle das >auf seine Weise< erledigen.« Sie öffnete die Beifahrertür. »Er hat beim Sender angerufen, und man hat mich hier raus geschickt. Ende der Geschichte.«
Damit stieg sie ein und schlug die Tür zu. Der Fahrer ließ den Motor an, und weg waren sie mit ihrer riesigen Satellitenschüssel.
»So etwas bringt mich echt auf die Palme«, bemerkte Pescoli, als sie sich auf den Weg zu Ray Sutherlands Wohnung machten.
»Alles bringt dich auf die Palme.«
»Also gut, der Kerl bringt mich auf die Palme, und zwar richtig. Will das >auf seine Weise< erledigen. Hat der zu viel Sinatra gehört?« Sie betraten den Hausflur, stiegen die Treppe hinauf zu Sutherlands Wohnung und klopften an die Tür.
Kurz darauf wurde diese einen Spaltbreit geöffnet. Ohne die Kette abzunehmen, blickte sie Brendas jüngerer Sohn misstrauisch an. Eine kaffeebraune Haarsträhne fiel ihm in die Stirn.
»Ich
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